New York ... 3 Jahre später...

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  Der Saal war ein Traum. Die vielen kleinen Lichter, an der Decke, die ihn dezent ausleuchteten, die Kerzen auf den Tischen. Das hier war nur eine Verlobungsfeier, wie würde dann die Hochzeit erst aussehen? Ich sah mich um, suchte nach einem vertrauten Gesicht.

  »Jenna?« Ich drehte mich um und blickte in die mandelförmigen Augen, nach denen ich mich eben noch umsah.

  »Ella Rhodes«, freudig nahm ich die beste Freundin meines Cousins in den Arm.

  »Gut siehst du aus.«

  »Das kann ich nur zurückgeben. Wie lange haben wir uns schon nicht mehr gesehen?« Es war bestimmt eine Ewigkeit. Zu erfahren, dass mein Cousin nun in New York lebte und bald heiraten würde, war eine große Überraschung gewesen. Das es nicht Ella war, eine weitere. Jeder von uns dachte immer, dass die beiden irgendwann heiraten würden.

  »Na ja, seit wir aufs College gegangen sind nicht mehr.« Es war nicht so, dass wir uns gut kannten. Ella und Thomas waren ein Jahr über mir gewesen und waren bereits auf dem College, als sich meine ganze Lage mit Matt verschlimmerte. 

  »Hier Babe, ein Wasser für dich.«

  »Ella, das ist Christian, Chris, das ist Ella. Eigentlich ist sie Thomas geheimer Zwilling,« stellte ich die beiden einander vor.

  »Sie übertreibt.« Ella strich sich lachend ihr seidiges dunkles Haar nach hinten. Ich mochte sie schon immer. Obwohl Ellas Start in Portland sehr schwer war und viele sie ausgrenzten.

  »Nein, sie sind eigentlich diese Kugelmenschen, von denen Platon immer redet.« Ich wusste noch, als ich Ella das erste Mal von eben diesen erzählte und sie fasziniert von diesem Gedanken war, dass es diesen einen Seelenpartner im Leben gab.

  »Dann ist Christian hoffentlich dein Kugelmensch.« sie zwinkerte mir zu und deutete an, dass wir ihr folgen sollten. »Ihr sitzt bei uns am Tisch.«

  Ein großer gutaussehender Mann erhob sich.

  »Hey, Colin Perkins.« Er reichte erst mir, dann Christian die Hand, dann stellten wir uns auch vor.

  Dafür, dass ich immer dachte, sie stände auf meinen Cousin, war Colin Perkins mal das absolute Gegenteil von ihm.

  »Freut mich. Na, dann wird das bestimmt ein lustiger Abend.«

  »Abwarten ob Aubrey einen lustigen Abend will.« Ella sprach zwar sehr leise, aber laut genug, dass ich sie verstehen konnte. Sie mochte Aubrey nicht, das war ihr anzusehen.

  »Ist sie so schlimm?«

  »Schlimmer Jenna.« Sie rollte die Augen. »Wie gefällt es euch in New York?« sie wechselte lieber das Thema.

  »Eine Freundin von uns wohnt hier, daher ist es nicht mehr ganz so überwältigend«, antwortete Christian für uns. »Aber wir hängen halt auch nur in Manhattan herum.«

  »Ach ihr solltet mal zu uns nach Brooklyn kommen. Im Gates ist es wirklich sehr schön.«

  Ich erinnerte mich daran, dass Thomas mir mal erzählte, dass Ella in einer Bar arbeitete.

  »Habt ihr euch dort kennengelernt?« ich blickte zu Colin und beide lachten auf.

  »Das hier ist nicht, was du denkst, Jen. Colin ist nur mein Nachbar.«

  »Oh...«

  »Immer noch ein Wunder, dass du in die Nachbarwohnung gezogen bist, nachdem du meine Qualitäten so schlecht fandest.«

  Ella schlug ihm gegen den Oberarm, was diesem Baumstamm von Mann nichts ausmachen konnte. Es war, als würde eine Eintagsfliege gegen ihn prallen.

  »Halt die Klappe Colin.«

  Mein Blick traf den von Christian und wir waren uns im einig.

  »Ihr wisst, aus so Sachen können echt gute Liebesgeschichten entstehen.« Er nippte an seinem Bier und blickte wieder zu mir.

  »Niemals.« kam es von beiden zeitgleich.

  Das Christian sich nicht an seinem Bier verschluckte, war alles. Wenn es einer besser wusste, dann wir. Immerhin war die Chemie zwischen ihnen kaum zu übersehen.

  »Wenn ihr das sagt.« 

  »War bei uns nicht anders.« Er legte seine Hand auf meinen Rücken und strich sanft darüber. »Und mittlerweile will ich mir ein Leben ohne diesen Quälgeist gar nicht mehr vorstellen.«

  »Selbst wenn, Beziehungen passen nicht in mein Leben.«

  Ich sah Colin fragend an. War er wie Christian früher? Nur in älter? Gab es solche Sachen auch noch nach dem College?

  »Ich bin Feuerwehrmann. Seien wir ehrlich, sein Leben mit jemanden verbringen, der tagelang auf der Wache ist und sein Leben riskiert? Für wen wäre es fair.«

  Auch wenn es plausibel klang, es gab einen Grund, warum sie wohl schon einmal miteinander im Bett gelandet und trotzdem noch so nah waren. Vielleicht musste Ella auch erst wirklich Thomas loslassen, um sich auf etwas einlassen zu können. Aber die Blicke, die sich beide immer mal wieder zuwarfen, kamen mir nur allzu bekannt vor.

  Es war ein wundervoller Abend, an dem wir viel lachten, tanzten. Auch wenn Thomas kaum Zeit für uns hatte, freute ich mich, diese mit Ella zu verbringen. Ein kleiner Ausflug in meine alte Heimat.

  Christian zog mich zu einem weiteren Tanz mit sich.

  »Geht es dir gut?« Er zog mich eng an sich, strich beruhigend mit seinen Händen über meinen Rücken.

  »In deinen Armen immer.«

  Er wusste, dass das hier ein Ausflug in meine Vergangenheit bedeutete. Auch wenn keiner von ihnen Matt erwähnen würde, war er dennoch Präsent. Er war nun mal ein Teil in diesem Lebensabschnitt gewesen.

  »Willst du all das hier auch?«

  Er wollte das nicht tun. Nicht hier, nicht heute.

  »Christian Natherson...«

  »Keine Sorge, ich dachte eher so an das Empire oder das Gillette Stadion, bei einem Spiel der Patriots. Aber stell dich darauf ein, dass ich bereit dafür bin, den Rest meines Lebens mit dir verbringen zu wollen.«

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