Kapitel 2.1

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Ian Mac Allister war sichtlich gereizt.

Eigentlich war er ja immer schlecht gelaunt, doch so wie heute hatten seine Männer ihn selten erlebt. Niemand wagte es, ihm zu widersprechen, als er die junge Frau aus dem Wald schaffte und auf den Felsen setzte.

Was für ein mickriges kleines Ding, ängstlich und doch auch beherzt. Einige der jüngeren Soldaten grinsten, als sie auf den Laird einschlug, nach ihm trat und ihm zu guter Letzt aufmüpfig in die Hand biss.

Die älteren unter den Soldaten erwarteten schon halb, das er nun sein Schwert ziehen und diesem kleinen MacKeith-Luder den Garaus machen würde.

Doch zu ihrer maßlosen Verblüffung blieb er ungerührt, ruhig und beherrscht.

Etwas Besonderes musste an diesem Mädchen sein, weshalb er sich nicht gegen sie zur Wehr setzte.

Dicht drängten sie sich nach vorne, um einen genaueren Blick auf das nun bewusstlose Bündel geschundenen Menschleins zu erhaschen.

Lange rötlichbraune Locken, weiße Haut und ein unter dem

Jagd-Plaid des Lairds zerfetztes Gewand, Kratzer und Schmisse, wohin man auch sah und dazu noch einige frische Blutergüsse im Gesicht.

Die MacKeith hatten sie wohl schon hergenommen, also warum wollte der Laird sie am Leben lassen?

Unruhiges Gemurmel erklang. Doch als Ian MacAlister plötzlich aufsah und seinen eiskalten, harten Blick über seine Männer gleiten ließ, waren sie sofort wieder ruhig.

„Sie gehört mir!", grollte er finster und die Soldaten nickten, sagten „Aye Laird!" oder scharrten unruhig mit den Füßen.

Grimmige und verständnislose Blicke trafen den Hauptmann der MacAlisters, Duncan, der nun seinerseits versuchte, herauszufinden, was hier eigentlich vor sich ging.

„Ian, das Mädchen wurde doch von den MacKeith mitgebracht. Du selbst hast die Regeln aufgestellt. Wer mit ihnen reitet, ist ebenso unser Feind wie sie.", wagte er einen sachten Vorstoß und wurde zur Strafe mit einem legendären eisigen Blick aus Ian MacAlisters beinahe schwarzen Augen belohnt.

Duncan schluckte und versuchte es noch einmal.

„Sie ist noch nicht einmal eine Highlanderin, verdammt! Was willst du mit ihr machen?"

Ian wurde fuchsteufelswild.

Natürlich bekam er keinen offenen Gefühlsausbruch, doch an der Art wie seine Fingerknöchel knackten, als er die Hände zu harten Fäusten ballte und an seinem nun mehr höllischen Gesichtsausdruck lasen die Männer ab, wie es um ihn stand.

Sofort traten beinahe alle von ihm zurück, um sich außer Reichweite zu bringen.

Doch Ian überraschte alle, indem er einfach nur die Luft ausstieß, die Schultern hob und finster auf das Mädchen hinabstarrte.

„Ich weiß es nicht, Duncan.", erklärte er schließlich leise.

„Das Mädchen ist ... anders. Sie hat gesagt ...", er verstummte und schüttelte den Kopf. Es war lächerlich, dachte er bei sich.

Nur weil sie ihm tatsächlich vergeben wollte, als er nahe daran war, sie zu erschlagen, war er so durcheinander. Tat unbedachte Sachen und kümmerte sich um dieses unwichtige englische kleine Ding. In der Tat, es war lächerlich und es musste ein Ende haben ... hier und jetzt!

„Nimm sie auf dein Pferd, Duncan!", befahl er deshalb betont grob und marschierte zu Luzifer, seinem mächtigen schwarzen Schlachtross hinüber.

Er ergriff die Zügel, die ein junger rothaariger Soldat ihm hinhielt, und saß mit einer geschmeidigen Bewegung auf.

Die Rache der Highlander - Bestseller bei BOD (Leseprobe)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt