Kapitel 118 - Unüberlegt - Teil 3

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Nervös wischte sich Feiying den Schweiß von der Stirn. Seine Fähigkeit Fallenfinder schlug gerade noch rechtzeitig Alarm, ehe er auf den Auslöser trat. Bei der Vielzahl der, in diesem Dungeon gefundenen, Todesfallen müsste er inzwischen eigentlich abgehärtet sein. Aber bei dem Gedanken daran, wie häufig er in den letzten Stunden nur knapp dem Tode entkommen war, konnte und wollte er sich partout nicht entspannen.

Es war schon alles dabei gewesen... aus dem Boden schnellende Speere, aus der Felswand schießende Pfeile, manchmal mit Gift als auch ohne, gigantische Äxte die von der Decke herunter sausten oder gar die noch gefährlicheren magischen Fallen, die sich gefährlicher Zauber so ziemlich aller Elemente bedienten.

Gerade von Letzteren wurden sie schon mehrfach knapp erwischt. Feiyings Fuß fühlte sich immer noch eisig an, obwohl der Eisspeer ihn nur gestreift hatte und Alucards Schulter war ordentlich von einer Feuerwalte verbrutzelt worden. Doch ihre Verletzungen waren nichts im Vergleich mit Stallions halb vegetativen Zustand, von dem er sich erst allmählich wieder erholte.

Vor gut einer Stunde, übersahen Feiying und Alucard den zweiten Teil einer Falle und im entscheiden Moment riss Stallion sie beide zurück, wurde dafür aber selbst von den sich ausbreitenden Schlingpflanzen erwischt und von ihnen vollständig umschlungen.

Seine Schmerzensschreie hallten so qualvoll durch den Höhlengang, dass Feiying nicht lange nachdachte und sich sofort daran machte, die Pflanzen mit seiner Axt zu durchtrennen. Mit Alucards Hilfe gelang es Feiying gerade noch rechtzeitig den inzwischen bewusstlosen Stallion zu bergen. Dennoch waren seine Verletzungen grausig. Blut lief ihm aus den Augenwinkeln, Ohren und Mund und seine Arme und Beine muteten seltsam verdreht an, während seine HP-Zahlen kontinuierlich weiter fielen.

Hastig flößte Feiying dem sonst so gesprächigen Idioten, der sich diesmal aber für sie geopfert hatte, einen seiner Heiltränke ein und stabilisierte ihn. Doch erst der zweite Heiltrank, diesmal von Alucard, brachte ihn wieder auf den Weg der Besserung.

Seitdem waren sie doppelt vorsichtig und wagten sich nur nach mehrfacher Überprüfung voran. Als Feiying sicher war, dass sich in den nächsten Metern keine weiteren Fallen versteckten, nickte er Alucard zu, der sich sogleich an der Entschärfung versuchte.

Angespannt passte Feiying auf und suchte in der Umgebung fieberhaft nach möglichen Anzeichen irgendeiner Gefahr, doch diesmal ging alles glatt.

Hah... dachte er im Stillen, sieht so aus, als ob er wieder dran war.

Mit einem diesmal hörbaren Seufzen aktivierte Feiying seine Fähigkeit erneut und suchte die nächsten Quadratmeter des Höhlenganges ab.

Eine ganze Stunde ging es so weiter, bis sich Stallion zum ersten Mal nach langer Zeit wieder bemerkbar machte: „Fuck, ich bin nicht tot?"

„Waaa!", schreckte Feiying auf, der gerade die nächsten Meter überprüfen wollte.

„Auch, wenn es mir eigentlich gegen den Strich ging, du hast uns gerettet", antwortete Alucard mürrisch. „Da konnten wir dich nicht verrecken lassen."

„Hehe...", gluckste Stallion mit immer noch leicht vor Schmerz angespannter Miene. „Ich wusste doch, dass du ein gutes Herz hast, Boss."

„Ja, ja... bilde dir bloß nicht zu viel darauf ein", winkte Alucard ab.

„Kannst du dich bewegen?", fragte Feiying, während er sich Stallions Gliedmaßen anschaute.

„Hmm?", horchte Stallion auf und besah sich seine Arme und Beine die sich dank der Heiltränke inzwischen wieder richtig ausgerichtet hatten.

„Ich glaube schon...", meinte er nach einer Weile und stemmte sich mühsam in eine Sitzposition.

„Wie lange war ich weg?", fragte Stallion anschließend.

„Eine gute Stunde", antwortete Feiying.

„Und ihr seid offensichtlich nur dreißig Meter voran gekommen...", schüttelte Stallion den Kopf. „Glaubt ihr nicht auch inzwischen, dass dieses Dungeon eigentlich eine Nummer zu groß für uns ist?"

„Hast schon recht, hier sind verdammt viele lebensgefährliche Fallen", musste Feiying zugeben.

„Ja, lebensgefährlich!", griff Stallion den Begriff auf. „Ich meine, schaut euch doch nur mal um! Dieser Höhlengang zieht sich jetzt seit gut vierhundert Metern und gefühlt jeder Meter ist mit irgendeinem lebensgefährlichen Scheiß zugepflastert... Ohne eure Fähigkeiten wären wir längst verreckt. Wahrscheinlich nicht nur wir, selbst Spieler mit höheren Leveln hätten bei richtiger Aktivierung der Fallen kaum eine Chance zu überleben. Fragt ihr euch nicht, was wohl am Ende des Ganges auf uns wartet?"

„Entweder ein Vermögen oder irgendein Zwischenboss?", schlug Alucard vor.

„Wahrscheinlich ist eher Letzteres", nickte Stallion mürrisch.

„Und was willst du jetzt tun?", fragte Feiying. „Der Eingang ist versperrt und aus der ersten großen Halle, führte nur dieser Gang hinaus. Also entweder versuchen wir lebendig hier heraus zu kommen oder begehen in einer der nächsten Fallen gleich Selbstmord, um mit einem Level weniger außerhalb aufwachen. Willst du lieber den leichten Weg wählen?"

„Ich... ich weiß es nicht...", gab sich Stallion geschlagen. „Vielleicht brauche ich einfach mal eine Pause von diesem Dungeon... Hätte nicht gedacht, dass es mir so auf das Gemüt schlägt, hier drinnen nie den Himmel sehen zu können..."

Für einen Moment herrschte Schweigen.

Feiying konnte Stallions Worte nur zu gut nachvollziehen. Sie harrten inzwischen seit Wochen hier unten im Fels aus und selbst, wenn sie immer nur ihre Spielzeit hier unten verbrachten und tagsüber ja eigentlich genug Abwechslung hatten, schlug die Atmosphäre auch ihm zunehmend aufs Gemüt.

„Wir sollten weitermachen", meinte Alucard wenig später. „Ich weigere mich an diesen blöden Fallen zu verrecken. Vielleicht hast du recht, Stallion und am Ende des Ganges wartet ein unüberwindlicher Boss auf uns, aber ich will meinen Spieltod nicht in Kauf nehmen, ohne es wenigstens versucht zu haben."

„Hmm...", nickte Feiying zustimmend und aktivierte erneut seine Fähigkeit Fallenfinder, als von weiter weg eine laute Explosion zu hören war.

„Was war das?", kämpfte sich Stallion in den Stand.

„Das kam aus Anaels Richtung...", breitete Alucard die Hände aus.

„Worauf wartet ihr dann noch?", blaffte Feiying und nahm bereits die Beine in die Hand. „Lasst uns lieber schnell nachsehen, was passiert ist."

„Verdammt, ihr wisst schon, dass mir noch alles weh tut, oder?", stöhnte Stallion.

Doch Feiying ignorierte seine Mitleidstour und rannte dicht gefolgt von Alcuard den Gang zurück zum Eingangsbereich des Dungeon, von der sie die Explosion vermuteten.



Hallo, da bin ich wieder. Offensichtlich nicht an Corona verstorben ;-)

Leider kam in den letzten Wochen viel Privates dazwischen. Nun geht es aber relativ zügig weiter. Das nächste Kapitel gibt es Morgen um circa 20 Uhr. :-)


Wichtig:

Leider hatte ich den ein oder anderen Fehler im letzten Kapitel, deswegen musste ich da ein Bisschen was ausbessern, damit die nächsten Kapitel Sinn machen. Dies betrifft vor allem die Beschreibung des Zauberspruchs "Feuerball" nachdem Bahe diesen erlernt hat. Wer möchte kann dies jetzt noch einmal nachlesen.


Bis Morgen!

RiBBoN


Die Legende vom Elementflüsterer - Band 3Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt