POINT OF VIEW
JULIAN BRANDTIch stand im Flur vor dem Spiegel und zupfte an meinem Hemd. Es war kein besonderes Hemd, aber ich hatte darauf geachtet, dass es gut gebügelt war. Mein Blick wanderte zu meinen Haaren, die ich mit etwas Wasser gebändigt hatte. Es war albern, aber ich wollte, dass heute Abend alles perfekt war. Kai und Sophia würden bald kommen, und ich wollte, dass sie sich hier wohlfühlten.
Hinter mir hörte ich Titus, der fröhlich durch das Wohnzimmer tanzte, während „Last Christmas" aus den Lautsprechern kam. Seine Bewegungen waren chaotisch, aber voller Freude, und allein der Klang seines Lachens brachte mich zum Lächeln.
„Titus, pass auf, dass du nichts umstößt!", rief unsere Mutter aus der Küche.
„Jaaaaa", antwortete er, ohne sich im Geringsten darum zu kümmern.
Jannis war in der Küche und half Mama, den Tisch zu decken. Ich hörte, wie er sie aufmunternd neckte, als sie sich über die richtigen Teller beschwerte. Es war ein typisches Bild unserer Familie, und obwohl es hier oft chaotisch zuging, war es genau das, was ich liebte.
Ich atmete tief durch und warf noch einen Blick in den Spiegel, bevor ich ins Wohnzimmer ging. Mein Herz schlug ein wenig schneller, als es plötzlich klingelte.
„Julian, machst du bitte die Tür auf?", rief Mama aus der Küche.
„Ja, klar!", antwortete ich und ging schnell zur Tür.
Ich öffnete sie, und da standen sie – Kai und Sophia. Beide sahen fantastisch aus. Sophia trug ein wunderschönes dunkelrotes Kleid, das sie strahlen ließ. Und Kai... Kai sah noch besser aus, als ich erwartet hatte. Sein Hemd saß perfekt, die Krawatte war locker, aber schick, und sein Gesicht war irgendwie... weicher, als ich es gewohnt war. Für einen Moment war ich sprachlos.
„Frohe Weihnachten!", sagte Sophia mit einem strahlenden Lächeln und hielt eine Flasche Wein hoch.
„Frohe Weihnachten", sagte Kai, und sein Blick traf meinen.
„Frohe Weihnachten", brachte ich schließlich heraus und trat zur Seite, um sie hereinzulassen.
Jannis stand hinter mir, und sein Blick war wie immer wissend. Er sah mich an, als wüsste er genau, was mir gerade durch den Kopf ging, und ich konnte nicht anders, als leicht rot zu werden.
„Kommt rein!", sagte Mama, die aus der Küche kam und die Flasche Wein entgegennahm. „Oh, das ist ja nett von euch, danke!"
„Es ist schön, hier zu sein", sagte Sophia höflich, und ich konnte sehen, wie sie sich bemühte, einen guten Eindruck zu machen.
Titus, der bis eben noch durch das Wohnzimmer getanzt war, rannte plötzlich auf Kai zu und schlang die Arme um seine Beine. „Kai!", rief er fröhlich.
Kai lachte und bückte sich, um ihn zu umarmen. „Hey, Titus! Frohe Weihnachten, kleiner Mann."
Es war eine Szene, die mich mehr berührte, als ich zugeben wollte. Kai hatte immer ein besonderes Talent, mit Titus umzugehen. Er nahm ihn ernst, ohne ihn anders zu behandeln, und das bedeutete mir mehr, als ich in Worte fassen konnte.
Wir setzten uns schließlich alle an den Tisch, der mit Mamas bestem Geschirr gedeckt war. Der Duft von Braten und Gemüse erfüllte den Raum, und im Hintergrund liefen immer noch Weihnachtslieder. Es war warm, gemütlich, und ich konnte spüren, wie sich die Spannung in meinem Körper langsam löste.
Jannis saß neben Kai und unterhielt sich mit ihm über Fußball. Ich hörte, wie sie über das letzte Spiel von Leverkusen sprachen, über Kais Tor und darüber, wie wir den Sieg in der letzten Minute geholt hatten. Es war typisch Jannis, dass er sich immer sofort mit jedem verstand.
Sophia sprach derweil mit Mama über ihre Arbeit im Café. „Es ist viel zu tun, aber ich liebe es", sagte sie mit einem Lächeln. „Und die Leute, die kommen, sind meistens wirklich nett."
Mama nickte und schenkte ihr etwas Wein nach. „Das klingt toll. Es ist wichtig, dass man etwas macht, das einem Freude bereitet."
Ich saß zwischen ihnen, und obwohl ich mich an den Gesprächen beteiligte, war ich die ganze Zeit über glücklich, einfach zuzusehen. Es war verrückt, wie schnell sich das Leben ändern konnte. Noch vor ein paar Jahren hatte ich gedacht, dass ich immer der Außenseiter bleiben würde, der Junge, den niemand wollte. Und jetzt saß ich hier, umgeben von den Menschen, die mir am wichtigsten waren.
Ich dachte an Kai und daran, wie viel er für mich getan hatte, seit wir uns kennengelernt hatten. Er war mehr als nur ein Freund – er war der Grund, warum ich mich endlich wieder wie ich selbst fühlte.
Mein Blick wanderte zu ihm, und ich musste lächeln. Er sah so entspannt aus, während er mit Jannis sprach, und ich konnte nicht anders, als zu denken, wie gut er in meine Familie passte.
Nach dem Essen blieben wir alle noch am Tisch sitzen und redeten weiter. Titus saß auf Mamas Schoß und erzählte stolz von seinem Weihnachtsgeschenk, das er vorhin in der Schule bekommen hatte. Jannis erzählte eine lustige Geschichte von seinem letzten Fußballspiel, bei dem er angeblich fast ein Tor geschossen hatte – obwohl wir alle wussten, dass das nicht stimmte.
Kai lachte laut, und ich konnte sehen, dass er wirklich Spaß hatte. Sophia legte eine Hand auf seinen Arm und flüsterte ihm etwas zu, was ihn zum Schmunzeln brachte. Ich wusste, dass sie ein gutes Paar waren, aber ich konnte nicht anders, als zu denken, dass ich Kai manchmal lieber für mich allein gehabt hätte.
Der Gedanke überraschte mich, und ich schob ihn schnell beiseite. Es war Weihnachten, und ich wollte mich auf das Hier und Jetzt konzentrieren.
Ich lehnte mich zurück, ein zufriedenes Lächeln auf meinem Gesicht, und sah meine Familie an. Für diesen Moment war alles genau so, wie es sein sollte.
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Abseits der Gefühle (Bravertz)
FanfictionSeine Stimme war ruhig, doch ich spürte den Schmerz darin. „Wie kannst du jemanden lieben und gleichzeitig planen, eine andere zu heiraten?" » Kai Havertz und Julian Brandt könnten unterschiedlicher nicht sein: der eine beliebt und unnahbar, der and...