> 𝗞𝗮𝗽𝗶𝘁𝗲𝗹 𝟯

9.2K 253 23
                                    

Die nächsten Tage sind wir noch mit umräumen, einräumen und aufbauen beschäftigt, sodass soweit alles an seinem richtigen Platz steht. Wir müssen nur noch einzelne neue Teile besorgen, die wir nicht aus unserem alten Haus mitgenommen haben. Also fahren Mom und Dad am Samstagnachmittag in die Stadt und besorgen sie fehlenden Teile. Wie ich Mom kenne, kauft sie wahrscheinlich noch Dekozeug dazu.
Währenddessen habe ich mich dazu entschieden, eine Runde mit meinem Fahrrad durch die Stadt zu fahren. So habe ich die Möglichkeit, durch kleine Gassen zu fahren und Abkürzungen zu nehmen, wenn ich welche finde. Außerdem bleibt mir so die Suche nach einem Parkplatz erspart und den Sonnenschein möchte ich so gut es geht genießen.

Meine Eltern haben mich vorher gefragt, ob ich nicht doch mit ihnen kommen wolle, doch ich habe abgelehnt. In dem Fall eines Streits will ich keine Partei ergreifen müssen, weil sich die beiden nicht entscheiden können, welche Lampe sie kaufen sollen.

Gleichzeitig verlassen wir das Haus. Mom und Dad fahren in die eine Richtung, während ich in die entgegengesetzte abbiege. Natürlich habe ich davor mein Handy auf 100% geladen, sodass ich, falls ich mich komplett verfahre, mithilfe von Google Maps den Weg zurück finden kann.

Ich glaube, wir wohnen in einer ruhigen Gegend, denn selbst noch einige Straßen weiter bin ich fast sie einzige auf der Straße. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass noch Ferien sind und die meisten noch im Urlaub sind.

Nach mehrmals abbiegen, komme ich irgendwann an größeren Häusern vorbei und weiß sofort, dass ich jetzt in einer Art Reichenviertel gelandet sein muss. Allein schon die großen Vorgärten wirken fast schon etwas protzig auf mich. Als Dad uns erzählte, dass wir nach Belview ziehen würden, habe ich ein bisschen im Internet recherchiert und bin dabei auf eine Privatschule gestoßen, von der ich jetzt mehr als überzeugt bin, dass es die Schule der Teenager ist, die hier wohnen. Der Grund, weshalb ich das denke ist, dass der Jahresbeitrag dieser Schule fast fünfmal so hoch ist wie der Betrag unseres neuen Hauses. Dabei wohnen wir bereits in einer recht wohlhabenden Gegend, wofür Dad gesorgt hatte.

Ich fahre an Parks vorbei und dann in die Stadt, in der zum Glück mehr los ist und die nicht so ausgestorben wirkt wie Wohngegenden. Zu finden sind auch hier die typischen kleinen Läden, Supermärkte und Cafés wie in jeder anderen Kleinstadt. Also nichts wirklich besonderes, bis ich an einem Laden vorbeikomme, der Music & More heißt und mich sofort anhalten lässt. Ich stelle mein Fahrrad in einen Ständer vor der Tür ab und schließe es mit einem Schloss ab.

Von außen scheint der Laden recht klein zu sein. Im Schaufenster kann ich verschiedene Arten von Gitarren sehen, ein Schlagzeug und Notenblätter, was mein Herz sofort höher schlagen lässt. Also trete ich ein. Eine Klingel ertönt über der Tür, als ich sie aufstoße. Sofort steigt mir ein vertrauter Geruch in die Nase und ein sanftes Lächeln breitet sich auf meinen Lippen aus. Ich lasse meinen Blick durch den Laden gleiten. Gitarren, Ukulelen, Trompeten, Keyboards und andere Instrumente stehen in jeder Ecke, in jedem Regal und an den Wänden hängt noch kleines Zubehör. Diese Stadt scheint alles zu haben, um mein Herz zu gewinnen. Ich glaube, ich könnte hier wirklich glücklich werden.

*

Als ich wieder zurückkomme, steht unser Auto bereits wieder in der Einfahrt vor Dads Firmenwagen, der bereits seit unserer Ankunft hier steht. Er hat jedoch gestern erst die Schlüssel von seinem Chef bekommen. Ich muss zugeben, dass dieser dunkelgraue Audi gar nicht mal so schlecht aussieht, obwohl er mir für unsere Verhältnisse irgendwie zu fein vorkommt.

Ich stelle mein Fahrrad in der Garage ab und gehe über die Wiese zu unserer Haustür. Vor unserer Veranda bleibe ich stehen und suche in meiner Tasche nach dem Haustürschlüssel. Als ich gefunden habe, will ich ihn gerade rausholen, als ich plötzlich eine Autotür laut zuschlagen höre. Erschrocken drehe ich mich um. Ein kleiner dunkelhaariger Junge, vielleicht acht oder neun Jahre alt, geht in das Haus nebenan. Also ist es doch kein älteres Ehepaar, sondern eine junge Familie. Gut, damit kann ich leben. Solange er nicht so eine Nervensäge wie der kleine Jim ist – unser ehemaliges Nachbarskind – komme ich damit klar. Vielleicht hat das ja auch was Gutes.

(𝗡𝗼𝘁) 𝗬𝗼𝘂 𝗔𝗴𝗮𝗶𝗻Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt