Heinrich der Löw zu Sachsen / ein groß Kriegsvolck wider seinen Feind / Bischoff Vlrichen von Halberstatt / denen die auß der Statt entgegen fielen / vnd geschach da ein herber Streit; aber die Braunschweiger behielten den Preiß / vnnd jagten den Feinden nach / biß in Halberstatt / vnnd waren so kurtz hinter ihnen her / daß sie mit Hauffen das Thor einkriegten / vnnd die Statt einnahmen. Die Burger geriethen in groß Schrecken / löschten allenthalben das Fewer auß / vnnd krochen zu Winckel. Doch fand einer von den Kriegsleuten ein wenig Fewers / vnnd zündete ein Häußlein an. Der Wind wehete das Fewer auff / vnd ist ein groß Theil der Statt verbrunnen. Es ist auch die hohe Stifftskirch abgebrant / da viel Leute / geist- vnnd weltlich / eingeflohen waren / ihr Leben zu retten. Dise schöne Kirche ist mit allem Schmuck / güldenen / sammeten / vnd seiden Tüchern vnd Kleidern / abgebrandt / vnnd das arme Volck / daß hinein geflohen war / elendiglich vmbkommen. Der Bischoff ward in seinem Hause gefunden / daß auch in vollem Fewer stund / vnd hatte S. Stephans Heiligthumb in der Hand / das meynet er / solte ihn für dem Fewer bewahren / da ist er mit seinem Probst Romano gefangen / vnnd mit vielen andern gen Braunschweig geführt / als ihme die Kleider auff dem Leibe schon versenget waren. Der Hertzog ist frölich wegen deß Siegs gewesen / als er die Gefangene für sich gesehen. Aber / als er gehöret / daß die schöne prächtige Kirche voll Volckes so jämmerlich verbrant / ward er trawrig / vnnd da er den Bischoff mit seinem grawen Haubt / vnd S. Steffans Heiugthumb / so allbereit etwas vom Fewer Schaden gelitten hatte / sahe / da giengen ihm die Augen über: Sandte derwegen den Bischoff gen Erteneburg / vnnd ließ ihn da verwahren. Aber Fraw Mechtild / deß Königlichen Stammens auß Engelland / Hertzog Heinrichs deß Löwen Gemahlin / ließ ihr deß gefangenen Bischoffs Vnglück zu Hertzen gehen / vnd kleidet ihn im Gefängniß / mit schönen newen Kleidern: Vnd als er der Hertzog / gen Lüneburg kam / ließ er den gefangenen Bischoff für sich bringen / straffte ihn / wegen seines auffrührigen Gemüthes / mit Vermahnen / daß er hinfort friedsam were / gab ihn darnach ledig vnnd loß / vnnd schickte denselben wider gen Halberstatt. Sihe die gedachte Braunschweigische Chronick / fol. 161. vnnd deß Spangenbergs Manßfeldische / cap. 231. im Jahr 1347. haben die Graven von Manßfeld / vnd Regenstein / vnd die von Northausen / Halberstatt in der Christnacht vberfallen / eben / als jedermann in der Kirchen war / vnnd sich solches Lermens weniger dann nichts versehen; darüber dann vil Vnschuldige das Leben lassen musten; wurden auch viel gefangen davon geführt; vnnd zog der Feind / mit einem grossen Raub / wider zur Statt hinauß / welche also ihres Bischoffs Albrechten entgelten muste. Anno 1423. hat sich allhie ein grosse Auffruhr erhoben: Dann die Gilden- oder Zunfftmeister / vnter welchen ein Kramer /der lange Matthias genant / der rechte Redlinführer gewesen / haben sich wider den Rath auffgelehnet / denselben überfallen / vnnd ins Gefängniß geworffen. Vnnd als sie von den vmbliegenden Stätten darumb gestrafft worden / sind sie noch toller vnnd rasender worden / vnd haben ihrer Fünffe von den vornehmbsten Rathsherren auß den Thürnen genommen / auff den Marckt geführt / vnnd allda öffentlich Montags nach Catharinae / für dem Rolande / enthaupten lassen: Deßwegen auch die Statt belagert / besagter Matthias in der Flucht gefangen / mit noch dreyen / enthaubtet / auch ein newer Rath gesetzt worden / Anno 1425. nachdem diß Vnwesen bey zweyen Jahren gewähret hatte / wie die besagte Braunschweigische Chronick berichtet, wiewol Dresserus in Beschreibung dieser Statt / von dreyen Jahren sagen will. Anno 1553. hat Marckgraff Albrecht von Brandeburg diese Statt eingenommen / vnnd dem Capitel eine grosse Brandschatzung aufferlegt. Anno 1625. hat das Käyserische Wallsteinische Volck Halberstatt einbekommen / vnd biß auff den Schwedischen Krieg / inngehabt / in welchem die Statt den Schweden auch zu theil worden / vnd haben sie Anno 31. die Käyserischen vergebens belagert: folgendts aber
Matthäus Merian: Topographia Saxoniae Inferioris. Frankfurt am Mayn: Frankfurter Kunstverein, 1853, Seite 121. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Saxoniae_Inferioris_(Merian)_121.jpg&oldid=- (Version vom 12.1.2023)