Kapitel 10: Fels in der Brandung

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Kirishimas PoV

Die Bilder vor meinem inneren Augen erstickten mich. Oder war es die Panik, die sich schwer wie ein Fels auf meine Brust nieder gesenkt hatte? Immer und immer wieder erfuhr ich, wie der grausame Metzger mir meine Unterarme zerstörte. Ich spürte den Schmerz, als würde ich immer wieder neu erleben. Doch noch mehr schmerzten mein Handgelenke, die von dem groben Seil zusammengebunden waren. Ich hing dort wehrlos.

Ich schlug um mich, wollte nicht, dass mich wieder jemand packte und mich einem brutalen Schicksal auslieferte. Dass mich wieder jemand festband. Dass mich wieder jemand auf grausame Weise verstümmelte. Ich hielt das nicht noch einmal aus.

Blinde Panik übermannte mich. War das real? Am Rande meines Bewusstseins registrierte ich das weiche Bett unter mir. Aber der Schmerz schien so wirklich.

Ich versuchte mich zu beruhigen, doch die Bilder vor meinem Auge verschwanden nicht. Allmählich verlangsamte sich meine Atmung und es war so, als würde ich die Ereignisse von damals nur noch als Außenstehender betrachten. Die Panik war fort, aber es machte es nicht weniger grausam.

Dann war da eine andere Berührung. Sanfter. Warme behandschuhte Finger, die sich federleicht auf meine Wange legten. Ich zuckte zusammen, konnte eine kurze neue Welle von Panik nicht unterdrücken, doch plötzlich verblasste das hasserfüllte Gesicht des Metzgers vor meinem inneren Auge.

Die Realität schob sich in mein Sichtfeld und ich blinzelte. Ich blickte unmittelbar in tiefe rote Augen, die mich voller Sorge musterten.

„Ich bin da, Eijirou.", flüsterte eine tiefe raue Stimme leise. „Ich bin da."

Ich blinzelte erneut und ich kam wieder zu mir. „Kat ... Katsuki?", fragte ich brüchig. Warum war meine Stimme so rau? Wann hatte ich sie das letzte Mal verwendet? Hatte ich in den letzten Stunden geschrien?

Katsuki antwortete nicht. Eine tiefe Falte hatte sich zwischen seinen Augenbrauen gebildet. Sein Mund war leicht geöffnet und er musterte mich eingehend. „Was ist passiert?", fragte er flüsternd.

Ich schüttelte nur ganz leicht den Kopf. Ich wollte es nicht erklären. Ich wollte nicht einmal daran denken. Die Panik wallte wieder in mir hoch und meine Atmung beschleunigte sich. Doch sofort spürte ich Katsukis warme Hände, die mein Gesicht umfassten. „Sch. Ist okay. Alles gut. Du musst nicht darüber reden." Erleichtert atmete ich aus. „Aber deine Handgelenke musst du mir zeigen."

Er strich mit dem Daumen beruhigend über meine Wangenknochen, doch die Angst, die in mir hochwallte, konnte er nicht stillen. Seit damals hatte ich immer diese milde Panik gespürt, wenn mich jemand am Handgelenk gegriffen hatte. Ich dachte, ich hätte dieses Unbehagen über die Zeit weitgehend abgelenkt, doch was gestern Abend passiert war hatte es nicht nur zurückgebracht, sondern mich in blinde Panik versetzt.

Doch jetzt da Katsuki da war spürte ich, wie meine Gedanken zunehmend rationaler wurden und meine irrationale Angst in den Hintergrund rückte. Was aber blieb waren die Schmerzen in meinen Handgelenken. Ich wusste, dass es schlimm war, hatte aber bisher nicht gewagt einen Blick darauf zu werfen. Die Decke, die ich vor mir umklammert hielt, verdeckte sowohl mir als auch Katsuki die Sicht auf das Ausmaß der Verletzung.

Katsuki nahm seine beruhigenden warmen Hände von meinem Gesicht und ich unterdrückte ein Seufzten. Ich vermisste die tröstende Wärme unmittelbar.

Der Aschblonde begann an der Decke zu zupfen und ich beobachte seinen Gesichtsausdruck dabei. Ich wollte nicht sehen, wie schlimm es war. „Eijirou. Du musst die Decke loslassen.", sagte er leise. Ich versteifte mich und schloss kurz die Augen. Konzentriert löste ich Finger für Finger aus ihrer versteiften Position. Sofort wurden die Schmerzen größer, als Bewegung in die verletzte Region kam.

HUMAN HEARTS (Kirishima x Bakugou)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt