Nachdem Lydia und ich im Klassenzimmer angekommen sind, vergehen die ersten Stunden wie im Flug. Der Unterricht ist wirklich interessant und Mr. Sutton scheint ein echt netter Lehrer zu sein. Nach Ende der Stunde ruft er dann Lydia zu sich und sie scheinen noch irgendwas besprechen zumüssen, also mache ich mich alleine auf den Weg in die Pause. Von meinem Frühstücksbrot ist ja nicht mehr viel übrig, weshalb ich Ausschau nach einer Kantine oder einem Pausenbäcker halte. „Suchst du etwas?", werde ich daraufhin von der Seite angesprochen. Ich drehe mich um und blicke in das Gesicht eines Jungen, der genauso wie Lydia und James in meinem Alter sein müsste. Er trägt eine Brille, hat ein freundliches Lächeln auf dem Gesicht und braune, verwuschelte Haare. „Ja...ich...suche eine Kantine oder irgendwas...essbares. James...Beaufort ist mir heute Morgen auf mein Frühstücksbrot getrampelt und jetzt habe ich nichts mehr.", antworte ich zurückhaltend und fummle mir dabei an meinen Haaren herum. „Unsere Schulkantine hat leider nur mittags geöffnet und sowas wie einen Snackautomaten gibt es hier nicht...aber du kannst gerne was von mir haben, ich habe heute sowieso mehr als genug zum Frühstück dabei. Ich bin übrigens Kieran.", entgegnet der Junge und hält mir grinsend sein Brot entgegen.
„Das...das kann ich nicht annehmen, ich...ich warte einfach, bis die Kantine später aufmacht.", stottere ich vor mich hin, da mir das irgendwie ziemlich unangenehm ist und ich wirklich niemandem sein Brot wegessen möchte. „Nein, bitte. Nimm' ruhig. Ich habe wie gesagt noch genug.", antwortet dieser Kieran mir lächelnd und hält mir sein Essen erneut vors Gesicht. „Okay, danke.", bedanke ich mich dann nach kurzem Zögern und schenke ihm ebenfalls ein Lächeln. „Darf ich auch deinen Namen erfahren?", „RUTHERFORD!", werden wir plötzlich von einer lauten und genervten Stimme unterbrochen, noch bevor ich Kieran meinen Namen sagen kann. "Was machst du da schon wieder? Dealst du etwa mit bedürftigen Menschen von der Straße!?", brüllt die Person weiter und als wir uns beide daraufhin umdrehen, kommt James die Treppen herunter stolziert. „Ich wüsste nicht, was dich mein Leben angeht, Beaufort.", kontert Kieran. „Ich gebe ihr nur etwas von meinem Frühstücksbrot ab, weil DU...", er zeigt mit seinem Zeigefinger direkt auf James, „...heute früh ja unbedingt mit deinen feinen Lackschuhen auf ihres latschen musstest. Und jetzt hat sie nichts zu essen und hunger.", spricht er weiter.
„Ach Gott, die arme Kleine muss Hunger leiden. Nicht mal die Obdachlosen von der Straße würden freiwillig etwas von DEINEM Brot essen. ICH kann ihr etwas viel besseres bieten.", stichelt James daraufhin und ich kann wirklich nicht glauben, was er da gerade gesagt hat. Kieran schaut nur verstummt zwischen ihm und mir hin und her, während James in seinem Rucksack herum kramt. „Ich habe ein Trüffelbrot mit dem feinsten Fleisch der Stadt dabei. Das ist richtiges Essen, im Gegensatz zu diesem...Fraß...", entgegnet er in einem hochnäsigen Ton, während er auf das Brot von Kieran zeigt und hält mir dann sein tolles Trüffelbrot unter die Nase. Warum bietet er mir überhaupt sein Essen freiwillig an, wenn er doch vorhin noch so gemein zu mir war? Ich überlege kurz ob ich es einfach annehmen soll, doch dann nehme ich meinen ganzen Mut zusammen und beschließe, anders zu handeln. „Weißt du was?", frage ich James und trete noch ein Stück näher an ihn heran, sodass wirklich nur noch sein Brot uns beide voneinander trennt. „Steck' dir dein Brot doch sonst wo hin.", fauche ich ihn an, reiße ihm sein Brot aus der Hand und feuere es vor ihm auf den Boden. Dann trete ich noch mit meinen Schuhen darauf herum, nehme stattdessen das Brot von Kieran an und zische anschließend direkt vor den Augen von James ab. Kieran rufe ich noch ein lautes „Danke Kieran! Ich bin übrigens Larissa !" über meine Schulter zu, der mir nur grinsend hinterher blickt, während James jegliche Gesichtszüge entgleiten und er vor Wut zu kochen scheint.
Komplett überrascht von mir selbst und von dem, was ich mich gerade getraut habe, suche ich mir draußen im Hof eine ruhige Ecke, um das Pausenbrot von Kieran zu verspeisen. Während ich am essen bin, sehe ich Lydia von Weitem auf mich zu laufen. Sie grinst über beide Ohren, ihr Lippenstift ist etwas verschmiert und ihre perfekte Frisur von vorhin sitzt auch nicht mehr so richtig. Sieht fast so aus, als hätte sie mit jemandem rumgemacht. War sie nicht gerade noch bei Mr. Sutton? „Hier bist du!", begrüßt sie mich schließlich und setzt sich neben mich auf die Bank. „Mein Bruder ist gerade ziemlich wutentbrannt an mir vorbei gestürmt, keine Ahnung was der wieder für Probleme hat.", fügt sie noch hinzu und packt währenddessen das selbe Pausenbrot aus, das mir James gerade angeboten hatte. „Das...lag möglicherweise an mir.", murmle ich und mein Gefühl von Stolz geht jetzt irgendwie in ein Schamgefühl über. „Wieso?!", fragt mich Lydia erstaunt, aber scheinbar positiv erstaunt. „Er...hat mich doch vorhin so blöd vor allen angemacht...du warst ja dabei und dann...bin ich vorhin nach dem Unterricht die Kantine suchen gegangen, weil ich wirklich Hunger hatte. Dabei ist mir dann dieser Junge begegnet, Kieran, und er hat mir direkt sein Pausebrot angeboten.", erkläre ich ihr, während ich Kieran's fast aufgegessenes Brot hochhalte. „Weil ja die Kantine noch nicht offen hat. Währenddessen ist uns dann James dazwischen gefunkt und wollte, dass ich SEIN Brot nehme, anstatt das von Kieran. Ich habe es aber nicht angenommen, sondern ihm Konter gegeben und sein Brot dann auf den Boden geschmissen. Das scheint ihm nicht so gefallen zu haben.", beende ich meine kurze Erzählung.
„Oh ich kann dir versprechen, dass ihm das nicht gefallen hat. James ist es nicht gewohnt, dass ihm ein Mädchen die Stirn bietet, denn normalerweise liegen ihm alle zu Füßen.", schießt es sofort aus Lydia heraus. „Ach echt?", kommt es nur von mir. „Und...Kieran? Der ist süß, oder?", hakt sie weiter nach, was mich dann doch etwas zum Grinsen bringt. „Ich habe einen Freund.", antworte ich nur, was Lydia mit einem Nicken erwidert. „Na gut, wie auch immer. Der Unterricht geht gleich weiter, wir sollten rein gehen.", sagt sie daraufhin und wir machen uns auf den Weg nach drinnen. Der Tag plätschert dann noch so dahin, ich quatsche viel mit Lydia und ich muss immer wieder sowohl an James, als auch an Kieran denken. Vielleicht finde ich ihn doch ganz süß, also Kieran. Und James...der Typ ist ein kompletter Arsch, aber leider auch verdammt heiß. Ich fühle mich so schlecht wenn ich an meinen Freund denke, denn den habe ich, im Gegensatz zu den beiden Jungs von meiner Schule, gerade gar nicht im Kopf. Fuck. Dass mein erster Tag am Maxton Hall College SO laufen würde, hätte ich wirklich niemals im Leben gedacht, nicht mal in meinen kühnsten Träumen.
Nachdem ich am frühen Abend wieder zuhause angekommen bin überlege ich sofort, mit meinem Freund über meine Gedanken zu sprechen, lasse es dann aber. Es ist ja nichts passiert und es wird auch nie was zwischen James oder Kieran und mir passieren. Das sind einfach nur ein paar Flusen in meinem Kopf, die da nicht hingehören.
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𝙧𝙞𝙘𝙝 𝙠𝙞𝙙 // James Beaufort
FanficEine neue Schule. Eine neue Schülerin. Und irgendwas zwischen Gefühlen, Reichtum und Sex.