verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 6 | |
|
Ausdehnung, waren gleichzeitig Tiergärten, von Mauern u. dgl. eingeschlossen, mit in Stein gefaßten Fischteichen, einem Geflügelhof und Marmorbecken, in deren Nähe Sitzplätze und Gartenhäuschen zum Betrachten der Schmuckvögel, und hatten oft ein architektonisch angelegtes Bassin mit Wasserkünsten, gewöhnlich von einer Säulenhalle umgeben. Am berühmtesten war die Villa Hadriana des Kaisers Hadrian in Tibur am Sabinergebirge. Die Anlagen hatten 12 römische Meilen im Umfang, enthielten Berge und Thäler, Wasserfälle, Grotten, Wälder, Hippodrom, Theater und viele andre prachtvolle Gebäude. Hier wurde mit Benutzung mancher Überreste im 16. Jahrh. die Villa d’Este angelegt. Durch Tacitus kennen wir noch andre Kaisergärten Roms, auch den Park am Goldenen Haus des Nero. Sie hatten künstliche Seen und Wälder, glichen also einigermaßen unserm modernen Park. Auch im Italien des römischen Reichs waren die Bewässerungsanlagen vollkommen. – Nach dem Fall des römischen Reichs verdarb die Vermischung der verschiedensten Völker in Italien den Geschmack; die Besitzungen der Edlen waren unverteidigt, wurden geplündert und verwüstet, das Land ward nur für den notwendigsten Bedarf bebaut. Da erhoben sich endlich als die ersten ländlichen Besitzungen die Klöster, das eine oft neben dem andern, und während der Herrschaft der Päpste im 8.–12. Jahrh. waren die Mönche fast die einzigen, die sich mit Acker- und Gartenbau beschäftigten; Reiche und Mächtige schenkten ihnen, um sich Verzeihung ihrer Sünden zu verschaffen, große Flächen Landes mit Hörigen und belohnten ihre Thätigkeit als tüchtige Landwirte und Gärtner. Der Friede äußerte sich auch durch Einführung vieler fremden Pflanzen aus dem Orient, namentlich durch reiche Venezianer und Genuesen. Gaspar de Gabriel, ein reicher toscanischer Edelmann, gründete 1525 den ersten botanischen Garten, dem bald der von Cornaro in Venedig, der von Simonetti in Mailand, von Pinetta in Neapel u. a. folgten. 1545 wurde vom Senat in Venedig die Anlage eines öffentlichen botanischen Gartens in Padua bewilligt, Papst Pius V. ließ den in Bologna einrichten, der Großherzog von Toscana den in Florenz, und bald darauf hatte beinahe jede bedeutende Stadt in Italien einen botanischen Garten. – 1493 wurde Amerika, 1498 der Seeweg nach Ostindien entdeckt und durch den neuerblühten Handel ein großer Luxus eingeführt, der sich auch im G. äußerte und den eigentlichen italienischen Gartenstil schuf. Italien gab Gesetze für hauptsächlich regelmäßige Gartenanlagen. Hohe, dichte, immergrüne Heckenwände und Pflanzungen, welche zugleich Schatten gewährten, stehende und springende Wasser, Grotten, die im Winter auch zur Aufbewahrung der Orangenbäume dienten, mußten die Glut des südlichen Himmels kühlen; reichbesetzte Blumenbeete, in ihrer Form der Architektur des Hauses entsprechend, erfreuten durch ihre Farben und Formen; Vögel und Vogelnester unterhielten in andrer Weise den Spaziergänger. Ausgrabungen zahlreicher Statuen u. a. aus alter Zeit gaben Gelegenheit, diese Kunstschätze wieder, oft vielleicht überreich, zu verwenden und zwar, der leichten Übersichtlichkeit wegen, möglichst symmetrisch. Die Villen, welche durch guten Geschmack und den Kunstwert ihrer Gärten sich auszeichneten, waren im 16. Jahrh. sehr zahlreich und sind zum Teil heute noch erhalten, viele durch Anlagen im natürlichen Stil erweitert. Von Privatgärten neuern Datums, ganz in diesem landschaftlichen Stil gehalten, verdienen Erwähnung: der des Chevalier Forti in Chiara bei Brescia, der Garten Casa Ramboldi bei Vicenza, Strozzi bei Florenz, der des Fürsten Stigliano Colonna in Neapel, Olivuzza und der Villa Tasca bei Palermo.
Frankreichs Gartenbau kennt im Anfang seiner Geschichte nur das rein Nützliche, erhebt sich nur langsam zur Beachtung der Blumen und erreicht erst sehr spät das ästhetisch Schöne; jedes angenehme und nützliche Erzeugnis des Land- und Gartenbaues stammt aus der Fremde, von den Phönikern, Griechen, Karthagern, Römern und Sarazenen. Karl d. Gr. (768–814) beförderte Acker-, Obst- und Weinbau auf jede Weise, er liebte die Gärten und erteilte seinen Gärtnern gern Verhaltungsbefehle. Er stand in freundschaftlichem Verhältnis zu dem abbassidischen Kalifen Harun al Raschid (gest. 809), durch den er die besten Gemüse und Früchte erhalten haben soll. Aber unter Heinrich IV. (1589–1610) nahm der Luxus mehr und mehr zu; selbst das Bedürfnis botanischer Gärten machte sich geltend; 1597 wurde ein solcher in Montpellier, 1626 der in Paris, 1650 ein solcher in Blois angelegt. Die Lustgärten bestanden zu Anfang des 17. Jahrh. nur aus einigen Rasenplätzen, wenigen Bäumen und Blumen, einigen Wasseranlagen, alles wild und vernachlässigt; sie alle waren eine armselige Nachahmung der italienischen Gärten, aber mit den lächerlichsten Übertreibungen. Diese führten endlich zu einer Krisis, d. h. zur Gründung des sogen. französischen Stils durch Lenôtre (s. d.); er legte im Auftrag Ludwigs XIV. den Garten von Versailles an, auch in den Formen des italienischen Stils, doch ohne deren kleinliche Zuthaten, ohne die Grotten und Wasserspielereien, aber mit einer bis ins einzelnste durchgeführten Symmetrie. Die Anlage war von großartiger Einfachheit und durch ihren Schmuck mit Wasserkünsten, Skulpturen und kleinen Bauwerken nach dem Geschmack der Zeit schön, aber in ihrer Größe, wenn nicht von bunter Volksmenge belebt, öde und traurig. Der französische Stil machte schnell seinen Rundlauf durch die zivilisierte Welt und erhielt sich bis Ende des 18. Jahrh. Doch schon die neuern französischen Anlagen schließen sich dem natürlichen Stil an, wenn auch das Suchen nach Effekt in Blumen- und Baumpflanzungen sich mehr als nötig geltend macht. Beispiele dieses neuern französischen Stils sind unter anderm: der Park von Monceau, die städtischen Anlagen von Paris, das Boulogner und das Vincenner Gehölz, das bizarre Wunderwerk der Buttes Chaumont, Ferrières, Besitzung des Chefs des Hauses Rothschild, der Garten Gustav v. Rothschilds in der Nähe des Palais d’Elysée. – In Spanien blühte der G. zur Zeit der Mauren und erreichte seinen höchsten Glanz ums Jahr 1000 unter Haschem II.; die mit Orangen, Blütensträuchern, Blumen, Kaskaden und andern Wasserkünsten in strenger Regelmäßigkeit, dem Charakter des Gebäudes entsprechend, gezierten Höfe der Paläste waren zauberhaft schön; aber die Araber wurden durch die Christen des nördlichen Spanien nach und nach zurückgedrängt, zuletzt gänzlich vertrieben. Unter Philipp III. erfolgte die Ausweisung aller Abkömmlinge der Mauren, und Spanien wurde durch den Verlust seiner fleißigsten Arbeiter beinahe in eine Wüstenei verwandelt. – Portugal hatte vor Jahren schon an den Umgebungen von Cintra bei Lissabon nach dem Ausspruch von Lord Byron in seinem „Childe Harold“ ein glorious eden, ein herrliches Paradies; aber seitdem hat ein kunstsinniger
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 6. Bibliographisches Institut, Leipzig 1887, Seite 920. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b6_s0920.jpg&oldid=- (Version vom 20.10.2023)