simulating #29

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Am nächsten Morgen war ich noch nie so unmotiviert, in den Unterricht zu gehen. Denn Unterricht heißt, dass ich Alex nicht aus dem Weg gehen kann. Und vor allem muss ich ihn die ganze Zeit anschauen, weil er mir ja ungünstigerweise direkt gegenüber sitzt.

Ich quäle mich langsam aus dem Bett, bis mir die Duschen einfallen. Ich schnappe mir mein Handtuch und die Schuluniform und mache mich so schnell wie möglich auf den Weg. Ich hatte eigentlich vor, eine der ersten zu sein, da ich keine halbe Stunde warten wollte. Was mir zum Glück auch gelingt. Alle Duschen bis auf eine sind besetzt und ich stelle mich unter das warme Wasser. Heute benehme ich mich ausnahmsweise mal nicht menschenfreundlich und dusche solange ich will und kann. Irgendwann muss ich auch mal auf mich selbst achten und nicht auf alle anderen. So bin ich nämlich sonst immer. Ich ziehe mich in aller Seelenruhe an und verlasse dann fröhlich die Dusche. Mittlerweile hat sich eine lange Schlange gebildet. Irgendwie mag ich dieses Gefühl ja! Vielleicht sollte ich einfach in Zukunft nicht mehr die gute Seele sein, denn mir wird eh nie dafür gedankt. Ab jetzt benehme ich mich einfach auch mal etwas egoistisch.

Ich schminke mich noch und nehme mir meine Schulsachen, dann mache ich mich mit bester Laune auf den Weg zum Klassenzimmer. Einige meiner Freunde stehen schon da.

"Hey, Emma.", sagt Olivia fröhlich. "Wir haben dich gesucht gestern. Wo warst du?"

"Ich hab noch mit meinem Dad telefoniert und bin dann ins Bett gegangen. Alles bestens!", sage ich gut gelaunt. Vielleicht etwas zu gut gelaunt.

"Alles klar?", fragt Grace und schaut mich prüfend an.

"Ja, mir geht es blendend heute!", sage ich strahlend.

"Okay...", sagt Mary. "Also, dir geht es wirklich gut?"

"Jap. Super.", bestätige ich noch einmal und damit scheint das Thema für die anderen endlich abgehakt zu sein. In diesem Moment biegt unser Philolehrer schnellen Schrittes um die Ecke und schließt den Raum auf. Ich liebe dieses Fach! Ich gehe gut gelaunt zu meinem Platz. Ich weiß echt nicht, was mit mir los ist, aber mein neuer Egoismus macht mir anscheinend echt gute Laune. Ich habe ein mehr oder weniger breites Lächeln im Gesicht. Josh setzt sich neben mich auf seinen Platz fallen. Im Moment kann nicht mal der meine gute Laune trüben. Er nickt mir etwas verwirrt zu. Als unser Lehrer den Unterricht beginnt, ist Alex immer noch nicht da. Alex. Mein Lächeln verblasst etwas, aber ich schüttele den Gedanken schnell wieder ab und widme mich dem Unterrichtsthema.

Nach weiteren fünf Minuten geht die Tür auf und Alex betritt den Raum. Ich schlucke leise und versuche das Dauerlächeln, das mittlerweile etwas krampfhaft geworden ist, aufrecht zu erhalten. Wäre das hier ein Film, dann wäre diese Szene jetzt vermutlich in Zeitlupe. Alex, der sich durch die von der Nacht noch leicht verstrubbelten Haare fährt und dem Lehrer kurz zu nickt. Dann geht er auf  seinen Platz zu, wobei sein Blick auf mich fällt. Unser Blickkontakt und mein Lächeln, das endgültig verschwindet. Als er sich hinsetzt, schaut er mir immer noch in die Augen.

"Mr Harper, Sie sind zu spät." Unser Philolehrer zerstört die perfekte Filmszene. Zum Glück, denn so bekomme ich mich wieder in den Griff und setze mein Lächeln auf.

"Ja, ich habe verschlafen.", erklärt Alex. "Kommt nicht wieder vor."

"Das hoffe ich.", sagt der Lehrer und fährt mit dem Unterricht fort. Ich verbringe die Zeit damit, kleine Kreise auf meinen Collegeblock zu malen und dabei komisch vor mich hin zu lächeln. Als ich eine Hand auf meinem Oberschenkel spüre, zucke ich leicht zusammen, wodurch ich einen fetten Strich durch meine schönen Kreise ziehe. Na, schönen Dank auch.

Ich wende meinen Blick zu Josh, der mich wie immer dreckig angrinst. Ich verdrehe nur die Augen und widme mich wieder meiner Zeichnung, als seine Hand provokant höher rutscht. Jetzt heißt es Initiative ergreifen. Ich kann mich doch nicht immer von anderen retten lassen! Also entscheide ich mich für die einfachste Lösung, die mir gerade einfällt, nehme mir einen Edding aus meinem Etui und male Josh einen fetten Strich auf die Hand. Ha! Gegeben!

Josh zieht seine Hand schnell zurück und funkelt mich jetzt wütend an, während er noch versucht, den Edding von seiner Hand zu entfernen, was leider, leider nicht klappt. Ich grinse triumphierend.

Als es zur Pause gongt, springe ich gut gelaunt auf und gehe mit den anderen auf den Schulhof. Ich beiße in meinen Apfel, als Alice mich von der Seite anstupst.

"So, Emma, jetzt erkläre mir doch bitte endlich mal was los ist.", stellt sie mich zur Rede. Ich entscheide mich dazu, die Ahnungslose zu spielen.

"Was meinst du?"

"Du hast schon den ganzen Tag dieses dumme Grinsen im Gesicht, das man einfach nicht ernst nehmen kann. Und dann das mit Alex, als er in den Raum gekommen ist. Irgendwas ist da doch zwischen euch passiert."

"Nein!", versuche ich, das abzustreiten, doch mein Versuch scheitert kläglich, als ich in der nächsten Sekunde in Tränen ausbreche und die ganzen aufgestauten Gefühle hochkommen. Alice nimmt mich in den Arm und ich schluchze in ihre Schulter.

"Hey, Süße.", sagt sie und streichelt mir etwas unbeholfen über den Rücken. "Was ist los?"

"Das schlimmste ist, dass ich es euch nicht mal sagen kann.", schluchze ich.

"Hat es was mit Alex zu tun?", fragt sie leise.

"Ja.", murmele ich und löse mich vorsichtig von ihrer Schulter, um gleich darauf von Grace in eine feste Umarmung gezogen zu werden. Ich habe wirklich die besten Freunde. Und trotzdem ist meine Welt gerade einfach nur scheiße.

♥♥♥♥♥

woooh ich bin so stolz auf mich! Das dritte Kapitel heute! Danke für die süßen Kommentare immer und die ganzen votes! Das ist voll lieb!

Alles Liebe,

Lili♥

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Tanz mit mirWo Geschichten leben. Entdecke jetzt