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Auch, wenn er meint, es wäre nicht so passiert, kann ich ihm kein Stück glauben. Allein wie er mich ansieht, muss etwas Wahrheit in meinem Traum gesteckt haben.

"Ich versteh noch immer nicht, wieso ich dich berühren kann."

"Ich auch nicht. Spürst du...wenn ich dich berühre? Also..."

"Ja", meine Stimme ist nur ein Hauch von einem Atemzug. Ich bringe das Wort kaum über meine Lippen, da ich viel zu vernarrt darin bin zu beobachten, wie sein Körper meinem näher kommt.

Er setzt sich vor meine Beine, die im Schneidersitz auf dem Bett liegen. Seine Augen verlassen meine nie. Es ist, als würde er mich hypnotisieren mit seiner Anwesenheit.

Seine Hand legt sich erst vorsichtig auf mein Knie, bis er dann mit ihr höher wandert, meinen Arm streift und seine eigene Hand beobachtet. Er legt sie dann auf meine Wange, die Knöchel streifen meine Haut. Ich spüre alles. Ich spüre die Härte der Knochen und die Kälte seiner Haut. Spüre trotzdem, wie weich sie ist.

Sein Haar fällt ihm auf die Stirn. Es kümmert ihn nicht, denn er ist zu beschäftigt damit, mich anzusehen.

"Spürst du das?"

Ich nicke langsam.

"Wie fühlt es sich an?"

"Kalt", flüstere ich. Er verzieht sein Gesicht. "Und weich...deine Haut ist weich."

Er lächelt, jedoch nicht echt. Er lächelt gezwungen. Vielleicht erinnert er sich daran, wer er mal war. Wie er mal war.

"Ich spüre nichts.", äußert er dann und mein Atem fällt. "Ich könnte durch dich hindurch fassen..."

"Tust du nicht"

"Aber ich könnte, es wäre nur noch unheimlicher und würde deinen Magen wahrscheinlich umdrehen."

T nimmt seine Hand zurück. Er sieht frustriert aus, zeigt immer mehr Emotionen und Gefühle, je länger er bei mir ist und je öfter er mich besucht. Sein Gesicht liegt in Kummer und Enttäuschung. Als hätte er gehofft, mich berühren zu können.

"Spürst du...Spürst du eigentlich, wenn ich dich berühre? Also...die Wärme meiner Haut und so..."

"Ja", seine Augen schauen zurück auf den Boden. Vom Boden dann zu meiner alten Kommode. "Ich spüre selbst deinen Puls, wenn du mich mit deiner Hand berührst."

Er steht auf, geht zu der Kommode rüber und öffnet manche Schubladen, in denen sich nur alter Kram befindet. Es kümmert mich nicht viel, was genau er sich da ansieht. Ich hab viel zu viele Fragen in meinem Kopf.

"Kannst du dich an dein Leben erinnern? An deinen vollen Namen? Etwas anderes als nur T? Irgendwas?"

"Ich weiß nur, wie ich gestorben bin und dass ich ein Dieb war. Wenn man ins Nichts kommt, wird einem tausende Male vorgehalten, aus welchen Gründen man gestorben ist. Wenn du durchs Rauchen an einer kaputten Lunge gestorben bist, zeigen sie dir dort einhundertundtausend Zigaretten, bis du verrückt wirst. So wollen sie testen, wie stabil du im inneren noch bist, denke ich."

"Haben sie dir dort deinen Tod vorgehalten?"

"Ich wurde ermordet.", er dreht sich zu mir um, "Sie haben mir den Mord an mir vorgehalten, indem ich an jeder Ecke, jeder Straße im Nichts meinen eigenen Mord immer wieder mit ansehen musste."

"Das ist grausam."

"Das ist Taktik."

"Was hat das mit Taktik zu tun?"

Ich werfe mir die Bettdecke von den Beinen, da es im Raum gefühlt immer wärmer wird.

"Im Nichts werden dir deine inneren Grenzen auf den Zahn gefühlt. Wie stabil bist du? Wie viel Angst hast du? Dies und jenes, und dann entscheiden sie, was sie mit dir machen."

When death knocks at your windowWo Geschichten leben. Entdecke jetzt