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Weiß der Himmel warum, aber Dale war ziemlich angepisst. Als ich am Vormittag in die Küche kam, saß er am Küchentisch und kaute verdrießlich auf den Baguetteresten vom Vorabend und einem Rührei herum. Seine Miene wurde bei meinem Anblick noch grimmiger.

„Morgen", begrüßte ich ihn zuckersüß, während ich den Wasserkocher anschmiss und mir zwei Scheiben Brot in den Toaster schob. Mom und John schienen bereits aus dem Haus zu sein, vermutlich einkaufen.

Dale schnaubte. „Und, hattest du einen guten Nachhauseweg?"

Genervt setzte ich mich ihm gegenüber. „War ganz in Ordnung, ja. Carter ist ein ziemlich netter Typ und ohne ihn hätte ich die sieben Minuten bis hierher sicherlich nie geschafft!"

Dales Kiefermuskeln zuckten. „Wir hätten zusammen gehen sollen."

„Dale, was ist dein Problem? Ich kann gut auf mich selbst aufpassen und brauche weder dich noch Carter als nächtlichen Bodyguard. Und du hattest doch eh besseres zu tun. Ich warte doch nicht rum, bis du damit fertig bist, mit deiner Exfreundin zu vög-"

„Wir haben nicht...", unterbrach mich Dale. Dann seufzte er entnervt. „Ach, vergiss es."

Er stand auf, steckte sein Geschirr schnell in die Spülmaschine und verließ, ohne mich eines weiteren Blickes zu würdigen, die Küche. Den Rest des Tages verbarrikadierte er sich in seinem Zimmer.


Am Montagmorgen wirkte Dale immer noch leicht verstimmt, aber nahm mich glücklicherweise trotzdem mit zur Schule. Beim Schwimmtraining kam Carter zu mir und warf einen bedeutungsschwangeren Blick in Dales Richtung. Dieser peitschte bereits durchs Wasser. Gut so, da konnte er sich vielleicht etwas abregen. Idiot.

„Mannoman. Dale war so richtig schlecht drauf, als ich wieder nach Hause kam, nachdem ich dich weggebracht hab", sagte Carter kopfschüttelnd. Ich verdrehte die Augen.

„Was ist sein Problem? Wenn er sich so sehr um mich sorgt, was total unnötig ist, kann er doch froh sein, dass du mich begleitet hast!"

Carter zuckte mit den Schultern. „Sollte man meinen. Er hat mich fast schon angebrüllt. Dass ich die Finger von dir lassen soll und so ein Scheiß."

Wütend sah ich zu Dale, der gerade aus dem Becken gestiegen war und sich die Schwimmbrille abgenommen hatte. Er erwiderte meinen Blick grimmig.

„Wow. Alles klar. Was glaubt er eigentlich wer er ist...", erwiderte ich ungläubig und schüttelte den Kopf. Der Coach begann das Training, bevor ich ausfallend werden konnte.

Ich wusste wirklich nicht, warum Dale wegen der Heimwegsache so genervt war. Und sicher war ich mir auch nicht, ob das überhaupt sein Problem war oder was ihm für eine Laus über die Leber gelaufen war. 

***

Coach Nick war der Meinung, meine Technik wäre an einigen Stellen etwas eingerostet und im Hinblick auf die anstehende Bezirksmeisterschaft lag mein Fokus in den nächsten Wochen daher auf der Perfektionierung meiner Schwimmbewegungen. Ich hatte beschlossen, beim Wettkampf in einer Disziplin im Freistil und einer im Brustschwimmen anzutreten.

Als der Oktober begann, teilte mir der Coach daher immer wieder Dale als Partner zu, da er als bester Schwimmer im Team natürlich auch die verschiedenen Schwimmstile in ihrer Perfektion beherrschte. Dales merkwürdige Laune hatte sich nach einigen Tagen gelegt und wieder abgeregt ging er mir wie eh und je auf die Nerven, wozu er bei unserem Partnertraining beim Schwimmen natürlich viel Gelegenheit hatte.


„Tillie, ich sage das wirklich nicht gerne, aber du musst deine Beine schließen!"

Ich verdrehte die Augen, während ich auf das Ende des Beckens zusteuerte. Dale stand am Beckenrand und grinste blöd zu mir herunter. Er war am Becken entlanggegangen, um meine Bewegungen beim Brustschwimmen zu begutachten, während ich langsam von der einen zur anderen Seite geschwommen war. Kurz vor dem Beckenrand verharrte ich im Wasser und sah ihn grimmig an.

„Das mache ich. Ich weiß wirklich nicht, wo du da einen Fehler siehst", rief ich zu ihm hoch. Ich hatte den Eindruck, dass ich eigentlich alles richtig machte und die Zeiten, die ich schwamm, waren auch ziemlich gut.

Dale überlegte kurz, setzte sich dann auf den Rand und ließ sich ins Wasser gleiten. In einer schnellen Bewegung war er bei mir und griff nach meinen Armen.

„Was machst du da?", rief ich und versuchte nicht unterzugehen, doch wir befanden uns im flachen Teil des Beckens, wo Dale stehen und mich vorm Abtauchen bewahren konnte.

„Egal wie schnell du bereits bist – wenn du die Technik nicht richtig draufhast, wirst du nie dein volles Potenzial ausschöpfen", sagte er und sah mir mit Nachdruck in die Augen. „Mach dich lang und achte richtig auf den Beinschlag."

Mit Leichtigkeit streckte er meine Arme aus und hielt sie mit festem Griff gerade. Überfordert strampelte ich vor ihm herum, klammerte mich an seinen Oberarmen fest und merkte dann, dass er tatsächlich einen ziemlich festen Stand hatte und ich nicht unterging, wenn ich meinen Körper lang ausstreckte. 

Die Beinbewegung beim Brustschwimmen war schon früher einmal mein Schwachpunkt gewesen, den ich damals aber mit viel Übung gemeistert hatte. Ich erinnerte mich noch gut an all die Stunden, in denen ich die Technik geübt hatte und verfluchte mich selbst dafür, dass ich es scheinbar in den letzten vier Jahren wieder verlernt hatte. 

Konzentriert bewegte ich meine Beine, während Dale meine Arme an Ort und Stelle hielt, über meinen Kopf hinwegsah und mir Anweisungen zur Verbesserung gab.

„Da muss man immer dranbleiben", murmelte er, „sonst vergisst der Körper wieder, wie es richtig geht."

Er folgte meinen Beinbewegungen konzentriert mit seinem Blick. Seine Lippen bewegten sich, während er lautlos die Bewegungen mitsprach. Ich riss meine Augen von seinem Gesicht, als ich merkte, wie lange ich ihn angestarrt hatte, doch seine nackte Brust schien mir auch nicht die bessere Alternative zu sein.

„Schon besser, Tillie." Dale nickte zufrieden. Dann grinste er mich plötzlich an. „Sieht gut aus dahinten. Und die Beinbewegungen gefallen mir jetzt auch besser." Anzüglich wackelte er mit den Augenbrauen.

Ich schnaubte. Augenblicklich versuchte ich mich aus seinem Griff zu winden und löste meine Hände von seinen Armen, als ich wahrnahm, wie sich seine Oberarmmuskeln anspannten. Er ließ mich los und lachte, als ich ihm eine Ladung Wasser ins Gesicht spritzte, bevor ich in Richtung des anderen Endes weit weg von ihm schwamm und meinen Beinbewegungen dabei besondere Aufmerksamkeit schenkte.


Ich musste zugeben, dass ich mit Dales Hilfe in den Trainingsstunden meine Technik stark verbessern und wieder an meinen alten Standard anpassen konnte. Auch hinterließen seine hohen Ansprüche Spuren in meiner Einstellung beim Schwimmen und spornten mich immer weiter an. 

Neben dem intensiven Schwimmtraining in den Wochen vor der Bezirksmeisterschaft Ende Oktober gab ich wirklich alles und ging so oft ich konnte eine Runde laufen, nachdem ich das die erste Zeit ziemlich vernachlässigt hatte. Dass es mittlerweile nicht mehr ganz so heiß war, machte die Sache auch etwas angenehmer. 

Während Dale morgens lief, machte ich meine Runden am Nachmittag, wenn wir kein Training hatten und ich mit den Hausaufgaben durch war. Nach einiger Zeit hatte mich die Motivation gepackt und ich freute mich teilweise wirklich auf meine Laufrunde, um den Stress des Tages abzubauen.

Auch für Dale war das Training weitestgehend das Einzige, was ihn in diesen Wochen interessierte. Er schien auch keine Partys zu besuchen oder sich für weibliche Gesellschaft zu interessieren. Einmal sah ich in der Pause, wie er an seinem Spind stand und Tiffany aufgebracht auf ihn einredete. Dale schien sich aber nicht großartig für das, was sie sagte, zu interessieren, was Tiffany nur noch wütender machte. 

Während ich mir jedenfalls am Wochenende etwas Ruhe gönnte und etwas mit John und Mom unternahm oder mit Cathy rumhing, ging Dale auch an diesen Tagen trainieren und hatte teilweise auch kein Interesse daran, mit uns zusammen zu Abend zu essen. Mit dem Kopf schien er sich immer weiter zu entfernen, umso näher der Wettkampf kam.

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