Dieser nahm also seine Geliebte, setzte sie auf meinen Rücken und trieb mich ihrer Heimath zu. Und wie uns die Leute des Dorfs, wo sie wohnte, von weitem sahen, und ich ihnen die frohe Kunde, daß alles gut gegangen, lustig zuwieherte, liefen sie herbei, begrüßten die Gerettete und führten uns wie im Triumph ihrer Wohnung zu.
27. Hier war das junge Mädchen so billig, Sorge für mich zu tragen, der ich ihr Mitgefangener und der Gefährte ihrer Flucht gewesen war, und mit ihr die Gefahr eines gemeinsamen Todes getheilt hatte. Ich fand bei meinen neuen Besitzern eine Metze Gerste zum Imbiß, und Heu, daß sich ein Kameel hätte satt fressen können. Uebrigens war ich jetzt mehr, als je, auf die Palästra erbost, daß sie mich in einen Esel, und nicht vielmehr in einen Hund verwandelt hatte. Denn ich sah jetzt Hunde in die Küche schleichen und sich weidlich gütlich thun, weil dort das Hochzeitmahl mit dem Aufwande zubereitet wurde, der von den reichen Eltern der Braut sich erwarten ließ. Einige Tage nach der Hochzeit, als die junge Frau gegen ihren Vater der Verbindlichkeit erwähnte, die sie für mich hätte, und den Wunsch äußerte mich angemessen belohnen zu können, befahl Dieser, mich in Freiheit zu setzen, und in Zukunft mit den Stutten auf die Waide gehen lassen. „Wie wohl wird es ihm seyn, meinte er, wenn er sich einmal nach Herzenslust unter freiem Himmel umtreiben, und seinen Muthwillen an den jungen Stutten auslassen kann!“ In der That hätte er es nicht besser treffen können, wenn er die Belohnung eines Esels zu bestimmen gehabt hätte. Er ließ einen seiner Roßhirten herbeirufen und übergab mich ihm zur Besorgung. Mich freute
Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 1066. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_1066.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)