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Ueber Touage auf der Loire

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
Autor: J. Fölsche
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Titel: Ueber Touage auf der Loire
Untertitel:
aus: Wochenblatt des Architektenvereins zu Berlin
Herausgeber: Architektenverein zu Berlin
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1867
Verlag: Kommissionsverlag von Carl Beelitz
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Erscheinungsort: Berlin
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Quelle: Google, Kopie auf Commons
Kurzbeschreibung:
siehe auch: Tauerei
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[182]
Ueber Touage auf der Loire.

Die Zeitschrift „Génie industriel“ bringt in ihrem Dez.-Hft. einen Aufsatz über Toueurs auf der Loire, die nicht allein zum Treideln der Fahrzeuge sondern auch zur Schiffbarmachung des Flusses verwendet werden sollen. Die Loire, einer der schönsten Ströme Frankreichs, ist gewöhnlich nur 90 Tage im Jahre schiffbar. Von der Quelle bis zur Mündung hat sich der Boden des Flusses mit Sand gefüllt, der das Bett auf einer grossen Länge bedeckt. Dieser Zustand ist eingetreten, seitdem die Berge entwaldet sind, denn seit dieser Zeit ist die Loire während der Fluth reissend und im Sommer trocken. Zwar beschäftigt sich das französische[WS 1] Gouvernement mit der Kultur der Wälder, aber bis zur Wiederbewaldung der Berge wird der alte Zustand bleiben. Man hat mancherlei Studien gemacht, um die Schiffahrt [183] zu heben, aber schliesslich kein anderes Auskunftsmittel gefunden, als den Fluss sich selbst zu überlassen und an die Herstellung eines Seitenkanals von Orleans bis Nantes zu denken. Bis zur Ausführung dieses grossartigen Projektes muss man sich in die Vernachlässigung des Flusses fügen, der oft während 6 Monaten die Schiffe auf dem Sande festhält. Unbestreitbar leiden bei diesem Zustande die Interessen des Handels, der Industrie und des Staates, da die Loire eine Hauptwasserstrasse ist, welche das Innere von Frankreich mit dem Meere verbindet. — Herr Maire aus Tours glaubt, dass er die Korrektion des Flusses durch eine von ihm erfundene Maschine, in Verbindung mit den Toueurs leichter erreichen kann, als durch Buhnen und Parallelwerke. Man wendet schon seit langer Zeit an seichten Stellen Rechen an, welche von Menschen durch den Sand gezogen werden und das Flussbett für die Schiffe frei machen. Wenn man nun mit dieser geringen Kraft schon befriedigende Resultate erreicht, so wird man mittelst der Dampfkraft noch weit leichter zum Ziele kommen können. Die Maschine, welche Herr Maire ersonnen hat, besteht aus einem Pfluge, welcher sich unter Wasser bewegt; derselbe ist 7 bis 10 m breit und 12 bis 15 m lang, in dem vorderen Theile von Stahl, in den übrigen Theilen von Eisenblech konstruirt und wiegt ca. 4000 kil. (= 80 Ctr.) An der Spitze hat der Pflug einen Ring, an welchem die Treidelkette befestigt wird. Um den Tiefgang zu regeln, ist ein Kahn an dem Pfluge so befestigt, dass die Spitze des ersteren die Spitze des letzteren um einige Meter überragt. Der Kahn erhält den Pflug an tiefen Stellen schwimmend, so dass er das felsige Ufer nicht berührt und Stellen, wo das Ausbaggern unnöthig ist, durchschwimmt. In dem Kahne liegt ein schmalspuriges Geleise, auf welchem sich ein belasteter Waggon an einem Seil ohne Ende bewegt. Wenn der Waggon den vorderen Theil des Kahnes belastet, so drückt er den Pflug nieder; sobald er aber nach dem Hintertheil des Kahnes zu geschoben wird, hebt sich der vordere Theil und gleichzeitig der Pflug. Die Kraft, welche den unter Wasser befindlichen Pflug in Bewegung setzen soll, ist auf der Loire bereits thätig, wird aber zeither nur zum Treideln der Schiffe verwendet. Sie besteht aus einem Kettendampfschiff, welches 50 m (= 159') Länge und einen Tiefgang von 0,51 m (= 191/2") hat. Vorn setzt eine Maschine von 30 Pferdekraft die Schaufelräder des Dampfschiffes in Bewegung, hinten dreht eine Zwillingsmaschine von 20 Pferdekraft eine Trommel, von der sich ein Drathseil von 0,03 m Stärke und 1000 m Länge abwickelt. Das Kettenschiff ist vorn mit einem Sporn und zwei kleinen Streichbrettern versehen, welche ihm den Durchgang durch sandige Stellen wesentlich erleichtern; übrigens erlaubt ihm der geringe Tiefgang, welcher auf 0,32 m (= 121/4") zurückgeführt werden kann, das Passiren der seichten Stellen. Das Schiff transportirt gewöhnlich 16 bis 18 Kähne von je 60 Tonnen Inhalt. Die Schiffe werden Anfangs mittelst Streichrudern gegen den Strom festgestellt; das Kettendampfschiff entfernt sich, indem es sein Drathseil von der Trommel abrollt und lässt, sobald das ganze Seil oder ein Theil desselben frei geworden ist, je nachdem die Krümmungen des Flussbettes dies zulassen, einen Pfahl mit eiserner Spitze auf den Grund des Flusses fallen, der durch Widerhaken in der Sohle festgehalten wird. Dieser viereckige Pfahl von 0,30 m Durchmesser, welcher durch die Mitte des Vordertheils des Schiffes geht, dient demselben als Anker. Zwei mit Eisen beschlagene Ruder werden gleichzeitig mittelst Ketten an dem Vordertheil des Schiffes befestigt und halten es, indem sie sich wie Krücken auf den Grund der Flusssohle stemmen, in horizontaler Richtung, so dass sie die Schwankungen verhindern, welche der Durchgang des Zuges durch die Kurven des Flusses dem Schiffe mittheilen könnte. Wenn nun die vordere Maschine in Ruhe ist, so beginnt die andere Maschine das Seil aufzuwickeln und die Schleppschiffe mit einer Geschwindigkeit von 6 kil. (= 1/3 pr. Meile) pro Stunde, einschliesslich der Unterbrechung, in Bewegung zu setzen. Wenn das Kabel aufgerollt ist und die Schleppschiffe das Kettenschiff erreicht haben, so beginnt die Bewegung von Neuem. Der Remorqueur entfernt sich wieder, während er sein Seil abwickelt und nachdem er sich auf seine Anker gestützt hat, beginnt er wieder das Treideln. Um den Pflug fortzuziehen, welcher sich mit dem Strome bewegt, wickelt das Dampfschiff 4 bis 500 m seines Kabels, an dessen Ende der Pflug befestigt ist, ab, bewegt sich mittelst seiner Schaufeln vorwärts und zieht den Pflug, der überall schwimmend erhalten wird, wo er 0,8 m (= 301/2") Wassertiefe findet, hinter sich her. Sobald der Pflug aber auf den Sand trifft, der fortgebaggert werden soll und der Bewegung des Schiffes Widerstand leistet, lässt das Schiff seine 3 Anker fallen, setzt seine zweite Maschine in Bewegung und zieht den Pflug durch die Sandbank. Wenn der Pflug aber wieder freies Fahrwasser findet, lichtet das Dampfschiff die Anker und zieht ihn mittelst der Schaufelräder mit einer Geschwindigkeit von 10 bis 12 kil. (=11/3 bis 11/2 pr. Meile) pro Stunde hinter sich her. Die beladenen Schiffe werden nun einige Stunden und selbst einige Tage später mit Sicherheit darauf rechnen können, dass sie 0,70 m bis 0,80 m (= 2 bis 21/3') Wassertiefe in dem Flussbette vorfinden.

Der Sand, welcher durchgraben und gelockert ist, wird von dem Strom fortgeführt und an Stellen abgelagert, wo die Geschwindigkeit der Strömung gering ist. Der Erfinder will den Pflug nicht allein für die Schiffbarmachung [184] der Flüsse, sondern auch für die Ausbaggerung der Hafenstrassen verwenden, jedenfalls dürfte sein Vorschlag eine weitere Beachtung verdienen, da zu erwarten steht, dass er für bestimmte Fälle wohl mit Vortheil angewendet werden kann. Wie die Loire, so leiden auch die deutschen Ströme an Versandung; namentlich ist die Elbe während eines grossen Theils des Jahres nicht schiffbar und zeigt ähnliche Verhältnisse wie die Loire; da man nun die Kettenschiffahrt, wenn auch in anderer als der beschriebenen Weise, auf diesem Strome bereits mit Vortheil eingeführt hat und die Absicht hegt, dieselbe in der nächsten Zeit bedeutend zu erweitern, so dürften daselbst leicht Versuche mit dem beschriebenen Pfluge gemacht werden können.

Magdeburg, im März 1867. J. Fölsche, Baumeister.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: französiche