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Bundesamt für Naturschutz

Floristische Kartierung

Die Flora umfasst die Vielfalt der Pflanzen, die nach den Gesichtspunkten der botanischen Taxonomie und Systematik beschrieben und gegliedert wird. Sie wird als Auflistung der Pflanzensippen (Taxa) einer Region dargestellt und drückt deren phylogenetisch und biogeographisch entstandenen Artenreichtum und das genetische Entwicklungspotential der Pflanzenwelt aus. Sie repräsentiert zugleich das Angebot an Pflanzensippen (Taxa) einer Region, aus dem sich die Vegetation zusammensetzt.
Erfassung eines Pflanzenvorkommens mit der Deutschlandflora Kartierungs-App
Mit der Deutschlandflora Kartierungs-App kann das Vorkommen einer Art im Gelände mit GPS-Koordinaten erfasst und in das Portal der Deutschlandflora (https://deutschlandflora.de/dflor) eingespeist werden.

Florenkartierung

Unter der Bezeichnung Florenkartierung oder auch floristische Kartierung findet in Deutschland die flächendeckende Inventarisierung, Bestandserhebung und Kartierung der Gefäßpflanzen (Tracheophyta, Farn- und Samenpflanzen) statt. Die erhobenen Daten werden am Bundesamt für Naturschutz in einer Datenbank „FlorKart“ zusammengeführt und im Fachportal „FloraWeb“ zusammen mit Steckbrief-Informationen zu Taxonomie, Gefährdung, Biologie und Ökologie als online-Flora öffentlich zugänglich gemacht.

Die Kartierungen anderer Pflanzengruppen laufen unter den entsprechenden Bezeichnungen (z.B. Kartierung der Moose, Kartierung der Armleuchteralgen). Die Kartierungen bei den taxonomisch als eigenes Organismenreich geltenden Pilzen werden analog, z.B. als Kartierung der Großpilze, Kartierung der Flechten etc. bezeichnet und man spricht von der Moosflora, Pilzflora oder Flechtenflora einer Region.

Grundlage der Erfassung und Beschreibung der Flora Deutschlands ist die fortlaufende, flächendeckende und vollständige Kartierung aller in Deutschland wild wachsenden Pflanzensippen (Taxa). Diese Mammutaufgabe wurde und kann auch zukünftig nur mit einer breiten ehrenamtlichen Beteiligung von regionalen Artenkenner*innen sowie taxonomischen Spezialist*innen für kartierungskritische, schwer bestimmbare Artengruppen bewältigt werden. Ehrenamtlich organisierte Kartiergruppen oder Vereine tragen die floristische Erforschung und Kartierung größerer Regionen oder auch ganzer Bundesländer, meist mit dem Ziel der Publikation eines Florenwerkes mit Informationen zum Inventar, der Verbreitung und Bestandssituation aller Pflanzensippen der Region. Diese ehrenamtliche Arbeit liefert unverzichtbare Datengrundlagen sowohl für wissenschaftliche Fragestellungen (z.B. Arealkunde, Klimawandel) als auch für behördliche Naturschutzaufgaben von Bund und Ländern (z.B. Erstellung Roter Listen, Zielarten für Schutz- und Management-Maßnahmen).

Die floristische Kartierung in Deutschland ist mit der Erstellung von Florenwerken und Verbreitungsatlanten noch lange nicht abgeschlossen (Bundesamt für Naturschutz 2020). Vielmehr soll die Datenerfassung ständig fortgeführt werden, da sie zahlreiche Ziele verfolgt und vielfältige Auswertungsmöglichkeiten in sich birgt. Neben der Feststellung der Areale von Pflanzen und deren Gesamtverbreitung in Europa helfen floristische Daten bei der Ursachenforschung für Veränderungen der Pflanzenareale (ökologische Faktoren, Klima, Bodenfaktoren, Ausbreitungsbiologie), unterstützen florengeschichtliche Analysen sowie systematische und taxonomische Untersuchungen. Aktuelle Bedeutung kommt der floristischen Kartierung für die Erfassung und Dokumentation der Auswirkungen des globalen Klimawandels und Validierung der vorhergesagten Arealverschiebungen zu (Pompe et al. 2011).

Für die Bewertung von Seltenheit und Gefährdung von Pflanzenarten und der Ermittlung der Verantwortlichkeit Deutschlands im Rahmen der Erstellung der Roten Listen (Metzing et al. 2018) sind floristische Kartierungen unersetzbar. Das seit 2019 im Auftrag des BfN agierende Rote-Liste-Zentrum wird daher in den kommenden Jahren einen weiteren Durchgang der bundesweiten Zusammenführung neuer, seit der Publikation des Verbreitungsatlas erhobener Florenkartierungsdaten initiieren und damit einen neuen Zeitschnitt für die Analyse der Bestandsentwicklungstrends verfügbar machen.

Die Florenkartierung in Deutschland wurde in den 1960er Jahren im Rahmen einer von der Universität Wien aus propagierten und von dort aus international koordinierten Mitteleuropa-Kartierung (Ehrendorfer & Hamann 1965) sowohl in der ehemaligen BRD als auch ehemaligen DDR eingeführt. Für ihre flächendeckende Koordination wurden an den Universitäten Göttingen (BRD) (später Bochum und Regensburg) und Halle (DDR) zentrale Koordinationsstellen eingerichtet (Ellenberg et al. 1968). Wesentliche Aufgabe war jeweils, einen flächendeckenden, ehrenamtlich getragenen Kartierungsprozess zu initiieren, diesen methodisch zu standardisieren (Haeupler 1976) und die Ergebnisse der regionalen Erhebungen zentral zusammenzuführen. Ziel war jeweils, die Verbreitung der Pflanzensippen in einheitlichen Verbreitungskarten darzustellen. In der BRD wurden für die Organisation der regional und ehrenamtlich tätigen Kartiergruppen sog. Regionalstellen der Florenkartierung eingerichtet. Mit der Wiedervereinigung wurde eine einzige deutsche „Zentralstelle für die floristische Kartierung Deutschlands“ mit den Bereichen Nord (an der Universität Bochum), Süd (Universität Regensburg) und Ost (Universität Halle) geschaffen.

Die Regionalstellenstruktur wurde in den 1990er Jahren zunehmend durch regionale Projekte und die Aktivitäten von Länderfachbehörden abgelöst. Das Bundesamt für Naturschutz (BfN), bis 1993 noch als Bundesforschungsanstalt für Naturschutz und Landschaftsökologie (BFANL), fördert seit Ende der 1980er Jahre die einschlägigen Aktivitäten zur Florenkartierung mit Forschungsmitteln aus dem UFOPLAN des BMU. Wesentliche Ergebnisse der 1990er Jahre waren der Aufbau der zentralen Datenbank FlorKart am BfN (May 1990) mit den zusammengeführten Daten aus den Regionalstellen und einigen Länderfachbehörden, die Fortschreibung methodischer und inhaltlicher Standards sowie die Bereitstellung von Software für die Erfassung und Weitergabe von Kartierungsdaten, die Kartierer*innen und Regionalprojekten zur freien Nutzung zur Verfügung gestellt wurde (May 1994a, 1994b).

Vor dem Hintergrund des wachsenden Interesses an der Auswertung der Bestands- und Verbreitungsdaten der Florenkartierung für den Naturschutz, für wissenschaftliche Forschung und flächenbezogene Planungen, versuchte man Anfang der 2000er Jahre in die Zentralstelle Disziplinen einzubeziehen, die für die wissenschaftliche und naturschutzbezogene Auswertung bzw. Anwendung der Kartierungsergebnisse besonders relevant sind. Dazu wurde 2006 der Verein „Netzwerk Phytodiversität Deutschland“ (NetPhyD) gegründet. Darin wurde als Ersatz der alten Zentralstelle die neue Koordinationsstelle Florenkartierung eingerichtet und neue Bereiche wie Vegetationsdatenbanken (FH Freising-Weihenstephan), Biologie und Ökologie der Pflanzenarten (Uni Regensburg, Uni Oldenburg, UFZ Leipzig-Halle) oder Arealkunde (Uni Halle) integriert.

Eine elektronische Datenverarbeitung wurde bereits zu einem sehr frühen Zeitpunkt in einem von der DFG geförderten Forschungsprojekt Ende der 1970er Jahre mit einer zentralen Datenerfassung an einem Großrechner an der Universität Ulm eingeführt. Seinen Abschluss fand dies in der Publikation des ersten Verbreitungsatlas der damaligen Bundesrepublik Deutschland (Haeupler & Schönfelder 1988). Der Datenbestand wurde 1988 in ein relationales Datenbanksystem (Oracle) an der damaligen BFANL (heute BfN) überführt und bildete den Grundstock für den Aufbau der Datenbank „FlorKart“ (Fink & Kleifges 1990). Von 1989 bis 1997 erfolgte mit Fördermitteln aus dem „Umweltforschungsplan“ des 1986 eingerichteten BMU unter der Projektbezeichnung „Datenbank Gefäßpflanzen“ der weitere inhaltliche Ausbau der zentralen Datenbank FlorKart. Begleitend zum Ausbau der zentralen Datenbank wurde im Projekt eine Kartierungssoftware mit der Bezeichnung „FlorEin“ entwickelt, die mit der zunehmenden Verbreitung von PC’s allen Kartierenden und regionalen Kartierungprojekten kostenlos zur Verfügung gestellt wurde (May & Subal 1992). Damit konnten Kartierende ihre eigenen Datenbanken aufbauen, auswerten und damit auch die erforderliche Fehlerkontrolle bereits auf der untersten Ebene durchführen. Die regionale Zusammenführung und zweite Ebene der Fehlerkontrolle und Datenharmonisierung erfolgte dann auf Ebene der Regionalstellen oder Landesbehörden. Mit der Einführung von FlorEin wurden auch methodische und inhaltliche Standards weiterentwickelt und als obligatorische Datenbankinhalte festgeschrieben (Taxonomie, Raumbezug, Quellenbezug, Zeitbezug, Vorkommensstatus).

Die zentrale FlorKart Datenbank wird kontinuierlich am BfN weiter ausgebaut und ist von dem Ursprungsbestand von rund 2 Millionen auf inzwischen rund 30 Millionen Datensätze (Einzelangaben) angewachsen. Die erhobenen Daten werden im Fachportal „FloraWeb“ zusammen mit Steckbrief-Informationen zu Taxonomie, Gefährdung, Biologie und Ökologie als online-Flora öffentlich zugänglich gemacht.

Die in den 1990er Jahren entwickelte, auf dem Betriebssystem DOS basierende Kartierungssoftware FlorEin wurde in vielen Projekten noch lange Jahre nach der Ablösung von DOS durch Microsoft Windows genutzt. Um jedoch auch ein modernes, unter Windows laufendes Kartiersystem bereitstellen zu können, wurde in mehreren Einzelprojekten ein in England entwickeltes System mit der Bezeichnung „Recorder“ übernommen und für die Anwendung in Deutschland inhaltlich und technisch angepasst. Das System steht unter der Adresse recorder-d.de kostenlos zur Verfügung. Es enthält Referenzlisten für Farn- und Samenpflanzen, Moose, Flechten, Armleuchteralgen sowie für verschiedene Tiergruppen, wie Libellen, Amphibien/Reptilien, Tagfalter, Heuschrecken und Schwebfliegen und kann damit auch für deren Kartierung verwendet werden.

In einem FuE-Projekt aus dem Umweltforschungsplan des BMU mit der Kurzbezeichnung „Pflanzenverbreitung im Klimawandel“ wurde erstmals eine online-Plattform für die Visualisierung und Korrektur der zusammengeführten Verbreitungsdaten entwickelt. Hier konnten sich gleichzeitig regionale Florenkenner*innen und Expert*innen für einzelne Artengruppen an der Korrektur und Ergänzung der Datenbasis auf Grundlage der dargestellten Verbreitungskarten beteiligen. Gemeinsames Ziel dieses Prozesses war die 2013 erfolgte Publikation des ersten Verbreitungsatlas für ganz Deutschland (Bundesamt für Naturschutz & Netzwerk Phytodiversität Deutschlands 2013). Die erkannten Vorteile der hier erstmals praktizierten internetbasierten Arbeitsweise führten zum Bedarf an einer Verstetigung und funktionalen Erweiterung, dem in einem Folgeprojekt „Deutschlandflora 2.0“ Rechnung getragen wurde. Für die Realisierung erfolgte ein komplettes Redesign der Systemarchitektur auf Basis des quelloffenen englischen Softwarepaketes „INDICIA“, das auf dem gleichen Datenmodell wie die Recorder-D-Software beruht. Dessen Einsatzmöglichkeiten gehen über die ursprünglich formulierten Bedürfnisse hinaus und ermöglichen die Anwendbarkeit für beliebige Organismengruppen und die Erstellung gruppenspezifisch gestalteter Portale.

Für die Farn- und Samenflanzen wird NetPhyD dieses verbesserte System mit dem bundesweiten Portal unter deutschlandflora.de als zukunftsfähige Integrationsplattform für die bundesweite Erhebung, Zusammenführung und Darstellung von Daten zu Vorkommen und Verbreitung nutzen. Die darin zusammengeführten Verbreitungsdaten werden – abhängig von einer erfolgten Freigabe durch die Kartierer*innen oder Kartiergruppen – räumlich aggregiert auf Quadranten von Messtischblättern (TK25) dem BfN zur Verfügung gestellt. Damit wird eine fortlaufende und dauerhafte Aktualisierung der zentralen Datenbank FlorKart sowie der über FloraWeb daraus öffentlich bereitgestellten Verbreitungsdaten ermöglicht.

Nach 1997 erfolgten in kleinerem Umfang die Durchführung der bundesweiten Datenharmonisierung und Korrektur der Status-Einstufungen in der Datenbank FlorKart. Ergänzend dazu und in Synergie mit der Beteiligung des BfN am Aufbau des Bundesinformationssystems Genetische Ressourcen (BIG) und am inzwischen wieder eingestellten Bund-Länder-Projekt Portal U wurde der Aufbau von FloraWeb als internetbasiertes Informationsangebot zu Pflanzen und Vegetation in Deutschland gefördert. Mit FloraWeb und dem darin integrierten dynamischen Kartendienst zur Erzeugung von Verbreitungskarten aus der Datenbank FlorKart wurde der Bestand an Daten für einen Deutschen Verbreitungsatlas im Messtischblattraster öffentlich und frei zugänglich gemacht. FloraWeb ist seit dem Jahr 2000 online und ist eine dynamisch aus Datenbankinhalten erzeugte Web-Flora mit einem breiten Spektrum an Informationen zu Verbreitung, Areal, Gefährdung, Schutz, Taxonomie und Nomenklatur, Biologie und Ökologie der in Deutschland in der freien Natur (wild) wachsenden Farn- und Samenpflanzen. Seit einem Redesign der Weboberfläche Mitte der 2000er Jahre erfolgt kontinuierlich eine Fortschreibung der bestehenden Inhalte. In einem Forschungs- und Entwicklungsvorhaben „FloraWebPlus“ mit Laufzeit bis Ende 2022 wird unter anderem ein neuer Bereich mit bebilderten Bestimmungsschlüsseln auf Basis der „Rothmaler-Exkursionsflora von Deutschland“ sowie einem virtuellen Herbarium mit eingescannten Referenzbelegen der in Deutschland vorkommenden Gefäßpflanzentaxa aufgebaut.

Die Ergebnisse der ersten landesweiten Florenkartierungen wurden Ende der 1980er Jahre und Mitte der 1990er Jahre jeweils in eigenen Verbreitungsatlanten für das ehemalige Staatsgebiet der alten BRD (Haeupler & Schönfelder 1988) sowie für die neuen Bundesländer (Benkert et al. 1996) gedruckt. Basierend auf den in der ersten Förderphase von 1989 bis 1997 für ganz Deutschland in der Datenbank FlorKart kompilierten Daten wurde von 2008 bis 2013 der Verein NetPhyD mit der Aktualisierung der Datenbank um die seither neu hinzugekommenen Kartierungsdaten beauftragt, so dass unter der Herausgeberschaft von BfN und NetPhyD 2013 der erste Verbreitungsatlas für das wiedervereinigte Deutschland gedruckt werden konnte (Bundesamt für Naturschutz & Netzwerk Phytodiversität Deutschlands 2013).

Parallel zum Aufbau der Datenbank FlorKart mit den Daten der Floristischen Kartierung Deutschlands sowie zur Entwicklung und inhaltlichen Ausgestaltung des online-Portals FloraWeb zur Flora Deutschlands trugen einige wichtige, von BfN geförderte Begleitprojekte bei, deren Ergebnisse eigenständig publiziert wurden. Zu nennen sind vor allem die Standardliste der Gefäßpflanzen (Wisskirchen & Haeupler 1998) und deren Fortschreibung mit der Liste der Gefäßpflanzen Deutschlands. Florensynopse und Synonyme (Buttler et al. 2018) sowie der Bildatlas der Farn- und Blütenpflanzen Deutschlands (Haeupler & Muer 2000). Wesentliche Daten zu biologischen und ökologischen Eigenschaften wurden im Projekt „BiolFlor“ erarbeitet und als Band 38 der Schriftenreihe für Vegetationskunde (Klotz et al. 2002) sowie als online-Datenbank des UFZ Helmholtz Zentrum für Umweltforschung publiziert.

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