11.Kapitel

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Kathrin:

Erschöpft schleppte ich mich die Treppen hoch in unsere Wohnung. Ich schloss die Türe auf und schlüpfte erleichtert aus meinen Schuhe. Ich hängte meinen Mantel auf den Haken und betrat das Wohnzimmer. Die Person, die ich dort antraf, ließ mich in meiner Bewegung innehalten. „Hey, Liebling.", begrüßte ER mich mit einem falschen Grinsen. „Was willst du?", fragte ich meinem Erzeuger kühl. „Hast du etwa deine Manieren vergessen?", fuhr er mich an. Ich zuckte nicht einmal mit meiner Wimper. „Was willst du?", wiederholte ich meine Frage ruhig. „Darf ich nicht meine Tochter besuchen?", fragte er mich und zog eine Augenbraue hoch. „Ich denke nicht, dass du vorbeigekommen bist, um mich zu sehen.", gab ich ihm kalt zur Antwort. Mein Vater lachte und erhob sich von unserem Sofa. „Du bist noch immer so kratzbürstig wie früher!", lachte er. Ich sah ihm bloß abwartend an. „Aber du hast recht. Du musst morgen Abend mit meiner Familie zu Abend essen. Wir haben morgen hohen Besuch und ich erwarte von dir, dass du kommst.", verlangte er. Ich lachte bloß. „Warum sollte ich? Du gibst mir keine Befehle mehr. Diese Chance hast du vor einigen Monaten verspielt.", gab ich wütend zurück. „Jetzt hör mir gut zu. Du machst was ich dir sage, oder ich werde dafür sorgen, dass du und deine Mutter euren Job verliert und du deinen kleinen Bruder auf der Straße großziehst, während deine Mutter als Prostierte Geld beschafft!", knurrte er mich an und kam mir näher. Ich wich zurück, bis ich gegen die kalte Wand prallte. „Du willst doch nicht dafür verantwortlich sein, dass deine Mutter alles verliert, was ihr wichtig ist?! Habe ich recht?", fragte er mich. Ich konnte zur Antwort nur nicken. „Gut. Wenn wir schon dabei sind, zieh dir ein schönes Kleid an, benimm dich und mach das Essen!", befahl er mir. Wieder konnte ich nur nicken. Ich hasste es, dass dieser dreckige Mann noch immer so eine Macht über unsere Familie hat. „Gut. Na dann, bis morgen.", höhnte er und verließ endlich die Wohnung. Erschöpft ließ ich mich an der Wand zu Boden rutschen. Ich schlang meine Arme um meine Knie und begann leise zu weinen. Ich hasste diesen Mann! Ich hasste ihn für das, was er meiner Familie antat. Und ich hasste mich dafür, dass ich mich nicht endlich einmal zur Wehr setzen konnte. Nach einiger Zeit versiegelten meine Tränen und ich rappelte mich mühsam auf. Ich schnappte mir ein Glas und schenkte mir etwas Wasser ein. Gierig leere ich mein Glas und schenkte mir noch einmal nach. Ich machte überall das Licht aus und sperrte die Eingangstüre zu, bevor ich mich leise in das Schlafzimmer schlich, wo ich mich umzog. Im Bad putzte ich mir noch die Zähne, bevor ich wieder ins Schlafzimmer tapste. Ich schlich mich an die Wiege, wo mein kleiner Bruder schlief. Taylor hatte seine kleinen Augen geschlossen und schlief friedlich. Ich drückte ihm einen sanften Kuss auf die dicke Wange und deckte ihn leise zu. Anschließen legte ich mich neben meiner Mutter ins Bett. Nur wenige Minuten später fiel ich auch schon in einen traumlosen Schlaf.

Am nächsten Morgen weckte mich wieder mein nerviger Wecker. Murrend erhob ich mich und machte ihm aus. Meine Mutter schlief noch immer friedlich. Es könnte eine Bombe in unser Haus einschlagen und sie würde einfach weiterschlafen. Taylor jedoch begann zu weinen. Ich eilte zu ihm und hob ihn hoch. „Wer weint denn da?", fragte ich ihm und drückte ihm einen Kuss auf die tränenüberströmte Wange. Taylor zog eine Schnute und schniefte. Ich lächelte ihm an. Leise zog ich meinem Bruder an und machte mich ebenfalls für die Schule fertig. In der Küche kochte ich meinem Bruder einen Brei und aß selbst einen Apfel zum Frühstück. Taylor saß in seinem Hochstuhl und hatte seinen kleine Plastiklöffel im Mund. Ich nahm ich den Löffel ab und begann ihm zu füttern. Fröhlich aß Taylor seinen Brei und spielte dabei mit seinem weißen Tuch, das ich ihm umgehängt hatte, damit sein Strampler nicht schmutzig wird. Als es Zeit für mich wurde zu gehen hob ich ihn hoch und ging zurück ins Schlafzimmer. Meine Mutter schlief noch immer, weshalb ich sie sanft an der Schulter rüttelte. „Mum! Aufstehen! Ich muss zur Schule.", versuchte ich sie wach zu bekommen. Müde öffnete meine Mutter ihre Augen. „Okay. Hab einen schönen Tag.", meinte sie und gab mir einen Kuss auf die Wange. Sie nahm mir Taylor ab und ich eilte aus dem Zimmer. Ich schnappte mir meine Schultasche und verließ eilig das Haus.

Pünktlich erreichte ich die Schule und holte mir meine Sachen aus dem Spind. Amanda gesellte sich gut gelaunt zu mir. „Wie geht es dir? Hast du deinen Lover schon getroffen?", fragte sie mich grinsend. Ich hatte ihr gestern alles über mich und James erzählt. Was sich als großer Fehler entpuppte. Ich verdrehte meine Augen. „Langsam fange ich an zu bereuen, dass ich es dir erzählt habe.", stöhnte ich. Amanda lachte bloß. „Ach was. Wir sind doch Freundinnen und Freundinnen erzählen sich alles!", verteidigte sie sich. Überrascht sah ich sie an. „Wir sind Freundinnen?", fragte ich sie überrumpelt. Nun verdrehte Amanda ihre Augen. „Du verletzt mich immer wieder!", schmollte sie. Ich musste lachen. „Tut mir leid. Es überrascht mich nur, dass du mich als Freundin betrachtest.", erklärte ich ihr. Verletzt sah mich meine neue Freundin an. „Siehst du mich denn nicht als Freundin?", fragte sie mich gespielt betroffen. „Doch, doch!", beteuerte ich und wollte sie umarmen, doch Amanda wich zurück. „Zu spät. Du hast mich verletzt und ich bin jetzt wütend auf dich!", meinte sie gespielt arrogant. Ich schmollte. „Bitte verlass mich nicht!", spielte ich mit. Wir beide sahen uns an und brachen schließlich in schallendes Gelächter aus. „Was ist denn so witzig?", fragte plötzlich eine schrille Stimmer. Amanda und ich hörten sofort auf zu lachen. 

Please forgive me _ Band 1Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt