Fourty

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„Kannst die Stücke ruhig auch größer schneiden." Im letzten Moment verhindere ich, dass ich zusammenzucke und mir mit dem Messer in den Finger schneide, als Leo von hinten auf mich zu tritt und mir seinen Kopf auf die Schulter legt. Seine Haare, die er zur Abwechslung offen trägt, kitzeln mich leicht am Hals. „Die müssen nicht alle perfekt gleich groß sein", fügt er noch schmunzelnd hinzu, als er bemerkt, dass ich leicht rot werde.

„Okay, Herr Meisterkoch", grummle ich und bemühe mich nun extra, das Gemüse möglichst schief und unförmig zu zerteilen. Leo lacht nur und gibt sich mit den ungleichgroßen Stücken zufrieden.

„Dann sind wir ja schon fast fertig." Gerade als wir die Lasagne ins Backrohr schieben, klingelt es plötzlich an der Tür und sofort ist mein Körper wieder in Alarmbereitschaft. Seit Leos Schwester vor einer viertel Stunde das Haus verlassen hat, um eine Vorlesung auf der Uni zu besuchen, habe ich es endlich geschafft, mich ein wenig zu entspannen und sogar beschlossen, Leo beim Kochen zu helfen. Jetzt zuckt der braunhaarige Junge nur mit den Schultern, als ich ihn fragend ansehe, doch als er die Eingangstür öffnet, erkenne ich sofort, wer uns besuchen kommt.

„Dürfen wir stören?", höre ich Miley vorsichtig fragen und kurze Zeit später stehen sie und Rick auch schon bei uns in der Wohnküche. Der Klumpen in meinem Magen wird mit einem Mal wieder schwerer und ich schaffe es kaum, meine beste Freundin länger als ein paar Sekunden anzusehen. Als Miley mich entdeckt, presst sie sich eine Hand auf den Mund und sieht mich mit großen Augen an.

„Ach du scheiße", flüstert sie, während sie mein Gesicht betrachtet. Auch Rick macht große Augen.

„Ihr könnt euch versichern, dass es ihm gut geht, aber wenn es ihm zu viel wird, muss ich euch leider wieder rauswerfen", erklärt Leo und wirft mir einen entschuldigenden Blick zu. Obwohl ich mir sicher bin, dass Miley und Rick von ihm wissen, wo ich mich aufhalte, rechne ich es ihm hoch an, dass er bereit ist, die beiden wieder wegzuschicken, wenn ich mich für die Konfrontation noch nicht bereit fühle. Doch ich weiß, dass es irgendwann so oder so dazu kommen wird und ich weiß, dass ich einiges wiedergutzumachen habe, also nicke ich Leo leicht zu, der meine Geste richtigerweise als ein ‚Okay' deutet.

„Hey", bringe ich endlich heraus und wische mir die schmutzigen Finger an einem Küchentuch ab. Meine Stimme hört sich ungefähr so an, wie mein Gesicht aussieht: Ramponiert und wund.

„Was hat dieser Mistkerl nur gemacht?" Miley kommt langsam auf mich zu, bleibt dann jedoch in einigem Abstand wieder stehen.

Ich zucke mit den Schultern. „Eigentlich eher verwunderlich, dass das nicht schon viel früher passiert ist", sage ich und Miley sieht mich erschrocken an. „Ethan war schon immer ein Pulverfass. Er hat doch nur darauf gewartet, dass ich einen einzigen falschen Schritt mache."

Mileys Blick zeigt kurz Wut, doch dann seufzt sie nur. Eine Weile lang ist es still.

„Wollt ihr euch hinsetzen? Ihr könnt auch Lasagne haben, wenn sie fertig ist", bricht Leo das Schweigen und wir setzen uns nickend an den Küchentisch, während Leo beginnt, für uns alle aufzudecken. Noch immer fällt es mir schwer, meine beste Freundin anzusehen, doch als sie mir ein vorsichtiges Lächeln schenkt, überwinde ich endlich meine Angst.

„Es tut mir leid." So selten habe ich diese Worte in den letzten Jahren verwendet und auch ernst gemeint, doch dafür spreche ich sie jetzt umso öfter aus. „Tut mir leid, was ich gesagt habe. Ich war ein Arsch."

Wieder werden Mileys Augen größer als sie mich anstarrt und plötzlich ist es so leise, dass man eine Stecknadel hätte fallen hören. Sogar Leo hat in seinem Tun innegehalten, um den Moment nicht zu stören.

„Du wolltest mir immer helfen und ich war einfach nur egoistisch", rede ich weiter und merke, wie die Worte nur so aus mir herauspurzeln. „Tut mir auch leid, dass ich Rick beleidigt habe. Ich freue mich für euch beide. Ehrlich." Fast glaube ich schon, dass niemand meine geflüsterten Sätze verstanden hat, doch ich erkenne, dass sie gehört wurden, als Miley mit feucht glänzenden Augen aufsteht und mich in eine Umarmung zieht. Ihre braunen Locken kitzeln mich im Gesicht, ihre schmalen Hände zerquetschen mich fast, doch auch ich lege nach kurzem Zögern ebenfalls leicht meine Arme um sie und merke, wie mir selbst ein Brennen in die Augen schießt.

Falling for You ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt