Kapitel 108 - Eine lehrreiche Reise - Teil 5

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In den folgenden Stunden wurden Bahe zwei Dinge klar. Zum Einen, welch einem Genie er gegenüber saß und zum Anderen, wie einsam man sein musste, um überhaupt erst auf die Idee zu einer derart ungewöhnlichen Fähigkeit zu kommen. Denn wie er später von Sin erfuhr, hatte sich dieser von der Chakralehre dazu inspirieren lassen. Zugegeben, die Lehre über Chakras und ihre Energiefelder war keineswegs neu und gerade in Asien überaus weit verbreitet. Ganz anders als in Europa, wo es immer noch einen esotherischen Beigeschmack hatte. Aber wer zum Henker nahm solche Theorien in einem Computerspiel zur Hand und entwickelte darauf basierend bitte schön eine eigene Fähigkeit zur Einschätzung der Gegenspieler?

Noch dazu wurde für das Ganze anscheinend ein Wahrnehmungswert benötigt, der seines gleichen suchte. Sin musste Ewigkeiten damit verbracht haben dieses Attribut zu erhöhen und bislang war Bahe nur die Meditation als anständiges Mittel zur Steigerung bekannt... Zusammen mit Sins Abneigung gegen Städte und andere Menschenansammlungen ließ dies nur den Schluss zu, dass Sin den Großteil seiner Spielzeit allein in der Natur verbrachte...

Insgesamt also kein Wunder, dass Sin diese Spieler unweit von ihnen bemerkt hatte, während Bahe sich immer noch fragte, ob er ihn vielleicht verarschte. Schließlich übte er was das Zeug hielt, konnte aber nur schwerlich Fortschritte verzeichnen. Bis zum Schluss waren Bahe in der Meditation die Auren seiner Ziele verborgen geblieben.

Sin of Birth verabschiedete sich schon einige Zeit vor Bahes Ausloggen. Scheinbar hatte er wesentlich früher mit seiner Spielsession begonnen.

So blieb Bahe mit seinen Elementaren allein in der Dunkelheit zurück. Nur er war noch wach und versuchte sich anfangs noch weiter in der Meditation, aber bei jedem kleinsten Rascheln verlor er seine Konzentration und blickte sich misstrauisch um. Durch Sins Fehlen war er wesentlich verwundbarer und bei dem Gedanken an die Spieler, von denen sie den ganzen Tag über beobachtet wurden, war ihm nicht wirklich wohl in seiner Haut. Bahe wurde zum ersten Mal bewusst wie gruselig ein Wald in der Nacht sein konnte. Er war zwar nicht völlig allein, aber da Balu und seine Elementare inzwischen schliefen, half ihre Gesellschaft auch nicht wirklich. Dabei konnte er es ihnen nicht einmal verdenken. In Anbetracht der Tatsache, dass sie sich den ganzen Tag, seit dem Wechsel des Lagerplatzes, nicht vom Fleck bewegten, hätte er sich vermutlich auch schlafen gelegt.

Bahe würde morgen mit Sin sprechen müssen. Er konnte es sich nicht länger erlauben an Ort und Stelle zu verweilen. Vielleicht war Sin of Birth ja sogar bereit, ihn eine Weile auf den Weg ins Belungagebirge zu begleiten. Auf jeden Fall wäre eine solche Reise wesentlich sicherer mit ihm an seiner Seite.

Ohne länger auf die Dunkelheit zu achten loggte er sich aus und seufzte erleichtert, als er sich im Dimensional Leap-System wiederfand.

„Auf ein Neues...", sagte er sich und stand auf, um sich auf sein Training vorzubereiten.



Drei Stunden später betrat er gerade noch rechtzeitig das Schulgelände und hastete zu seinem Klassenraum. Beim Öffnen der Tür schenkte ihm inzwischen kaum mehr jemand mehr Beachtung als üblich, bis ein aufgebrachter Schrei ihn zusammenzucken ließ.

„Baaaaaaaaahhheeeee!", schrie eine rennende, menschliche Kanonenkugel die aus Fettwülsten, Hakennase und Brille bestand. Doch der befürchtete Aufprall kam nicht, stattdessen legte sich ein dicker Arm über seinen Nacken und riss seinen Kopf herum, bis er sich Auge in Auge mit Muning wiederfand, der offensichtlich außerordentlich aufgebracht war.

„Bei den Bärten meiner Ahnen, wieso bist du gestern nicht an dein fucking Telefon gegangen?!", blaffte Muning ihm aufgeregt entgegen.

„Ähm...", überlegte Bahe sich gerade seine Antwort, als er der unnatürlichen Stille im Klassenraum gewahr wurde.

Die Legende vom Elementflüsterer - Band 3Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt