POINT OF VIEW
KAI HAVERTZDer Abend war kalt, und der Duft von Rauch lag in der Luft, während wir alle um die kleine Feuerschale in meinem Garten saßen. Die Flammen tanzten im Wind, warfen flackernde Schatten auf die Gesichter von Julian, Sophia und Luisa. Sophia hatte sich an mich gelehnt, in meinen Hoodie gekuschelt, den sie irgendwann aus meinem Schrank geklaut hatte. Ich konnte nicht anders, als sie lächelnd anzusehen. Sie sah immer besonders schön aus, wenn sie meine Sachen trug – irgendwie nahbarer, weicher.
„Also, warte mal", sagte Luisa plötzlich, und ihre Stimme war belustigt. „Du isst trockene Nudeln? Einfach so, aus der Packung?"
„Was ist daran so schlimm?", fragte Julian mit einem unschuldigen Schulterzucken.
„Julian, das ist einfach... komisch", sagte Sophia lachend.
„Nein, das ist genial", widersprach Julian grinsend. „Knackig, ein bisschen salzig – perfekt."
Ich lachte, während ich in die Flammen starrte. „Schon mal probiert sie zu kochen?"
„Nein, ich esse sie direkt. Viel effizienter", konterte Julian, und sein Lachen war ansteckend.
Es war einer dieser Abende, an denen die Welt ein bisschen einfacher schien. Die Gespräche flossen, und wir neckten uns gegenseitig ohne Hemmungen. Luisa sprach wie immer viel über ihren Freund, den „Millionär", wie sie ihn gern nannte.
„Alessio hat mir letzte Woche einen riesigen Blumenstrauß geschickt – einfach so!", erzählte sie und strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. „Er hat gesagt, ich bin seine Queen."
„Klingt, als ob er Punkte gutmachen wollte", sagte Sophia trocken, und wir alle lachten.
„Punkte gutmachen oder nicht, er hat Geschmack", sagte Luisa und nahm einen Schluck Glühwein.
Julian grinste schief. „Vielleicht sollte ich auch anfangen, Blumen zu verschicken. Wer weiß, was dabei rauskommt."
„Erst mal solltest du aufhören, trockene Nudeln zu essen", sagte Sophia und stieß ihn spielerisch mit dem Ellbogen an.
Ich beobachtete Julian, wie er zurücklachte, und spürte, wie meine eigene Laune noch ein Stück besser wurde. Es war leicht, ihn in solchen Momenten zu sehen – er hatte dieses Lachen, das einem das Gefühl gab, dass alles gut war, zumindest für eine Weile.
Die Gespräche wanderten, wie sie es immer taten, zu Weihnachten. Die kühle Nachtluft, der Rauch und die Lichterketten im Garten machten es unmöglich, nicht in Festtagsstimmung zu kommen.
„Was macht ihr an Weihnachten, Julian?", fragte Sophia neugierig.
Julian lehnte sich zurück und wärmte seine Hände an der Feuerschale. „Das Übliche. Wir feiern immer zu Hause, mit der ganzen Familie. Meine Mom macht immer viel zu viel zu essen, Titus ist der glücklichste Mensch der Welt, und Jannis und ich streiten uns darüber, wer mehr Geschenke bekommt."
„Das klingt nach einem perfekten Weihnachten", sagte Luisa und lächelte.
„Es ist schön", gab Julian zu. „Vor allem für Titus. Er liebt Weihnachten mehr als jeder andere."
„Das klingt wirklich toll", sagte ich und merkte, dass Julians Worte eine seltsame Melancholie in mir auslösten.
„Und du, Harvey?", fragte Julian plötzlich.
Ich sah auf und spürte, wie alle Augen auf mich gerichtet waren. Sophia legte eine Hand auf mein Knie, ein stilles Zeichen, dass sie da war, aber ich wusste, dass ich jetzt antworten musste.
„Dieses Jahr wird es etwas ruhiger", sagte ich schließlich. „Nur Sophia und ich. Meine Familie ist verreist."
Julian sah mich an, sein Blick war prüfend, fast skeptisch. Ich konnte sehen, dass er es nicht ganz glaubte, aber er sagte nichts.
„Verreist?", fragte Luisa überrascht.
„Ja", sagte ich schnell. „Sie sind in die Berge gefahren, irgendein Familienurlaub."
Sophia schaltete sich ein und lächelte. „Es wird schön, nur wir beide. Wir machen es uns gemütlich, schauen Weihnachtsfilme und essen zu viel."
Ich nickte und spürte, wie sich die Aufmerksamkeit langsam von mir löste. Das war gut, denn ich wollte nicht weiter darüber sprechen. Während der Abend weiterging, sah ich, wie Julians Blick immer wieder auf mein blaues Auge wanderte. Er versuchte, es unauffällig zu tun, aber ich kannte ihn gut genug, um es zu bemerken. Ich wusste, dass er darüber reden wollte, aber nicht vor den anderen.
„Jule, pass auf, die Funken fliegen zu dir rüber", sagte ich irgendwann und lenkte die Aufmerksamkeit auf das Feuer, das plötzlich etwas höher loderte.
Er lachte und rückte ein Stück zurück. „Danke, Harvey. Wäre ja schade, wenn ich mit verbrannten Klamotten nach Hause gehen müsste."
„Dann müsstest du wohl nackt nach Hause laufen", sagte Sophia grinsend, und wir alle brachen in Gelächter aus.
Die Nacht wurde kälter, und ich war froh, dass die Feuerschale uns warm hielt. Sophia kuschelte sich enger an mich, und ich spürte, wie die Müdigkeit langsam kam. Doch gleichzeitig wusste ich, dass der Abend nicht so leicht enden würde. Julian würde später reden wollen. Über mein Auge. Über alles.
Aber nicht jetzt. Jetzt war der Moment, in dem alles einfach war, in dem wir lachten, uns aufzogen und für einen Moment vergaßen, was außerhalb dieses kleinen Kreises vor sich ging. Und in diesem Moment war das alles, was ich brauchte.
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Abseits der Gefühle (Bravertz)
FanfictionSeine Stimme war ruhig, doch ich spürte den Schmerz darin. „Wie kannst du jemanden lieben und gleichzeitig planen, eine andere zu heiraten?" » Kai Havertz und Julian Brandt könnten unterschiedlicher nicht sein: der eine beliebt und unnahbar, der and...