Kiara
19:21UhrWährend Rita und ein paar Mädels mit mir auf der Bühne stehen und für die Show heute Abend üben, kümmert sich Ines um das Licht im Club.
Die roten Strahler beleuchten sanft die Bühne und einige Wände in dem teuer ausgestatteten Club sowie die Theke glitzern ein wenig unter den warm weißen Deckenlampen.Schreckhaft drehe ich mich zu den Tischen um, als einer der Stühle mit einem ohrenbetäubenden Quietschen über den dunklen Marmorboden gezogen wird. Manuel hat sich lässig einige Meter weit weg von der Bühne hingesetzt und seinen Laptop aufgeklappt.
Fordernd liegen seine bernsteinfarbenen Augen auf mir, sodass wir ein Blickduell anfangen. Er will mich stumm dazu zwingen, von der Bühne zu kommen, aber den Gefallen tue ich ihm nicht. Auch wenn er mich verunsichert, soll er nicht über mich bestimmen.
Schluckend drehe ich mich von ihm weg und höre wieder Rita zu, die uns einige Tipps gibt.
"Probier es nochmal, Kiara."Ich putze meine schwitzigen Handflächen an meinen nackten Beinen ab und gehe währenddessen auf die Stange zu.
"Versuch mal etwas höher zu greifen.", lächelt sie mir ermutigend zu.
Nachdem ich die Stange fest umgriffen haben, schaue ihr über meine Schulter zu Manuel, dessen feuriger Blick noch immer auf mir liegt. Demonstrativ laut klappt er seinen Laptop zu und verschränkt seine Arme vor der Brust, sodass sich seine Muskeln durch das Hemd abzeichnen.
Während die anderen ihm gar keine Beachtung schenken, geschweige denn seinem Verhalten irgendeine Bedeutung beimessen, weiß ich genau, was er mir damit sagen will.Er warnt mich.
Und ich verstehe seine Warnung, obwohl er nicht einmal etwas sagt.
Schnell schaue ich wieder zu Rita, die mich schon fast anspornt, bevor ich abspringe und diesmal wirklich elegant um die Stange herum gleite.
"Wow, du hast wirklich schnell gelernt. Du kannst die Kleine auf jeden Fall für die Bühne einplanen, Manuel!", ruft Rita meinem Chef zu, nachdem ich wieder Boden unter den Füßen habe.
Wie ich erwartete hatte, erwidert Manuel nichts.Jedenfalls erwidert er Rita nichts.
Mir erwidert er einen wütenden Blick.
"Wir machen uns jetzt fertig. Kannst du wohl noch einmal hier fegen?", fragt mich Rita und legt ihre Hand auf meine nackte Schulter, sodass ich mich kurz erschrecke.
"Klar, kein Problem.", lächle ich leicht, während Manuels intensiver Blick in meinem Rücken mich unwohl fühlen lässt.
Unwohl und selbstsicher zugleich.Selbstsicher, weil er nichts tun kann.
Unwohl, weil ich nicht weiß, was gleich passiert, wenn alle weg sind.
Schnell laufe ich über die Bühne und hole den Besen und das Kehrblech hinter dem Vorhang hervor, um die Bühne zu fegen, so wie Rita es von mir verlangt hat. Im Augenwinkel erkenne ich, dass Manuel von seinem Stuhl aufsteht.
Mein Herz schlägt mindestens viermal so schnell wie seine teuren Lackschuhe, die fast wie in Zeitlupe auf dem Marmor aufschlagen.Ich fege langsam. Sehr langsam.
Und Manuel läuft langsam. Sehr langsam.
Aber trotzdem kann ich den Moment, in dem er auf die Bühne kommt und seine glänzenden Schuhe sich in mein Sichtfeld stellen, nicht ewig hinauszögern.
Er räuspert sich einmal kurz und fordert mich damit auf, ihn anzuschauen.Schweigend hebe ich meinen Kopf, bevor seine lodernden Augen meine treffen.
"Du hörst nicht auf mich.", stellt er fest.
"Ich hatte dir gesagt, dass du diese Bühne nicht betrittst, solange du noch minderjährig bist.", fährt er fort, als ich nichts erwidere."Und wenn ich mich recht erinnere, dauert es noch 15 Tage, bis das der Fall ist. Oder irre ich mich?"
Seine Stimme ist dunkel, aber klar.Klar und deutlich.
Er weiß genau, welche Worte er wählen muss, um sich deutlich genug auszudrücken.
"Und jetzt muss ich feststellen, dass du hier wieder auf dieser Bühne stehst und mit den anderen an dieser dreckigen Stange tanzt. Während ich da hinten sitze und arbeite.", zischt er fast.
"Ich wette mit dir um 200 Dollar, dass du hart geworden bist, als du mich hier gesehen hast.", zische ich ebenfalls zurück.
Es kostet mich Überwindung, das zu ihm zu sagen. Und ja, ich werde rot dabei. Aber das blende ich diesmal selbstsicher aus.Und tatsächlich erkenne ich kurz, wie er stutzig wird. Anscheinend habe ich ihn wirklich kurz sprachlos gemacht.
"Solche Wörter aus deinem Mund.", schüttelt er langsam den Kopf, allerdings erkenne ich das leichte, fassungslose Schmunzeln, dass er mit aller Mühe versucht sich zu verkneifen.Stillschweigend beobachte ich, wie er in die Tasche seiner Anzughose greift und sein schwarzes Lederportemonnaie herausholt.
Er befeuchtet seine Unterlippe, während er zwei einhundert Dollarscheine hervor zieht und dann sein Portemonnaie wieder elegant verschwinden lässt.Nüchtern streift er mit seinen Fingerkuppen über meine nackte Haut über dem Bund meiner kurzen, engen Sporthose, bevor er seine Finger kurz darauf hinter den Gummibund meiner Hose schiebt. Während ich mit schwerem Atem seine Bewegungen beobachte, zieht er den Bund meiner Hose etwas vor und klemmt die beiden Scheine dahinter, ehe er den Bund wieder loslässt, sodass er mit einem dumpfen Geräusch gegen meine Haut und die Scheine schlägt, die nun aus meiner Hose gucken.
"Das wird die erste und letzte Wette sein, die du gegen mich gewonnen hast, Baby. Merk' dir das.", murmelt er und versenkt seine Hände tief in seiner Anzughose.
"Und jetzt geh dich umziehen. In 40 Minuten öffnen wir. So läufst du mir hier nicht rum."Ich ziehe das Geld aus meiner Hose, dass er mir in den Hosenbund geklemmt hat, und betrachte es.
Als ich zu ihm hochschaue, ist er weg. Irritiert drehe ich mich um, doch nirgendwo kann ich ihn finden.
Wie schnell ist er jetzt gegangen?Und vor allem: Wohin?
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Schwarz wie die Nacht
ChickLitWas macht man, wenn man keinen Ausweg aus der Armut hat? Was macht eine Frau, wenn sie keine Möglichkeit auf ein angenehmeres Leben hat? Wo geht sie hin, wenn sie auf sich alleine gestellt ist und ihre Familie ernähren muss, weil der Vater zu betru...