37. Differenzen

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Ella

Ich konnte es kaum glauben: schon seit ich klein war, war es mein Traum gewesen, einmal im Heißluftballon zu fliegen und kaum wusste  Nick davon, organisierte er auch schon den Nächstbesten und lud mich auf einen kleinen Rundflug mit ein.

Ich freute mich so dermaßen, dort oben zu sein, dass ich gar nicht stillstehen konnte, während Nick die letzten Dinge mit der Sicherheitsfrau der Heißluftballon Vermietung absprach, und ich auch gar nicht richtig hinhörte. Von einem Fuß trat ich auf den anderen, und drückte Nicks Hand von Sekunde zu Sekunde fester, da die Aufregung, Freude und Nervosität meinen Körper ganz hibbelig machte.

Als uns die junge Frau die Regeln erläuterte, konnte ich nur mit halbem Ohr zuhören, egal wie sehr ich mich anstrengte, aufzupassen.
Ich erfuhr von Nick, dass er im Vorhinein sogar extra zwei Kurse gemacht hatte, um heute allein mit mir unterwegs sein zu dürfen.

Ich hatte im Gegenzug auch eine Überraschung für Nick: Auch wenn ich wusste, dass er versucht hatte, den Preis, den das Ganze hier hatte, geheim zu halten, hatte ich ihn auf der Rechnung gesehen, und würde alles bezahlen. Es war unfassbar süß, dass er sich nicht scheute, so viel Geld für mich auszugeben, aber ich wusste auch, dass das nahezu unbezahlbar für ihn war.
Er hatte mir das Alles ermöglicht, also war es nur fair, wenn ich das Bezahlen übernahm.
Ich hoffte nur, dass er das auch einwilligte, aber ich würde mein Bestes geben, ihn zu überzeugen.

Nur etwa eine Viertelstunde später standen wir in dem kleinen Korb, und bewegten uns langsam nach oben.
Es war ein tolles Gefühl, immer höher zu kommen und alles überblicken zu können. Zwar hatte ich auch ein bisschen Höhenangst, die verflüchtigte sich jedoch schnell, als Nick meine Hand mit seiner umfasste und ein wenig näher an mich rückte. Es war echt eng, aber gleichzeitig auch gemütlich hier drin.
Ein Picknickkorb, gefüllt mit vielen Leckereien stand auf dem Boden neben uns und ich seufzte zufrieden.

Nick drehte sich zu mir. Er hatte erst einen fragenden Ausdruck auf seinem Gesicht, aber der löste sich sofort, als er entdeckte, wie glücklich ich aussah.

Ein leichter Fahrt- oder eher Flugwind pustete mir ein paar Haare ins Gesicht. Irgendwie hatte der Wind das seltsame Talent, die Haare immer in die falsche Richtung zu wehen.

Ich seufzte wieder, und drückte Nicks Hand.
Vielleicht sollte ich das mit dem Geld mal ansprechen, dann hatte ich es hinter mir.
Nick sah überrascht aus.
„Geld?", fragte er.
„Äh... ich... ich hab die Rechnung gesehen, die lag bei dir auf dem Schreibtisch, und ich... also ich...", stotterte ich.
Nick sah mich unerwartet kühl an.
„Nur, nur durch Zufall!", versicherte ich ihm, aber er blieb angespannt.
„Ich... würde die Rechnung gerne übernehmen."
„Kommt nicht in Frage. Das ist ein Geschenk, das bezahlt man nicht selbst."
„Und zumindest einen Teil davon? Ich weiß, das ist lieb gemeint, aber das ist echt ein hoher Preis und den solltest du nicht für mich bezahlen."
„Denkst du nicht, dass das vielleicht meine Entscheidung ist?" Nicks Ton war scharf. Schärfer, als erwartet.

„Okay, vielleicht sollte ich anders anfangen. Ich fände es echt gut, wenn du das Geld fürs College oder so aufhebst. Ich weiß, das ihr nicht gerade mit Geld um euch schmeißen könnt, und meine Familie hat eh viel Geld, es macht uns nichts, dir etwas davon abzugeben."
„Ach wie nett, da ich ja auch nur mit dir zusammen bin, um dir Geld abzuluchsen. Wir sind ja so arm dran."

„Das wollte ich damit doch gar nicht sagen!", rief ich.
„Ach wirklich? Und was dann?", fragte Nick schnippisch.
Ich sah ihn nur geschockt an.
„Dachte ich mir."
Nick schüttelte verächtlich den Kopf und nahm wieder etwas mehr Abstand von mir.
„Nick, so hab ich das nicht gemeint! Das hast du einfach falsch verstanden!"
Ich wollte ihm keine Vorwürfe machen, und ihm etwas unterstellen, ich wollte ihm nur etwas von der Last abnehmen. Ich wusste nämlich, das Geld eine Last für Nick und seine Mum war. Was sprach denn dagegen, wenn meine Familie den Preis übernahmen? Ich verstand ihn nicht.

„Fühlt sich gut an, wie meine Freundin immer alle Schuld auf mich schiebt."
„Nick, komm, du weißt genau was ich meine!"

So hatte ich mir das eigentlich nicht vorgestellt.
Nick sah mich kurz stumm an, bevor er seufzte und ein entschuldigenden Gesichtsausdruck aufsetzte.
„Scheiße Sorry, ich hab's nicht so gemeint. Es ist nur so, ich weiß, dass wir arm sind. Und ich mag es nicht gerade, wenn man mir das noch unter die Nase reibt. Schließlich tut meine Mutter alles dafür, dass sich das ändert. Ich will es dir echt nicht kaputt machen."

„Das ist... schon passiert.", murmelte ich und drehte meinen Rücken zu ihm. Ich verstand ihn jetzt zwar, aber das war noch lange kein Grund, so laut zu werden.

Ich wusste nicht, wieso, aber irgendwie kam auf einmal alles über mich und meine Augen füllten sich mit Tränen.

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