„Beglückt, die reines Herzens sind!“ – und mehr[1]
Als menschlich war sein Ton, der mächt’ge, frohe.
Die Glut euch nagte! Tretet in die Flammen,
Und seid nicht taub dem Sang von dortenher!“
Uns ihm genaht, so schrecklich in mein Ohr,
Als hört’ ich mich zum schwersten Tod verdammen.
Ins Feuer schauend, – wen ich brennen sehen,
Deß Bild stieg itzt vor meinem Geist empor.
Und tröstend sprach zu mir Virgil: „Mein Sohn,
Du kannst zur Qual hier, nicht zum Tode gehen.
Dich sicher auf Geryons Rücken führen,[3]
Wie jetzt, viel näher hier bei Gottes Thron!
Und stündest du auch tausend Jahre drin,
Doch dürfte sie dir nicht ein Haar berühren.
So nahe dich und halt’, um selbst zu schauen,
Des Kleides Saum mit deinen Händen hin.
Dorthin sei sicher jetzt dein Fuß gewandt!“
Doch säumt’ ich, wider besseres Vertrauen.
Sprach, fast unwillig: „Wie, Sohn, noch verdrossen?[5]
- ↑ [8. Passender Gesang beim Austritt aus dem siebenten Kreise und damit aus dem Fegefeuer überhaupt.]
- ↑ 16. Durch obige Verse wird zugleich das Vorbeugen des Oberleibes und das Vorstrecken der gefalteten Hände höchst plastisch ausgedrückt, eine Geberde der Angst und der ablehnenden Bitte.
- ↑ 23. Auf Geryon’s Rücken etc., s. den siebenzehnten Gesang der Hölle.
- ↑ 25. Die heilige Glut, die uns läutert, kann zwar quälen, aber nie vernichten.
- ↑ [35. Das persönliche Ziel, der poetisch-allegorische Grundgedanke der ganzen göttl. Kom. wird uns hier auf eine dichterisch-schöne Weise in Erinnerung gebracht – Beatrice!]
Alighieri, Dante. Streckfuß, Karl (Übers.). Pfleiderer, Rudolf (Hrsg.): Die Göttliche Komödie. Leipzig: Reclam Verlag, 1876, Seite 348. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dante_-_Komödie_-_Streckfuß_-_348.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)