Kapitel 5 - Will

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>Ich sag dir doch, es war wie ein Date, aber es war kein Date!

<Erklär mir noch mal, wo da der Unterschied ist.

>Tina, Dean hängt noch an seinem Ex, ich wollte ihn nur davon ablenken und ihn aufmuntern.

Der Oktober war gekommen und brachte die ersten kühlen Tage. Tina konnte das mit den Milchshakes auch nach einer Woche noch nicht auf sich beruhen lassen und zwang Will, sich zu fragen, wie Dean das Ganze wohl sah. Er traute sich allerdings nicht, ihn zu fragen. Sowieso war Will in den letzten Tagen etwas stiller geworden. Er hatte in der Schule noch immer keine Freunde gefunden, obwohl er manchmal beim Mittagessen mit Tyler, dem rothaarigen Jungen aus dem Literaturunterricht, zusammensaß. Er mochte Tyler leider nicht besonders gern.

Die ganze Woche über fühlte Will sich ziemlich allein und es zog ihn runter, dass er und Dean sich nicht einfach wie zwei normale Jungs hatten begegnen können. Auch wenn sie dann vielleicht nie miteinander gesprochen hätten. Aber Will stellte sich gern das Gegenteil vor.

Dean machte sich Sorgen, weil Will sich einigelte und schlug eines Nachmittags ein Schachspiel vor.

Du spielst Schach? Will stand gerade in der Küche und machte sich einen Apfeltee.

Hättest du nicht erwartet, was?

Ehrlich gesagt, hatte Will das nicht. An seiner alten Schule hatten nur die Streber und Nerds Schach gespielt - also Leute, die so waren wie Will. Wieso konnte Dean in einer Welt leben, wo Sportler beliebt und schwul sein konnten, wo es okay war Sport und Schach zu mögen, während in Wills Welt Mädchen Selbstmord begingen und alle hetero waren?

Ich warne dich, sagte Will und rührte etwas Süßstoff in seinen Tee, ich spiele verflucht gut.

Und ich mag Herausforderungen. Also los, hol dein Schachbrett raus und wir legen los.

Das ließ sich Will nicht zweimal sagen. Er hatte zuletzt in den Sommerferien gegen seinen Vater gespielt und ihn gnadenlos abgezockt. Will konnte sich gar nicht mehr daran erinnern, wann er zuletzt ein Spiel verloren hatte. Er war an seiner alten Schule besser gewesen, als der Lehrer und hatte regelmäßig gegen ihn gespielt und gewonnen. Er hatte also ein breites Grinsen auf den Lippen, als er die Figuren aufstellte und Dean großspurig Weiß überließ.

Sie teilten einander über die Verbindung mit, welche Züge sie machten und stellten beide auf ihrem jeweiligen Brett die Figuren um. Es wirkte, als würde Will gegen sich selbst spielen, aber das hier war in Wahrheit um einiges witziger.

Will spielte eine simple Eröffnung, die von einem Spieler mit genügend Erfahrung leicht durchschaut werden konnte, aber er machte sich keine großen Sorgen, was Dean betraf. Falls Dean eine Strategie verfolgte, so war sie für Will nicht erkennbar, was für ihn so viel hieß wie nicht vorhanden.

Nach ein paar Minuten allerdings stellte Dean einem von Wills Springern eine so ausgeklügelte Falle, dass er einen wichtigen Bauern opfern musste, um ihn zu retten.

Na, fängt da jemand an zu schwitzen?, fragte Dean genüsslich.

Quatsch, log Will und ließ sich bei seinem nächsten Zug mehr Zeit. Aber es nützte nichts. Dean spielte scheinbar impulsiv und irritierend, aber dahinter steckte Kalkül in jeder seiner Bewegungen. Will biss die Zähne zusammen und konzentrierte sich.

Matt in vier Zügen!, rief er dann triumphierend, als endlich einer seiner Pläne aufging.

Bist du dir sicher?, fragte Dean mit einem fetten Grinsen in der Stimme.

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