Verschiedene: Die Gartenlaube (1872) | |
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Als die durch Astrologie ermittelte günstige Stunde für die Probe gekommen war, wurde das „große Werk“ unter Anrufung der Geister begonnen. Der Adept hatte auch vom „Schlüssel Salomonis“ gehört, besaß sogar ein Heft, worin die Namen der Geister und die Zauberformeln standen. Diese Namen und Formeln waren ganz andere, als die oben genannten. Sie schienen mir, so viel ich davon hörte (denn der Adept ließ mich das Buch nicht lesen), rein arabische Erfindungen. Vorher mußte ich jedoch einen fürchterlichen Eid schwören, daß ich ja nichts von diesen Namen und Formeln enthüllen werde. Die Retorte war schon in Bereitschaft, das Feuer ebenfalls. In erstere wurde nun ein Gegenstand geworfen, der mir wie ein Bleikügelchen vorkam. Ich fragte Mohammed, warum er denn eine so winzige Quantität Metall genommen habe, da es den Geistern doch wohl schwerlich darauf ankomme, wie groß die in Gold zu verwandelnde Masse sei. Jedoch einstweilen wurde ich bedeutet, zu schweigen, um das Werk der Geister nicht zu stören. Später sagte mir der Golddoctor, der Anfang müsse stets klein gemacht werden. Ich sei ja noch ein Neuling und könne von den Geistern noch keine größeren Gunstbezeigungen erwarten. Das Resultat war denn auch ein entsprechend winziges. Nach einer halben Stunde schüttelte nämlich der Adept, anscheinend aus der Retorte, wie ich aber vermuthete, einfach aus seinem Aermel ein sehr kleines arabisches Goldstückchen von der Größe eines süddeutschen Silberkreuzers, das etwa zwanzig Groschen werth sein mochte, heraus. Das war das brillante Resultat des „großen Werkes“, zu dem ich mehrere Thaler vorgeschossen hatte! Was mir am merkwürdigsten dabei vorkam, war, daß die kleine Münze ganz geprägt und zwar mit einem bekannten Gepräge, auch bereits erkaltet zum Vorschein kam. Jedoch meine darauf bezügliche Bemerkung wurde mit dem Hinweis auf die Macht der Geister abgelehnt. Diese können ja Wunder thun, also auch ein geprägtes Goldstück aus der Retorte hervorzaubern.
Mein Zweck, der lediglich der gewesen war, mich durch das wunderliche Gebahren des Adepten unterhalten zu lassen, war also erreicht. Von mir bekam Mohammed nichts mehr. Zum Unglück hatte diese Probe aber mehrere Einheimische zu Zeugen gehabt, und diese waren nun steif und fest von der Kunst des Adepten überzeugt. Einer derselben war so thöricht, ihm bedeutende Vorschüsse zu machen, wofür er natürlich das Versprechen einer recht großen Goldmasse erhielt. Da diese jedoch nicht zum Vorschein kam, so war das Endresultat ein schlimmes sowohl für ihn, wie für den Adepten. Er verlor sein Geld und Letzterer mußte sich plötzlich wieder unsichtbar machen, um sein Handwerk in einen noch jungfräulichen Boden zu verpflanzen, denn die Araber von Aden hatten geschworen, ihn todtzuschlagen.
Daß es übrigens unter den Adepten Arabiens auch ehrliche Narren giebt, die weder zum Aberglauben ihre Zuflucht nehmen, noch auch ihren Nimbus durch die Behauptung, bereits den Stein der Weisen zu besitzen, zu vermehren suchen, sondern ganz offen eingestehen, dem großen Geheimniß nur auf natürlichem Wege nachzuforschen, davon liefert uns ein Begegniß, welches der berühmte Reisende Wrede in Hadhramaut hatte, einen Beweis. Der Alchymist, den Wrede in der Stadt Amd fand, war so ehrlich, zu gestehen, daß er es noch nicht dahin habe bringen können, Gold zu erzeugen, glaubte aber an das Gelingen, wenn er erst ein Kraut gefunden habe, welches er Haschisch ed dahab (Goldkraut) nannte. Die Mitwirkung der Geister leugnete er gänzlich.
Wenn irgend eine Hunderace ein Verdienst um die Menschheit sich erworben, also ein Anrecht hat auf das Gefühl der Anerkennung und Liebe, so ist es der treue, nimmer müde, kluge und wachsame Schäferhund, der Hund, von welchem Buffon nicht mit Unrecht das beredte Wort gebrochen, „daß er der wahre unverfälschte Hund sei, welchen die Natur zum größten Nutzen des Menschen hervorgebracht, welcher auch die meiste Aehnlichkeit mit der allgemeinen Ordnung der belebten Wesen hat, wovon immer eines des andern Beistandes bedarf, kurz derjenige Hund sei, welcher als der Stamm und als das Muster des ganzen Geschlechts betrachtet werden muß“.
Und in der That! er ist mit dem Pommer der naturwüchsigste unter den Hunden. Jede Hunderace verliert bei aller Beharrlichkeit ihrer Natur mehr oder weniger in den verschiedenen Himmelsstrichen von ihrer körperlichen und geistigen Charakteristik; – der treue Leiter und Beschützer der Herden ist sich allüberall in den hervortretendsten Zügen seines Körpers und Geistes gleich geblieben. Und so sieht man ihn heute noch hier in den Ebenen Deutschlands, wie dort in den Hochlanden Schottlands, in den Alpen, auf den Weiden Frankreichs und den Hochebenen Spaniens als das unwandelbare, stets wache und rege zottige Wesen, ohne welches Schäfer und Schafe nicht bestehen können. So viel auch Laune und Unkenntniß durch unpassende Kreuzung am Aeußeren und Inneren unseres Thieres verändert und verschlechtert haben mögen, immer und immer wieder kehrt seine zähe, kräftige Natur zu ihrer urwüchsigen, sprechenden Wesenheit zurück. Diese kennzeichnet sich nun wie folgt.
Es ist die dem Wolf ähnliche Gestalt, welche uns bei dem Hunde zuerst in’s Auge fällt; nur besitzt er ein stärkeres Hintertheil als jener, dem er übrigens an Größe nachsteht, da er selten über ein halbes Meter hoch wird. Der längliche Kopf endigt in spitzer Schnauze und einer runden, auffallend starken warzigen Nase, dem Sitz des schärfsten, untrüglichsten Spürsinnes. Der in der Nierengegend gekrümmte, etwas abschüssige Rücken läßt das ähnlich wie beim Pommer mit starker, struppiger Halskrause versehene Vordertheil hoch und stark erscheinen. Die mehr mageren als fleischigen geraden Läufe mit geschlossenen Zehen und Wolfsklauen tragen den muskulösen, nie zu Fett geneigten Körper, der sich mit einer im gewöhnlichen Zustande etwas eingezogen, in der Thätigkeit aber flachbogig nach oben oder fast gerade getragenen buschigen Ruthe unter paßartigem Gange bewegt. Aber dies eben beschriebene Skelet eines in freier Natur ererbten ausdauernden Körpers ist unter der wenig ansprechenden Decoration einer dichten, gewöhnlich zottigen, zuweilen auch krausen Behaarung verborgen, die oft von der Nase über das Gesicht, das mittelgroße, an der Wurzel stehende und nur mit hängender Spitze versehene Gehör bis herab auf die Zehen reicht, also daß ihn ein an die zarten Formen der Culturhunde gewöhntes Auge für häßlich hält. Aber schaue dem vermeinten Popanz nur aufmerksam unter den überhängenden buschigen Brauen in die Augen; siehe, wie sie beim Rufe seines Herrn leuchten, bemerke, welche Behendigkeit, Aufmerksamkeit, Klugheit, Hingebung und Ausdauer das Thier in der Entfaltung seiner Berufsthätigkeit entwickelt: und Du wirst inne, welch ein Wesen unter dieser rauhen Vermummung der Natur sich bekundet. Wahrlich, die Worte Cuvier’s über den Hund im Allgemeinen gelten insbesondere dem Schäferhunde in erster Reihe: „Er ist die merkwürdigste, vollendetste und nützlichste Eroberung, die der Mensch jemals gemacht hat.“ Wenn dem aufmerksamen Beobachter der Pommer als das Muster der Pflichttreue und Anhänglichkeit an Haus und Herrn erscheint, so muß dasselbe gelten für den Schäferhund in Bezug auf die Herde und Alles, was dieselbe angeht oder mit ihr zusammenhängt.
Da liegt das unscheinbare Thier, selten auf etwas Stroh, meist auf die bloße Erde des Feldes gebettet, zusammengerollt, anscheinend schläfrig und theilnahmlos an Allem, bei der Hürde unter der Schäferhütte. Er hat ja den ganzen Tag über die Herde beim Behüten der Haiden und Felder mit ungetheilter Aufmerksamkeit und Hingebung bewacht, in Zucht und Ordnung gehalten; – da mag er, so denken wir, nach solchen Strapazen denn auch der Ruhe pflegen. Aber der Schäferhund stellt, wie der Pommer, die Wachsamkeit gleichsam über sich selber. Den leisesten Tritt eines den Feldweg Wandernden vernimmt sein feines Gehör, der geringste Luftzug bringt der scharfen Nase die Witterung des der Herde sich Nahenden, und ebenso entschieden als sicher ist die Fremdes ankündigende Stimme. Zu dieser Wachsamkeit gesellt sich auf der Grundlage einer rauhen, derben Natur ein ernster Muth, der das Thier aber nie auf die Abwege des Krakehlens führt. Auch die Tugend der Genügsamkeit besitzt
Verschiedene: Die Gartenlaube (1872). Leipzig: Ernst Keil, 1872, Seite 759. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1872)_759.jpg&oldid=- (Version vom 7.1.2019)