POINT OF VIEW
JULIAN BRANDTDie Tür war zugefallen, aber ich blieb stehen. Meine Hand lag immer noch auf der Klinke, und ich konnte das leise Klicken des Schlosses hören. Es war, als hätte das Geräusch eine Art Endgültigkeit besiegelt, die ich nicht akzeptieren wollte.
„Das kann nicht sein", dachte ich. Mein Kopf fühlte sich schwer an, und in meinem Brustkorb zog sich etwas zusammen, das sich wie ein Knoten anfühlte. Alles in mir schrie, dass das gerade falsch war. Zu kurz, zu oberflächlich. Einfach nicht wir.
Ich schloss die Augen und versuchte, das Gefühl wegzudrücken. Aber es ging nicht. Der Gedanke, dass ich ihn jetzt so zurücklassen sollte – mit diesem nichts sagenden Abschied – schnürte mir die Kehle zu. Ich machte einen Schritt von der Tür weg, dann zwei. Mein Herz hämmerte, und meine Gedanken rasten. Ich wollte gehen, musste gehen – ich hatte mich schließlich verabschiedet. Aber... nein.
Ich konnte nicht.
Ich blieb abrupt stehen, drehte mich um und griff nach der Klinke. Mein Atem ging schneller, und ich öffnete die Tür wieder. Kai stand noch genau dort, wo ich ihn verlassen hatte. Er hatte den Kopf gesenkt, seine Schultern wirkten angespannt, als würde er gegen eine unsichtbare Last kämpfen.
„Kai", sagte ich, meine Stimme war leise, aber sie ließ ihn sofort aufblicken.
Seine Augen waren gerötet, und in seinem Blick lag eine Mischung aus Überraschung, Erleichterung und... Schmerz.
„Jule...?", fragte er, fast tonlos, aber ich ließ ihn nicht ausreden.
„Das kann's nicht sein", sagte ich. Meine Stimme brach leicht, aber ich ignorierte es. „Das kann's einfach nicht sein, Harvey."
Ich ging auf ihn zu, bevor er antworten konnte, und legte die Arme um ihn. Es war keine flüchtige Umarmung, kein vorsichtiges Schulterklopfen. Es war eine echte Umarmung, eine, in der alles steckte, was ich nicht in Worte fassen konnte.
Ich hielt ihn fest, fester als jemals zuvor, und spürte, wie seine Arme langsam um meinen Rücken schlangen.
Für einen Moment schien Kai erstarrt zu sein, aber dann spürte ich, wie seine Hände sich in meinem Rücken krallten. Er zog mich noch näher zu sich, als würde er sicherstellen, dass ich nicht einfach verschwinden konnte.
„Jule...", flüsterte er, und ich konnte hören, dass seine Stimme zitterte.
Ich presste meine Stirn gegen seine Schulter, schloss die Augen und ließ die Tränen kommen, die ich die ganze Zeit zurückgehalten hatte. Ich fühlte, wie Kais Brust sich schnell hob und senkte, wie er tief einatmete, um seine eigenen Emotionen zu kontrollieren.
„Es tut mir leid", flüsterte ich. „Ich... ich weiß, dass ich gehen muss, aber..."
„Ich weiß", unterbrach er mich. Seine Stimme war brüchig, fast ein Flüstern. „Ich weiß, aber... es fühlt sich so falsch an."
Ich nickte gegen seine Schulter, unfähig, etwas zu sagen. Die Stille zwischen uns war schwer, aber sie war auch voller Bedeutung.
Ich spürte, wie Kais Hand sanft meinen Rücken streichelte, als ob er mich trösten wollte, obwohl er selbst derjenige war, der Trost brauchte.
„Harvey", sagte ich schließlich, und meine Stimme brach.
„Ja?", flüsterte er, seine Stirn immer noch an meiner.
„Ich will nicht, dass irgendjemand anders dich so nennt. Niemals."
Er schwieg, aber ich konnte fühlen, wie er tief einatmete.
„Das wird niemand", sagte er schließlich. „Versprochen."
Ich lachte leise, ein trauriges, kurzes Lachen, und zog ihn noch fester an mich. Die Umarmung schien ewig zu dauern. Unsere Körper waren so nah beieinander, dass ich das rhythmische Pochen seines Herzens gegen meine Brust spüren konnte. Es war ein seltsamer Trost, zu wissen, dass sein Herz genauso schnell schlug wie meins, dass wir diesen Moment teilten.
Ich wollte nicht loslassen. Nicht jetzt. Nicht jemals.
Seine Hände hielten mich so fest, als wäre ich das einzige, was ihn daran hinderte, zusammenzubrechen. Und vielleicht war das auch so.
Langsam zog ich mich ein kleines Stück zurück, nur um ihn ansehen zu können. Unsere Gesichter waren so nah, dass ich seinen Atem auf meiner Haut spüren konnte. Seine Augen waren gerötet, seine Wangen feucht von Tränen, und doch hatte ich ihn noch nie so schön gefunden.
Ich wollte etwas sagen, aber die Worte blieben mir im Hals stecken. Alles, was ich fühlte, war in diesem Moment unaussprechlich.
Er sagte auch nichts, aber sein Blick sprach Bände.
Meine Hände ruhten immer noch auf seinem Rücken, und ich konnte fühlen, wie er zitterte. Es war, als würden wir beide versuchen, diesen Moment festzuhalten, als wüssten wir, dass alles, was danach kam, nie wieder so sein würde wie jetzt.
Ich wusste, dass ich loslassen musste, aber ich konnte es nicht. Meine Hände blieben, wo sie waren, und ich spürte, wie sein Griff sich ebenfalls nicht löste. Ich atmete tief ein, und der vertraute Duft von Kai erfüllte meine Sinne. Es war ein Duft, der so sehr nach ihm roch, dass es mich fast überwältigte.
„Jule", flüsterte er, und ich konnte sehen, dass er genauso zerrissen war wie ich.
Unsere Gesichter waren immer noch nah beieinander, zu nah, um es als rein freundschaftlich abzustempeln. Aber keiner von uns trat zurück.
Ich wusste nicht, wer von uns den letzten Schritt machte, ob es eine bewusste Entscheidung war oder einfach der natürliche Verlauf dieses Moments. Aber plötzlich berührten sich unsere Lippen, sanft, zögerlich, und doch so voller Bedeutung, dass ich alles andere um mich herum vergaß.
Der Kuss war kurz, fast flüchtig, aber er war genug, um alles, was ich fühlte, in mir explodieren zu lassen.
Und dann zog ich mich zurück, mein Herz schlug wild, und ich sah ihn an. Sein Blick war genauso verwirrt und überwältigt wie meiner.
Was jetzt?
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Abseits der Gefühle (Bravertz)
FanfictionSeine Stimme war ruhig, doch ich spürte den Schmerz darin. „Wie kannst du jemanden lieben und gleichzeitig planen, eine andere zu heiraten?" » Kai Havertz und Julian Brandt könnten unterschiedlicher nicht sein: der eine beliebt und unnahbar, der and...