Wolfskraut

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Wolfskraut: Bannt Geister und 
Dämonen. Und manchmal
auch schwierige Ehefrauen. 
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          Wenn man wusste, dass ich falsch gelegen hatte, ergab alles deutlich mehr Sinn. Hauptindiz war das Messer. Camil Roussex war zuerst mit inem Messer gefoltert worden. War es so weit hergeholt, dass die Klinge bereits vergiftet war, ehe der Mörder sich dazu entschlossen hatte, ihr das Gift einfach einzuflößen? Ich hatte die Klinge gesehen, die Cini verletzt hatte: An ihr hatte das Gift selbst nach Tagen im Moor noch gehaftet.

Bedachte man, dass Camil vor Cini gestorben war, musste der Mörder bei Cinis Angriff bereits gewusst haben, dass das Gift zu langsam durch Wunden wirkte. Warum es also noch einmal bei dem Mädchen versuchen?

Es sei denn, es war keine Absicht gewesen. Ein Kaar-verdammter Unfall. Es war genug, dass ich meinen Kopf wiederholt gegen eine harte Oberfläche schlagen wollte.

Alles, was Cini mit Moira und Camil gemein hatte, war der Angreifer. Und der befand sich in diesem Hof und dazu auch noch im Besitz eben jenes Messers. Es ließ mir in den folgenden Tagen genauso wenig Ruhe wie Moira, Die sah ich jede Nacht in diesen merkwürdigen Träumen. Ich war inzwischen dazu übergegangen, nicht mehr neben ihr zu warten, bis der Mörder in Sichtweite kam. Ich versuchte, ihn im Garten zu erwischen, denn sobald er ihre Zimmertür hinter sich schloss, wachte ich auf. Doch der Weg war zu weit. Die Nacht war zu dunkel. Und keiner der Diener oder der Soldaten hörte mich, wenn ich ihnen zurief.

Ich hatte schon von Geistern gehört. Seelen, die nach ihrem Ableben in einem unaufmerksamen Moment Kaars zurück durch den Schleier schlüpften und versuchten, wieder einen Körper zu bekommen. Aber Moira schien wenig Interesse an meinem Körper zu haben. Tatsächlich sabotierte sie eher seine Instanthaltung, indem sie mir meinen Schlaf stahl.

Gleichzeitig rückte Yessis Geburtstag näher und ich gedachte ihn für meinen Vorteil zu nutzen. Die Feier war die perfekte Gelegenheit, um sich Lionas Gemächer einmal anzusehen. Weil es draußen Tag für Tag erträglicher wurde, würde unten im Hof gegessen und getanzt werden, denn wirklich jeder war eingeladen. Auch ich, wie Lichi mich nicht vergessen ließ.
Aber wozu war man Nevanam, wenn man nicht erfolgreich eine Magenverstimmung vortäuschen konnte?

Der Morgen brach an und mit ihm eine neuerliche Bestätigung, dass Yessis Bruder während seiner letzten Tage in der Wildnis immer noch keine Krähe gezähmt oder Briefpapier selbst geschöpft hatte. Und obwohl es unsinnig war, sich um einen vollkommen Fremden Sorgen zu machen, hoffte ich, dass er noch ein klein wenig länger fort bleiben würde. Ich hatte kein Motiv und nur für den Fall, dass ich falsch lag, waren er und Yessi in größter Gefahr, so lange ich den Dolch nicht gefunden hatte.

Oder den freilaufenden Mörder.
Jemand, den die Meisten außer mir irgendwie verdrängt hatten. Alle waren mit den Festlichkeiten beschäftigt, die eine größere Anspannung auf das Haus legte, als der Flugechsen-Angriff. Liona war aus ihren Gemächern gekommen und hatte die Planung übernommen. Sie hatte die Autorität von einem Feldwebel und ließ mich Madame Acó vermissen.

Alle anderen standen unter Druck. Spät abends hatte ich sogar Yessi mit Lichi streiten sehen, was noch nie vorgekommen war. Sie hatte Lorik Hellsbar als alten Sack bezeichnet, was nicht mehr ganz so komisch wirkte.

Auch am nächsten Tag hatte sie noch furchtbare Laune, als sie meine Tür aufriss, kaum da ich in die Sichtweite des Fensters kam. „Er ist wieder wach!"

So wie sie das sagte, wusste ich nicht ganz, ob das etwas Gutes war oder nicht. Mit aller Ruhe, die ich mir in den letzten Tagen so mühsam antrainiert hatte, wechselte ich meinen tragenden Arm und legte ihr eine Hand auf die Stirn. Zu meiner Überraschung war sie kühl.

Die letzte Nevanam - Band IWo Geschichten leben. Entdecke jetzt