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Manuel

"Woher kommt das, dass du denkst, du könntest mich immer nach Lust und Laune anschreien?", runzel ich die Stirn und schaue sie arrogant an.

"Ach halt die Klappe.", winkt sie beleidigt ab und läuft weiter.

Auch wenn ich mich gezwungen habe, es nicht zu tun, wandern meine Augen automatisch zu ihrem hübschen Hintern. Die kurze Sporthose ist eng, genauso wie ihr Oberteil. Eigentlich habe ich hier gestanden, um sicher zu gehen, dass kein Bastard etwas sieht, was nicht für seine Augen bestimmt ist.
Hinzukommt, dass sie einfach in diesem Alter noch gar nicht auf dieser Bühne stehen sollte. Sie ist viel zu jung, als das ihre kleinen Hände die eisige Stange berühren sollte. Die Stange, die voller Sünden steckt und für viele Mädchen der Anfang vom Ende ist.

"Wenn du bloß nicht so hübsch wärst.", murmel ich leise vor mich hin und wende meinen Blick ab.

"Papa sagt, dass man seinen Angestellten nicht beim Tanzen zusieht.", flötet Celeste, als sie von der Toilette kommt.
Seufzend trinke ich meine Kaffee aus und knalle die leere Tasse etwas zu laut auf den Tresen.

"Es spielt keine Rolle, was Papa sagt, weil er nämlich nicht mein Papa ist, sondern deiner.", lächle ich falsch.

"Er würde es sicher nicht toll finden, wenn ich ihm erzähle, was du hier machst.", ärgert sie mich, bevor sie sich neben mich an die Theke lehnt und ihre Haare über die Schulter wirft.

"Erpresst du mich?"

"Wenn du dich erpressen lässt?", kontert sie fix und holt ihren roten Lippenstift aus der Tasche.

"Jetzt habe ich keinen Zweifel mehr, dass dein Papa auch wirklich dein Papa ist.", schnaube ich belustigt und nehme ihr den Lippenstift aus der Hand.

"Mit rotem Lippenstift hast du Ähnlichkeit mit einer Nutte.", murmel ich und stecke das kleine Teil in meine Hosentasche.

"Eine edle Nutte.", seufzt sie zufrieden und streckt ihre Hand aus, damit ich ihr den Lippenstift zurückgebe.

"Du kannst für die Kleine einspringen, immerhin bist du schon 18.", mache ich ihr aus Spaß ein Angebot, gebe ihr aber den Lippenstift nicht zurück.

"Wenn Papa erfahren würde, was du mir für Angebote machst...", schüttelt sie übertrieben schauspielerisch den Kopf.

"Wer hat denn gesagt, dass dein lieber Vater etwas davon erfahren muss?", ziehe ich die Augenbrauen hoch und schaue sie abwartend an, bis sie beginnt, laut zu lachen.

Ich beiße mir auf die Innenseite der Wange, um mir ein Lachen zu verkneifen, dann schließt sie ihre Arme um meinen Oberkörper und drückt sich an mich.
"Ich fahre zu dir, wir sehen uns dann morgen."

"Habe ich dich eingeladen?", spotte ich belustigt und lege meine Arme auf ihre Schultern.

"Sei nicht so. Oder willst du, dass deine Cousine auf der Straße schlafen muss?"

"Ich dachte, dein Papa hat dir das beste Hotel in der ganzen Stadt ausgesucht.", grinse ich und drücke sie weg.
Augenverdrehend haut sie mir gegen den Oberarm, bevor ich die Tür des Clubs öffne und sie hinausbegleite.

"Vielleicht.", zuckt sie mit den Schultern.
Ich merke, dass etwas nicht stimmt, aber ich frage nicht genauer nach.

Ich hasse es, wenn Leute versuchen etwas aus mir herauszuquetschen, deshalb belasse ich es dabei. Sie wird es mir schon sagen, wenn es ernst wäre.

"Wie bist du hergekommen?", frage ich sie und zünde mir eine Zigarette an.

"Julio hat mich gefahren. Er wartet da vorne."
Celeste zeigt auf den schwarzen Mercedes am Straßenrand. Zwar sind die Scheiben verdunkelt, aber ich kann mir genau vorstellen, wie dieser kleine Penner mir gerade lächelnd zu winkt.

"Du fängst nichts mit dem an, hörst du? Er ist unfähig und zu nichts zu gebrauchen.", brumme ich und kneife absichtlich die Augen zusammen, damit er bloß nicht denkt, dass ich mich über seine Anwesenheit freue.

"Du solltest ihm mal vertrauen und mit ihm arbeiten, nicht gegen ihn.", verdreht sie wieder die Augen und zieht ihren Mantel enger um ihren zierlichen Körper.

"Und du sollst mir nicht sagen, wie ich zu arbeiten habe.", beende ich die kleine Diskussion und laufe zum Auto, um ihr die Tür zu öffnen.

"Ich weiß noch nicht, wann ich komme. Vermutlich doch erst morgen früh.", verabschiede ich sie und helfe ihr in den Wagen.

"Hallo Manuel.", begrüßt mich Julio.

Ich schaue ihn nur kurz an, erwidere aber nichts. Ich muss ihn nicht grüßen, immerhin sehe ich ihn noch oft genug. Wenn ich Pech habe, dann klebt er mir bis zu meinem Lebensende am Arsch.

"Wir sehen uns. Vielleicht komme ich heute Abend nochmal vorbei und gucke mir deine hübschen Frauen an.", witzelt Celeste und schnallt sich an.

"Bis morgen.", übergehe ich ihre Provokation absichtlich, um ihr klar zu machen, dass ich sie hier heute Abend nicht mehr sehen will. Vor allem zwischen den vielen Männern. Ich habe keine Zeit, mich um die Sicherheit von zwei Frauen zu kümmern.
Und ihr Vater wird mir die Hölle heiß machen, wenn seiner einzigen Tochter etwas passiert.

Ich schlage die schwere Autotür von der G-Klasse zu und schaue zu, wie Julio mit meiner Cousine verschwindet.
Mir ist unwohl dabei, dass er mit ihr alleine ist, aber Celeste hat recht. Ich muss mit ihm zusammenarbeiten und nicht gegen ihn.

Schließlich will er mir auch nur helfen, obwohl seine Anwesenheit oft keine Hilfe ist, sondern mir nur noch mehr Ärger verschafft.
Aber eins kann er gut: Leichen entsorgen.

Schwarz wie die NachtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt