cotard ✝{h.s} // chapitré quatre
Die Kälte die um das Waisenhaus tanzte war kein Anzeichen von dem Wechsel der Jahreszeiten.
Es war kein Anzeichen für die nicht bezahlte Stromrechnung im Waisenhaus.
Es war kein Anzeichen für den bald kommenden Winter oder gar Herbst.
Es war kein Anzeichen für Sommerregen, der oft davor auch stürmische Wolken verursachte und die unangenehme Temperatur wie eine Decke über dem Himmel fallen ließ.
Es war keine Wetterschwankung, die darauf hindeutete das es bald eine kleine Eiszeit gab.
Es war nicht aufgrund der geringen Sonneneinstrahlung.
Änderungen im Umlauf der Erde um die Sonne waren auch nicht der Grund.
Es war aufgrund einer Person, die uns nachts aus dem Schlaf gerissen hatte. Die Dunkelheit prägte unsere Gemeinschaftszimmer und als ich meinen Oberkörper schwungvoll aus dem Bett gehuft hatte und laut einatmete, da der Schrei mir bis unter die Haut gegangen war und dort haftete, mich gewaltsam weckte, in meinem eigenen Schweißbad. Wie in Zeitlupe sah ich wie einige aus dem Bett stürmten, die Türklinke fast aus der Tür rissen, nur um nach außen zu gelangen. Ich realisierte erst Sekunden später was passierte.
Mit zwei anderen Mädchen waren wir die letzten die aus dem Zimmer stürmten, das panische Herumlaufen war dann im Flure sehr weit verbreitet, bis wir sahen was passiert war.
Ab diesem Tage wurden einigen Menschen klar, was man unter Kälte verstand. Es war nicht das Rot welches durch die Hände pulsierte wenn man frischen Schnee in der Handinnenfläche für Sekunden durchdrückte, bis das Wasser tropfte. Es war auch nicht, die Erfrischung an einem heißen Tag, wenn man durch seine Artgenossen in einen verlassenen See geschmissen wurde.
Kälte war definierbar sicherlich, aber erst dann wenn man sah wie eine Person vor dir nach Hilfe schrie, aber keiner etwas unternehmen konnte.
Kälte war definierbar, wenn Menschen still standen, obwohl Hilfe benötigt wurde.
Kälte war definierbar, wenn man Menschen beim Tode zusehen musste.
Es gab nichts vergleichbares, welches die Temperatur eines Raumes sogar eines Ortes schneller um einige Grade fallen lassen konnte als der Abgang eines Lebewesens.
»Prudence ich brauche Sie jetzt« Ununterbrochen wiederholte Maya diesen Satz und sah zu der anderen Betreuerin, beide sichtlich überfordert mit der Situation, während ungefähr fünfzig von uns Waisenkinder die Lage mit nackten Augen befolgten, keiner riskierte es einen Finger zu heben. Niemand hatte bis zum jetzigen Vorfall die Betreuerin Prudence weinen sehen. Aber ihre Tränen wurden ihr definitiv zum Verhängnis, denn sie blockierten ihre Handlungen. Ihre Hände zitterten, während sie versuchte die Person auf dem Boden wach zu rütteln. Maya sah uns kurz entgegen und auch wenn sie in allen Fällen bewahren wollte das die jüngeren unter uns das nicht sehen, hatte sie keine Möglichkeit irgendeinen unter Schutz zu nehmen. Mit verschwitzen Fingern tippte sie die Nummer der Notrufzentrale.
Ihre Stimme brach ab und blockierte sie, während sie versuchte mit einem Tuch das Gesicht des Jungen von seinem eigenen Blut zu befreien. Das Tuch war nachdem Maya darüber strich knallrot und auf dem weißen Material waren farbige fest gewordene Klumpen zu erkennen. Das Bewusstsein von ihm war lange nicht mehr standhaft geblieben, wahrscheinlich war er gestürzt, denn seine Position auf dem Boden sah ungemütlich und grauenhaft aus. Sein Gesicht war uns allen verborgen es war zur anderen Seite gedreht, da er seitlich lag und somit wir nur seinen Rücken betrachteten.
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cotard
Mystery / Thrillercotard; délire des négations Nihilistischer Wahn, Überzeugung davon tot zu sein und nicht zu existieren. a/n: grafische darstellungen von gewalt, sexualität, starke sprache und/oder anderen reifen themen © ifckedurmanperrie, 2015