43. Kapitel

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G E O R G I E




»Hüte dich vor Miss Malveras gieriger Hand.« rief mir die alte Dame zu, die einen Laden weiter aus der Geschäftstür hervorlugte. Sie stützte sich auf einem Holzstock ab. »Die saugt dir die Geldstücke ab wie ein verfressener Ameisenbär.«

»Oh! Mir schwebte auch nicht vor, hineinzugehen.« Meine Hand, die bereits auf der Türfalle lag, strafte meinen Worten Lügen.

»Das sagen alle und schlussendlich stiefeln sie mit langen Gesichtern und leeren Hosentaschen wieder aus der Tür heraus.« Sie schnalzte missbilligend mit der Zunge. »Komm lieber in meinen Laden, Kind. Ich verspreche dir, es sind die schönsten Schmuckware, die du in ganz Minkaujin finden wirst.«

Die Schaufenster waren vollgestopft mit goldenen Statuen und Schmuck. Grosse sowie kleine Elefanten, zischende Kobras, Drachen mit ausgeweiteten Flügeln, Armbänder mit Glöckchen, Ketten an denen grosse, farbige Amulette hingen.

Mit einem letzten Blick auf das mysteriöse Geschäft mit den dunklen Vorhängen, folgte ich der alten Dame. 

»Sieh dir nur alles in der Ruhe an.« sagte sie und verschwand dann hinter der Theke. Ihr Geschäft war klein, kompakt und von oben bis unten Randvoll. In den Regalen stapelten sich eine Statue nach der anderen. Kerzen waren angezündet, es roch nach Räucherstäbchen, Rauch hing in der Luft. Teppiche hingen an den Wänden, auf denen mir unbekannte Symbole aufgestickt waren.

Meine Stiefel rollten sanft auf dem Teppich ab, während ich den kuriosen Laden durchstöberte. Ich kam an der Theke vorbei, als mir eine goldene Statue ins Auge sprang.

»Man nennt es Kadin. Es bedeutet kleiner Drache.« sagte das dunkelhaarige Mädchen hinter der Anrichte leise, als ich den Gegenstand in meiner Hand betrachtete. Die farbigen Steinchen, die seine Flügel schmückten, funkelten im Sonnenlicht, das durch die Schaufenster in den Raum drang.

»Es ist wunderhübsch.« sagte ich staunend.

Das Mädchen lächelte. »Oh ja und es bringt grosses Glück. Es heisst, der Kadin leitete jene, die sich in der Dunkelheit befinden, wieder ins Licht.«

»Hitomi, hilf mir mal mit den schweren Schachteln!«

Mit einer gemurmelten Entschuldigung verschwand das Mädchen im Hinterzimmer.

»Und, hast du dich schon entschieden?«

Beinahe hätte ich den Drachen fallen gelassen. Erschrocken fuhr ich herum. »Oh! Ich habe dich gar nicht reinkommen hören.«

Beau hatte seine Arme vor der Brust verschränkt und sein Bein an der Wand angewinkelt. Das dunkle Shirt sass ihm wie angegossen, und so wie es sich um seine Muskeln spannte, lief mir das Wasser im Munde zusammen. Nun, ich konnte durchaus nachvollziehen, was Reyna an Beau fand.

»Dachtest du tatsächlich, dass ich dich in einer fremden Stadt allein lassen würde?«

Ich schluckte den faden Nachgeschmack, den die verbitterten Gedanken hinterlassen hatten, herunter. »Ja, immerhin bin ich jetzt auch Soldatin.« Ich hatte die Prüfung heute Morgen bestanden. Beau hatte mir jede Sekunde zugeschaute und mich dann fest in die Arme genommen, als ich das Resultat erfahren hatte. Ich bin so verdammt stolz auf dich, hatte er mir ins Ohr geflüstert.

»Stimmt, das bist du.« Er liess seinen Blick langsam über mich wandern, von oben bis unten. Es war, als würde er mich streicheln. Die Besitzgier in seinen Augen hätte mich erschrecken müssen, so wie seine Blicke mich beinahe verschlangen und auszogen. Es war nicht zu übersehen, dass er mich als das Seine betrachtete. All die Unsicherheiten, die zuvor noch in mir geschlummert hatten, verpufften und ich stellte den goldverzierter und mit farbigen Steinen beklebten Drachen wieder zurück auf die Theke, als er mich mit einem Finger zu sich lockte.

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