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EU-Agrarpolitik

EU-Parlament beschließt Mini-Agrarreform - GLÖZ gelockert

Norbert Lehmann, agrarheute Redakteur
Norbert Lehmann, agrarheute
am Mittwoch, 24.04.2024 - 19:51

Die Pflichtbrache ist Geschichte. Die GLÖZ-Standards werden vereinfacht. Kleinstbetriebe bis 10 Hektar sind von Kontrollen und Sanktionen ausgenommen. Das hat das EU-Parlament beschlossen.

Ein Landwirt steht in einem Getreidefeld und freut sich

Erwartungsgemäß hat das Europaparlament heute Abend (24.4.) einer Reihe von deutlichen Vereinfachungen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) zugestimmt. Für die Anpassungen an der Strategieplanverordnung sowie der horizontalen Verordnung der aktuellen EU-Agrarreform votierten 425 Europaabgeordnete. Gegen die auch als „Mini-Reform“ bezeichneten Änderungen stimmten nur 130 Parlamentarier bei 33 Enthaltungen. 

Damit die Regelungen nun zeitnah in Kraft treten können, muss noch der Rat endgültig zustimmen. Dies gilt allerdings als reine Formsache. Im März hatten die EU-Agrarminister bereits einstimmig für ein Eilverfahren des Gesetzgebungsprozesses votiert. Selbst Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir hatte sich trotz einer deutschen Protestnote einem Verfahren ohne Änderungsanträge angeschlossen.

Verpflichtende Stilllegung entfällt dauerhaft

Konkret haben die Änderungen mehr Flexibilität zum Ziel. Vorgesehen sind aber auch deutliche Abstriche bei den Konditionalitätsvorgaben in der GAP. So soll der Standard GLÖZ 8 für eine verpflichtende Stilllegung weitgehend gestrichen werden. Der Schutz bestehender Landschaftsmerkmale wird allerdings beibehalten. 

Stattdessen sollen die Mitgliedstaaten Öko-Regelungen einführen, um den Landwirten einen Anreiz zur Stilllegung zu bieten. In Deutschland ist ein entsprechendes Eco-Scheme bereits in Kraft.

Auch flexiblere Fruchtfolgeregeln

Zudem dürfen die Mitgliedstaaten den Landwirten spezifische Ausnahmen beim Schutz vor Erosion (GLÖZ 5), bei der Mindestbodenbedeckung (GLÖZ 6) und bei der Fruchtfolge (GLÖZ 7) zugestehen. Dies soll vor allem dann möglich sein, wenn Anforderungen ihren Zielen zuwiderlaufen. 

Als Begründung wird auf agronomische Besonderheiten bestimmter Bodentypen verwiesen. Bei GLÖZ 9 zu umweltsensiblem Dauergrünland darf das bestehende Umbruchverbot gelockert werden. 

Beispielsweise ist geplant, das Pflügen zur Wiederherstellung von Dauergrünland in Natura-2000-Gebieten zu erlauben. Dies soll dann möglich sein, wenn die Flächen durch Raubtiere oder invasive Arten geschädigt werden.

Nationale Strategiepläne müssten angepasst werden

Diese Ausnahmen bei den GLÖZ-Standards können für den gesamten GAP-Zeitraum in den nationalen strategischen Plänen festgelegt werden. Die EU-Kommission hatte allerdings bereits im März darauf hingewiesen, dass die Ausnahmen „flächenmäßig begrenzt“ und nur dann eingeführt werden sollten, wenn sie sich als notwendig erweisen würden. 

Ziel sei es, spezifische Probleme zu lösen. Die Umweltstandards würden nicht abgesenkt. Die angepassten Auflagen sollen bereits für das Antragsjahr 2024 gelten.

Mehr Härtefallregelungen bei Witterungsextremen

In Fällen, in denen extrem ungünstige Witterungsbedingungen die Landwirte daran hindern, ordnungsgemäß zu arbeiten und die GLÖZ-Anforderungen zu erfüllen, wird es Härtefallregelungen geben. So sollen die Mitgliedstaaten dann weitere vorübergehende Ausnahmeregelungen umsetzen dürfen. Diese sollten nach Maßgabe der Kommission aber zeitlich klar begrenzt sein und nur für die betroffenen Betriebe gelten. 

Darüber hinaus werden landwirtschaftliche Betriebe mit einer Fläche von maximal 10 Hektar in Zukunft von Kontrollen und damit auch von Sanktionen bei Verstößen gegen die Konditionalitätsregelungen ausgenommen.

Lins sieht deutlichen Bürokratieabbau für die Landwirte

Der Vorsitzende des Landwirtschaftsausschusses im EU-Parlament, der CDU-Politiker Norbert Lins, nannte die Entscheidung des Parlaments einen großen Erfolg für die europäische Landwirtschaft. Die Stilllegungsverpflichtung bis Ende 2027 aufzuheben, sei im Hinblick auf den Ukrainekrieg und die weltweite Ernährungssicherheit überfällig gewesen. 

Bei den Konditionalitätsstandards zum Fruchtwechsel, zur Mindestbodenbedeckung und zum Erosionsschutz gebe es massive Flexibilität für die Mitgliedstaaten. Dies stelle eine erhebliche Bürokratie-Erleichterung für unsere Bäuerinnen und Bauern dar. 

Lins forderte Bundeslandwirtschaftsminister Özdemir auf, die heutigen Beschlüsse in Deutschland 1:1 umzusetzen. Es geht um die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Landwirtschaft.

DBV: Bundesregierung muss Entlastung jetzt umsetzen

Auch der Deutsche Bauernverband (DBV) begrüßte die Entscheidung im EU-Parlament. „Die EU-Abgeordneten haben mit ihrem heutigen Votum gezeigt, dass sie die zentralen Anliegen der europäischen und deutschen Landwirte für mehr Bürokratieabbau, Entlastung und Praxistauglichkeit bei der Umsetzung der EU-Agrarförderung unterstützen“, stellte DBV-Präsident Joachim Rukwied fest. 

Jetzt sei die Bundesregierung nachdrücklich aufgefordert, die verbesserten Rahmenbedingungen in Deutschland praxistauglich und uneingeschränkt umzusetzen.

Mit Material von AgE, EP, CDU, DBV