nicht einmal fühlbar wäre, würde ihnen eine Gabe, im Augenblicke des Bedürfnisses empfangen, unvergeßlich seyn. Ihr seyd dazu um so mehr verpflichtet, da ihr ja keineswegs in euern Städten so viel gelten würdet, wenn ihr keine armen Mitbürger neben euch hättet, und wenn die Armen nicht so vielfältig für euer Vergnügen thätig wären. Und was hättet ihr für Bewunderer eures Reichthums, wenn ihr ihn nur für euch allein und im Dunkeln besitzen wolltet? Vielmehr recht Viele sollen eure Tafeln und euer Silbergeschirr sehen und bewundern, sollen beim Trinkgelage euch Bescheid thun, und unter dem Trinken den herrlichen Pocal anstaunen, seine Schwere wägen, und die Bedeutung der vielen künstlich eingelegten goldenen Bilder sich erzählen lassen. Dadurch erwerbet ihr euch das Lob, gute und menschenfreundliche Leute zu seyn, und sichert euch vor der Mißgunst. Denn Wer wird einem Manne, der gerne mittheilt, das Seinige nicht gönnen? Wer wird ihm nicht gerne das längste Leben im Genusse seiner Güter wünschen? Aber so, wie es jetzt ist, habt ihr keine Zeugen eures Glückes; euer Reichthum ist ein Gegenstand des Neides, und euer Leben ohne Lust.
34. Denn es ist doch wohl nicht der gleiche Genuß, ob man wie ein ungeselliges Raubthier so allein dasitzt und sich mästet, oder ob man artige Leute um sich hat, die Alles aufbieten, um sich gefällig zu machen, und dafür sorgen, daß keine langweilige Stille beim Gastmahl eintrete, sondern daß sie angemessene Tischreden, unschuldige Scherze, lustige Einfälle, kurz jene angenehme Art der Unterhaltung zur Hand haben, welcher Bacchus, Venus und die Grazien befreundet
Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 1688. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_1688.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)