Kapitel 8

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Kapitel 8

Theliel hat nicht mehr mit Lucifer gesprochen. Sein geschändeter Körper schmerzte nicht mehr, aber er hatte nicht die Energie, vom Bett aufzustehen, und die Kratzer erneut zu reinigen. Er hatte nicht geschlafen, obwohl er müde war, nicht gegessen, obwohl er es hätte können. Nachdem er sich bei Lucifers erneutem Versuch, ein Gespräch zu beginnen, unter die Decke geflüchtet hatte, war der Dämon nicht wiedergekommen.

Trotzdem lauschte Theliel angespannt in die Stille und zuckte bei jedem Geräusch auf dem Flur zusammen, fürchtete noch immer, dass Azazel zurückkommen und zu ende bringen würde, was er begonnen hatte. Er hätte niemals anfangen dürfen, in seiner Wachsamkeit und Misstrauen gegenüber den Dämonen – besonders gegenüber Lucian! - nachzulassen.

Die Türe wurde geöffnet und Theliel dachte erst, es wäre schon wieder Zeit fürs Abendessen, doch diesmal trat jemand ein. Vorsichtig schielte der Engel unter der Decke hervor und musterte den gepflegt und offen wirkenden Mann mit den kurzen, dunkelbraunen Haaren. Er trug einen maßgeschneiderten Anzug ohne Krawatte, mehr konnte Theliel von seiner Position aus nicht erkennen.

„Bist du der Engel, von dem der ganze Hof redet?", fragte der Mann freundlich und blieb etwa einen Meter von der Bettkante entfernt stehen.

Vorsichtig schlug Theliel die Decke zurück und setzte sich auf. Er würde nicht noch einmal auf einen Dämon hereinfallen!

„Es gibt keinen Engel außer mir am Hof", antwortete er so ruhig wie möglich und bemühte sich, das nervöse Zittern seiner Flügel zu unterdrücken.

„Verrätst du mir deinen Namen?"

„Nein", murmelte Theliel und drückte sich gegen die Wand, um möglichst viel Abstand zwischen sich und den fremden Dämon zu bringen.

„Warum nicht?", wollte der Mann mit einem kleinen Lächeln wissen und legte aufmerksam den Kopf schief.

„Bestimmt wissen Sie meinen bereits", erwiderte Theliel ernst und zwang sich, dem Dämon in die Augen zu sehen. Sie waren von einer angenehmen, dunkelbraunen Farbe. „Aber ich kenne Ihren nicht."

„Du kannst mich duzen", antwortete der Mann und seine Freundlichkeit wirkte nicht gespielt. Aber wer wusste schon, wie viele Leben er auf dem Gewissen und welche Verbrechen er begangen hatte? Theliel schlang die Arme um die Knie und schwieg.

„Mein Name ist Belial", stellte er sich noch immer freundlich vor und setzte sich nach einigen Sekunden des Zögerns auf die Bettkante, um Theliel aufmerksam zu betrachten. „Im Himmel nannte man mich allerdings Beliel."

Nun war Theliels Neugier doch geweckt. Ein paar harmlose Fragen konnten ja nicht schaden.

„Du warst ein Engel?", hakte er nach und Belial nickte.

„Ein Seraphim, der unter Führung Lucifers gegen den Himmel rebellierte."

Also steckte doch Lucifer dahinter! Sofort legte Theliel die Flügel um sich und funkelte Belial wütend an.

„Hat Lucifer dich geschickt, damit du das Eis brichst?", riet er ins Blaue hinein und wäre am liebsten ins Badezimmer verschwunden, wo er allein und ungestört war. Er wollte nicht länger mit diesem Mann reden, der sich trotz aller Freundlichkeit am Ende doch nur als Bestie entpuppen würde!

Belial tat überrascht.

„Nein. Wie kommst du denn da drauf? Ich wollte Lu eigentlich besuchen, aber Azazel sagte mir, er wäre unterwegs. Als mir die Gerüchte über einen gefangenen Engel zu Ohren kamen, wollte ich ihn unbedingt mal treffen, um mich endlich nochmal ein bisschen über den Himmel auszutauschen." Er sah nun, da er seine Absichten offenlegte, peinlich berührt aus.

LUCIFER - The Fallen AngelWo Geschichten leben. Entdecke jetzt