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Vorfall in Grenznähe Warschau wirft deutscher Polizei vor, Migranten in Polen ausgesetzt zu haben

Sogar Ministerpräsident Tusk schaltet sich ein: Deutsche Polizisten sollen Migranten über die Grenze nach Polen gefahren und dort zurückgelassen haben. Die Bundespolizei stellt den Vorfall ganz anders dar.
Grenzpfeiler zwischen Deutschland und Polen

Grenzpfeiler zwischen Deutschland und Polen

Foto: Patrick Pleul / dpa

Polens Grenzschutz hat der Polizei in Deutschland vorgeworfen, eine Familie von Migranten ohne Rücksprache über die Grenze gebracht und auf der polnischen Seite abgesetzt zu haben. »Die Verbringung von Ausländern nach Polen (in das Dorf Osinow Dolny) durch die deutsche Polizei erfolgte unter Verstoß gegen die Grundsätze der Zusammenarbeit zwischen den beiden Dienststellen und gegen das Überstellungsgesetz«, schrieb der Grenzschutz auf der Plattform X . »Die deutschen Behörden dürfen so eine Entscheidung nicht willkürlich treffen.«

Polens Regierungschef Donald Tusk kündigte auf X an , er wolle am Rande des informellen EU-Gipfels mit Bundeskanzler Olaf Scholz über den »inakzeptablen Vorfall« sprechen. »Der Sachverhalt muss im Detail geklärt werden.« Das polnische Innenministerium wiederum erklärte, Ressortchef Tomasz Siemoniak wolle mit seiner Amtskollegin Nancy Faeser (SPD) darüber reden. Das Bundesinnenministerium in Berlin äußerte sich auf AFP-Anfrage zunächst nicht zu den Angaben der polnischen Seite.

Polnischer Regierungschef Tusk

Polnischer Regierungschef Tusk

Foto:

Leszek Szymanski / EPA

Die Internet-Nachrichtenseite Chojna24 hatte zuvor Aufnahmen veröffentlicht, wonach ein deutscher Polizeiwagen am Freitagmorgen auf polnisches Territorium fuhr und auf einem Parkplatz in Osinow Dolny fünf Ausländer aussetzte. Bei ihnen handelt es sich offenbar um zwei Erwachsene und drei Kinder. Nach Angaben von Augenzeugen, die von dem Portal zitiert wurden, fuhr der Transporter danach sofort wieder nach Deutschland. Passanten alarmierten die polnische Polizei und den Grenzschutz, welche die Menschen versorgten.

In einer Stellungnahme der Bundespolizei hieß es dazu nach Angaben der Nachrichtenagentur dpa, im Rahmen der vorübergehend wiedereingeführten Binnengrenzkontrollen hätten die Beamten in den frühen Morgenstunden des 14. Juni bei Altmädewitz in Brandenburg eine fünfköpfige afghanische Familie gestoppt, die versucht hatte, unerlaubt einzureisen. Die Familie habe polnische Asylbescheinigungen für die Erwachsenen und polnische Heimausweise für die Kinder dabeigehabt; sie habe vor den deutschen Beamten kein Asylgesuch formuliert. Nach der Rechtslage sollte sie daher wieder nach Polen zurückgeführt werden.

Nach Angaben der Bundespolizei wurde der polnische Grenzschutz über das gemeinsame Zentrum in Swiecko informiert, dass man die Familie übergeben wolle. »Da eine Reaktion der polnischen Seite auch auf Nachfrage für mehrere Stunden ausblieb, entschieden sich die Beamten dafür, die Familie mit einer Streife an die deutsch-polnische Grenze bei Hohenwutzen zu fahren, um sie von dort nach Polen zu entlassen.«

Vorfall wird »intensiv nachbereitet«

Unterwegs klagten die Kinder der Familie demnach über Unwohlsein, weshalb die Bundespolizisten in dem Ort Osinow Dolny eine Apotheke ansteuerten, um Erste Hilfe zu ermöglichen. Da die Mutter der Kinder ihr Handy auf der Dienststelle der Bundespolizei vergessen hatte, habe man sie mit einem Streifenwagen zurück nach Brandenburg gebracht und dann wieder nach Polen zu ihrer Familie.

Der Vorfall werde mit den polnischen Kollegen »intensiv nachbereitet«, hieß es in der Stellungnahme der Bundespolizei. Der polnische Grenzschutz teilte mit, am Dienstag werde sich seine Spitze mit der Führung der Bundespolizei darüber austauschen.

sol/dpa/AFP