Devrient, Eduard

Lebensdaten
1801 – 1877
Geburtsort
Berlin
Sterbeort
Karlsruhe
Beruf/Funktion
Theaterleiter ; Dramaturg ; Schauspieler ; Historiker ; Dichter ; Regisseur ; Theaterdirektor ; Librettist ; Schriftsteller ; Sänger
Konfession
reformiert
Normdaten
GND: 118525042 | OGND | VIAF: 67256689
Namensvarianten

  • Devrient, Eduard Philipp
  • Devrient, Eduard
  • Devrient, Eduard Philipp
  • Devrient
  • Devrient, Philipp E.
  • Devrient, Philipp Eduard
  • Devrient, d. jüng.
  • Devrient, d.j.

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Zitierweise

Devrient, Eduard, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118525042.html [02.12.2024].

CC0

  • Devrient, Eduard Philipp

    Theaterleiter und Dramaturg, * 11.8.1801 Berlin, 4.10.1877 Karlsruhe.

  • Genealogie

    V Tobias Phil. (s. Einl.), S des Phil. u. der (1. Frau) Esther Charl. de Missy ( 1779);
    M Marie Charl. Prittschow, verw. Fuchs;
    Ov Ludwig s. (2); Brüder Carl (1798–1872, 1823 [ 1828] Wilhelmine Schröder [ 1860], Sängerin, T der Burgschauspielerin Sophie Schröder [ 1868], beide s. ADB XXXII), Charakterdarsteller in Hannover, Emil (1803–72), Schauspieler mit idealistischem, an P. A. Wolff geschulten Stil, bis 1828 in Leipzig, 1829-31 in Hamburg, ab 1831 am Hoftheater in Dresden;
    1824 Therese (1803–82), T des Kaufm. Simon Lewin Schlesinger;
    4 S, 1 T, u.a. Otto (1838–94), Schauspieler u. Regisseur, bekannt durch die Bearbeitung und Inszenierung von Faust I und II auf einer 3stöckigen (nach der heutigen Forschung falsch interpretierten) ma. Mysterienbühne; Neffen (Sohn des Carl u. der Wilh. Schröder) Friedrich (1827–1871), Schauspieler, (S des Carl u. der Joh. Block) Max (1858–1929), Schauspieler, der sich üb. das nach ihm benannte „Devrientfach“ eleganter Zyniker zu einem aristrokratischen Menschendarsteller hin entwickelte, Alphons (1860–99), Compagnon der Buch- u. Kunstdruckerei Giesecke u. D. in Leipzig; Enkel (Söhne des Otto) Hans (1868–1928), Germanist u. Theaterwissenschaftler, gab zeitweise das „Archiv für Theatergeschichte“ heraus, Ernst (1873–1948), Dr. phil., Historiker, förderte die wiss. Genealogie.

  • Biographie

    Neben Ludwig ist Eduard D. die für die deutsche Theatergeschichte wichtigste Persönlichkeit der Familie. Seine Laufbahn - 1819 gab er den kaufmännischen Beruf auf - begann D., der von K. F. Zelter musikalisch ausgebildet worden war, noch im gleichen Jahr als Bassist an der königlichen Oper in Berlin. Seine hervorragendste Tat als Sänger war die Organisation der ersten Aufführung der Bachschen Matthäus-Passion (11.3.1829 mit D. als Christus), die sein Freund F. Mendelssohn-Bartholdy gefunden, erkannt und dirigiert hatte. Nach einer schweren Indisposition gab D. die Tätigkeit als Sänger auf (1831) und wurde für 20 Jahre Schauspieler und Regisseur in Berlin und Dresden (1844-52 als Nachfolger L. Tiecks). Seine eigentliche Bedeutung liegt im Wirken als Theatererzieher und -historiker. Er führte in Dresden das historische Kostüm ein und bemühte sich um ein exakt durchgeführtes Probenschema (Lese- und Generalproben). Neben anderen, nicht selbständigen dramatischen Werken schrieb er das Libretto zu H. Marschners „Hans Heiling“ (1827). Um die Autorität seines Standes zu mehren und das Bildungsniveau allgemein zu heben, arbeitete er nach dem Vorbild des Pariser „Conservatoire“ für eine Schauspielerakademie als Vorstufe eines deutschen Nationaltheaters („Über Theaterschulen“, 1840, A. von Humboldt gewidmet), wobei er die Gedanken H. K. D. Ekhofs und W. H. von Dalbergs aus dem 18. Jahrhundert weiterführte und sich mit R. Gottschall und R. Wagner auf eine Stufe stellte. Die Prinzipien dieses Nationaltheaters legte er auf eine Umfrage hin 1848 dem Kultusminister Adalbert von Ladenberg vor. Seine Erkenntnis von der sittlichen und nationalen Berufung der Theaterkunst breitete D. in seiner „Geschichte der deutschen Schauspielkunst“ aus. Dieses Werk ist als Stoffsammlung auch heute noch unentbehrlich, wenn auch in vielen Einzelheiten überholt. D. beendete seine Laufbahn als Intendant in Karlsruhe (1852–1870) mit großen Aufführungs-Zyklen (1864/65 20 Shakespeare-Dramen, 1865/66 fast vollständig die deutschen Klassiker, 1866/67|einen Opernzyklus) und verdienstvollen Bemühunger um G. Freytag und Otto Ludwig.

  • Werke

    u. a. Briefe aus Paris, 1840;
    Gesch. d. dt. Schauspielkunst, 5 Bde., 1848-74, neubearb. u. bis in d. Gegenwart fortges. als Ill. Theatergesch. v. W. Stuhlfeld, 1929;
    Das Nat.theater d. neuen Dtld, 1849;
    Das Passionsspiel in Oberammergau, 1851;
    Meine Erinnerungen an F. Mendelssohn-Bartholdy u. s. Briefe an mich, 1869;
    Briefwechsel zw. G. Freytag u. E. D., hrsg. v. Hans Devrient, in: Westermanns Mhh., Okt./Nov. 1901;
    Briefwechsel zw. E. u. Th. D., hrsg. v. Hans Devrient, 1910 (P);
    Briefwechsel zw. E. D. u. J. Rietz, hrsg. v. P. A. Merbach, in: Archiv f. Musikwiss. 3, 1921. - Zu E Hans: s. Kürschner, Gel.-Kal. 1926;
    zu Ernst: s. DW.

  • Literatur

    H. H. Houben, E. D., 1903;
    H. Devrient, Alb. Lindner u. E. D., in: Euphorion XI, 1, 2, 1904;
    ders., Brachvogels Narziß u. E. D., 1918;
    K. K. Goldschmidt, E. D.s Bühnenreform am Karlsruher Hoftheater, in: Theatergesch. F, Bd. 32, 1921;
    F. Rein, E. D. als Oberregisseur in Dresden, Diss. Erlangen 1930;
    H. Eulenberg, E. D., in: Der Guckkasten, 1948;
    K. Reinhold, E. D.s Gesch. d. dt. Schauspielkunst, Diss. Berlin 1949;
    Kosch, Theater-Lex. (W, L). - Zu S Otto:
    A. Rathje, Otto D.s Stellung in d. Theatergesch., Diss. Kiel 1933 (ungedr.); zu N Max:
    A. Graf, Max D., Diss. Wien 1950 (ungedr.); zu E Ernst:
    F. v. Klocke, in: Fam. u. Volk 4, 1955, S. 86-89 (W, L).

  • Autor/in

    Karl Richter
  • Zitierweise

    Richter, Karl, "Devrient, Eduard" in: Neue Deutsche Biographie 3 (1957), S. 626-627 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118525042.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Devrient, Philipp Eduard

  • Biographie

    Devrient: Philipp Eduard D., geboren zu Berlin am 11. August 1801, war der dritte Sohn des Berliner Kaufmanns Philipp D. und wurde, wie seine beiden Brüder Karl und Emil, im Geschäfte seines Vaters für den kaufmännischen Beruf vorgebildet. Aber die durch den Ruhm seines Onkels Ludwig D. genährte Begeisterung für den Schauspielerberuf trieb ihn ebenso wie seine beiden Brüder trotz des heftigen Widerstandes seiner Eltern zum Theater. Kaum 18 Jahre alt, trat er im J. 1819 als Baritonist in den Verband der kgl. Oper in Berlin ein. Im J. 1834 ging er ganz zum Schauspiel über, und im J. 1844 wurde er als Regisseur an das Dresdner Hoftheater berufen. Seine Dresdner Anfänge übertrafen seine Erwartungen. Er wurde der Führer und Berather der jüngeren Schauspieler und fand mit seinen auf die Herstellung eines geregelten Ensemblespiels gerichteten Bestrebungen bei dem Damenpersonal, namentlich bei Marie Bayer und Franziska Berg, Beifall und Unterstützung. Nur die Matadore der Dresdener Bühne wollten von seinem Einfluß nichts wissen. Den größten Widerstand leistete sein Bruder Emil, der das Sonderinteresse des modernen Virtuosen vertrat, während Eduard verpflichtet war, das Gesammtinteresse zu wahren. So kam es zum Kampf zwischen den beiden Brüdern, der damit endete, daß Eduard im Februar 1846 den Regisseurposten aufgab und sich auf seine Schauspielerthätigkeit und das ihm aufgedrungene nominelle Amt eines dramaturgischen Beirathes des Theaters zurückzog. Er spielte Charakterrollen wie den Nathan, Menenius, Erbförster, Vetter, Riccaut u. a. m. Im J. 1852 ernannte ihn der Regent Friedrich von Baden zum Leiter des Karlsruher Hoftheaters, dem er volle 18 Jahre lang mit großer Treue und unter dem nie fehlenden Schutze des Großherzogs vorstand. Es gelang ihm, die arg verwahrloste Karlsruher Bühne zu reorganisiren und in kurzer Zeit eine Einheitlichkeit des Geistes in die Vorstellungen zu bringen, die nur durch sein Geschick und durch seine alle Virtuosengelüste ausschließenden Grundsätze möglich war. Nachdem er im J. 1869 das 50jährige Jubiläum seines künstlerischen Wirkens begangen hatte, trat er 1870 in den Ruhestand. Er starb in Karlsruhe am 4. October 1877. — Als darstellender Künstler lange nicht so genial wie seine beiden Brüder und auch von zahlreichen anderen Genossen übertroffen, hat er sich vorzüglich durch seine dramaturgischen Schriften einen Namen gemacht, dessen guter Klang ihn überlebt hat und noch lange überleben wird. Seine „Geschichte der deutschen Schauspielkunst“, die in den Jahren 1848—74 in fünf Bänden erschien, ist ein heute noch unübertroffenes, durch vornehme Gesinnung, seltene Fachkenntnisse und umsichtige Forschung ausgezeichnetes Werk, das freilich heute dringend einer Revision bedarf, obwohl es erstaunlich ist, was D. bei dem damaligen Stand des theatergeschichtlichen Wissens geleistet hat. Weniger bedeutend erscheinen seine eigenen poetischen Versuche. Seine Stellung bei der Oper veranlaßte ihn zunächst, sich als Operndichter zu bethätigen. Er schrieb den durch Marschner's Musik berühmt gewordenen Text zu „Hans Heiling" auf Grund deutsch-böhmischer Volkssagen (1827) und die zwei völlig in Vergessenheit gerathenen Opern: „Die Kirmeß" (1831) und „Der Zigeuner" (1832). Später ging er zum Drama über. Schon im J. 1833 erschien „Das graue Männlein. Schauspiel in 5 Acten" und im J. 1835 folgte das Lustspiel: „Die Gunst des Augenblicks", 1837 „Die Verirrungen. Ein bürgerliches Schauspiel", 1839 „Der Fabrikant. Schauspiel in 3 Acten" und 1841 „Treue Liebe. Schauspiel in 5 Acten“. Sein dramatisches Talent erhebt sich in diesem letzten Stück zu poetischer Höhe, doch haben alle seine Dichtungen nicht innere Kraft genug besessen, um nicht der Vergessenheit anheimzufallen. Unter seinen übrigen Schriften sind noch zu erwähnen die programmatischen Beiträge „über Theaterschule“ (Berlin 1840)|und „Das Nationaltheater des neuen Deutschland“ (Leipzig 1849). Der Besuch des Passionsspieles in Oberammergau regte ihn zu einer Würdigung des Unternehmens an (Leipzig 1851). Schließlich sind noch zu erwähnen: „Meine Erinnerungen an Felix Mendelssohn-Bartholdy“ (Leipzig 1869), mit dem er namentlich in seiner Jugend viel verkehrt und Jahre lang in Briefwechsel gestanden hatte. In den letzten Jahren seines Lebens vereinigte er sich mit seinem Sohne Otto zur Bearbeitung und Herausgabe eines „Deutschen Bühnen- und Familien-Shakespeare“, von welchem sechs Bände erschienen sind.

  • Literatur

    Heinrich Kurz, Geschichte der deutschen Litteratur. Leipzig 1872. 4. Bd., S. 542—545. — Ed. Devrient, Geschichte der deutschen Schauspielkunst. Leipzig 1874. 5. Bd. (Register). —
    Illustrirte Zeitung. Leipzig 1853. Bd. XX, S. 323—324. 1869 Bd. LII, S. 25/6. 1887 Bd. LXIX, S. 343—346. —
    Die Neue Welt. Leipzig 1879. Bd. IV, S. 581. 588. 600. 601. —
    Deutscher Bühnen-Almanach. 42. Jahrg. Herausg. von A. Entsch. Berlin 1878, S. 122—125. —
    Almanach der Genossenschaft Deutscher Bühnen-Angehöriger. Herausg. von G. Gettke. 7. Jahrg. 1879. Berlin o. J. S. 128/9. — Friedrich Haase, Was ich erlebte. 1846—96. Berlin, Leipzig, Wien, Stuttgart o. J. S. 47. — Eugen Kilian, Beiträge zur Geschichte des Karlsruher Hoftheaters unter Eduard Devrient. Karlsruhe 1893.

  • Autor/in

    H. A. Lier.
  • Zitierweise

    Lier, Hermann Arthur, "Devrient, Eduard" in: Allgemeine Deutsche Biographie 47 (1903), S. 669-670 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118525042.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA