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ADB:Schneider, Johann Gottlob (sächsischer Hoforganist)

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Artikel „Schneider, Johann Gottlob“ von Hans Michael Schletterer in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 32 (1891), S. 129–131, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Schneider,_Johann_Gottlob_(sächsischer_Hoforganist)&oldid=- (Version vom 2. Dezember 2024, 22:30 Uhr UTC)
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Schneider: Johann Gottlob S., jüngerer Bruder von Friedrich S. (s. o. S. 110 ff.), geboren am 28. October 1789 zu Altgersdorf, † am 13. April 1864 als königl. sächs. ev. Hoforganist und Instructor der Capellknaben in Dresden, war einer der größten, wenn nicht der größte Orgelspieler s. Z., aber auch gleich bedeutend als Lehrer und sachverständiger Orgelprüfer. Den ersten Musikunterricht erhielt er ebenfalls vom Vater, der trotz großer Strenge, doch eine glühende Neigung und Hingebung für das herrliche Instrument, die Orgel, in des Jünglings Brust zu wecken und zu nähren wußte. Dabei wurde aber auch das Clavierspiel nicht vernachlässigt und sämmtliche Orchesterinstrumente geübt; ein guter Cellist blieb Johann bis zu seinem Tode. Aber auch der wissenschaftliche Unterricht wurde unablässig im Auge behalten und die Erweckung und Pflege eines streng sittlichen Gefühls und religiösen Geistes nicht versäumt. 1801 kam er auf das Gymnasium in Zittau und fand seines hellen, starken, leicht ansprechenden, umfangreichen Soprans wegen, sofortige Anstellung auf dem Kirchenchore und in dem Cantor Schönfeld einen gewissenhaften, liebevollen Lehrer. Bald wurde er in den großen Exner’schen Concerten mit den Sopransoli betraut und führte diese immer mit Begeisterung und Erfolg aus. Nach der Mutation wurde er Tenorist und Chorpräfect. In der Theorie und im Orgelspiele unterrichtete ihn der tüchtige Organist Unger. Bevor er 1810 nach Leipzig übersiedelte, trug er in einem der oben genannten Concerte noch ein Clavierconcert von Eberl mit großem Beifalle vor. Auch er gab seinen Plan, die Rechte zu studiren, bald auf. Alle Freunde seines Bruders wurden seine wohlwollenden Gönner und förderten nach Kräften seine Studien, welche sich vorzugsweise auf die unerschöpflichen Werke J. S. Bach’s concentrirten. Schon 1811 wurde er seines Bruders Nachfolger als Gesanglehrer an der Rathsfreischule, welche Stelle er aber nicht lange behielt, denn 1812 finden wir ihn bereits als Organist an der Hauptkirche zu St. Peter und Paul (mit einer berühmten Orgel von Gasparini) in Görlitz angestellt. Er widmete sich nun noch dem gründlichen Studium der [130] Orgelbaukunde und erreichte als einsichtsvoller Kenner bald einen solchen Ruf, daß man ihn von nah und fern zu den Orgelprüfungen heranzog und ihn auch nach der Renovation der berühmten Silbermann’schen Orgel in der katholischen Hofkirche zu Dresden als Experte berief (1825). In Görlitz entfaltete er eine segensreiche, unermüdliche Thätigkeit als Orgel-, Clavier- und Gesanglehrer und durch Gründung eines Gesangvereins, mit dem er in Verbindung mit seinem Collegen, dem Cantor Blüher, alle großen Chorwerke zur Aufführung brachte, dabei meist selbst die Tenorsoli singend. Seit 1816 gab er in Görlitz Orgelconcerte und unternahm dann weitere Kunstreisen, so auch nach Dresden, wo er durch sein Spiel so sehr des Königs Friedrich August Zufriedenheit erwarb, daß ihm dieser den kurz vorher durch den Tod des seitherigen Hoforganisten A. Dreyßig erledigten Posten an der katholischen Hofkirche anbieten ließ. Diesmal aber ließ man ihn in Görlitz noch nicht los. Bei einem zweiten Auftreten in Dresden, 1820, gewann er sich die höchste Anerkennung des Oberhofpredigers Dr. v. Ammon und nach der Orgelprüfung 1825 den aufrichtigen Beifall C. M. v. Weber’s. Da im gleichen Jahre der evangelische Hoforganist Kirsten gestorben war, trug man ihm nun auch dessen Stelle an. Ungern ließ man ihn jetzt in Görlitz ziehen; reiche Geschenke ehrten ihn beim Scheiden. Am 12. December 1825 trat er in seine neue Wirksamkeit, auch hier überall bessernd, fördernd, belebend eingreifend. Die Orgelconcerte, die er 1827 und 1830 abwechselnd in der Sophien- und Kreuzkirche gab, zogen die angesehensten Musiker aus allen Ländern herbei. 1833 ging er auf Anregung des Ritter von Neukomm mit dem Kölner Männergesangvereine nach London, um dort in zwei Concerten in Exeter-Hall die Gesangspausen durch sein großartiges Orgelspiel auszufüllen. Bereits 1830 wurde er Director der Dreyßig’schen Singakademie; als dieselbe am 4. März 1857 ihr 25jähriges Jubelfest feierte, verlieh ihm König Johann das Ehrenkreuz des Verdienstordens. Bei seinem 50jährigen Organistenjubiläum am 21. August 1861 erhielt er das Ritterkreuz des Albrechtsordens und von der Universität Leipzig die Doctorwürde. Darauf folgten zahlreiche Ehrenmitgliedschaften. S. verfügte über eine durchaus solide vorzügliche Orgeltechnik. Mit seltener Ruhe und einem selbst auf dem Pedale bewundernswürdigen Legato überwand er größte Schwierigkeiten und leistete namentlich auch im Triospiele ausgezeichnetes. Er wußte alle Mittel seines großartigen Instrumentes zu benützen und erfolgreich zu verwenden und durch überraschende Registrirung für alle wechselnden Stimmungen entsprechende Tonfarben zu finden. Namentlich Bach’sche Orgelwerke trug er mustergültig vor und Neukomm, Hesse, Töpfer, Schumann (der auch bei ihm Unterricht genommen), Mendelssohn u. a. sprachen sich übereinstimmend rühmend über seine Leistungen aus. Eine bedeutende Zahl tüchtiger Organisten verdankt ihm Schulung und Ausbildung: Dr. Schütz (Waldenburg), G. Merkel und Berthold (Dresden), Dr. E. Naumann (Jena), Jansen (Delft), v. Eyken (Utrecht), Worp (Groningen), Nicolai (Haag), Kitzler (Linz) u. a. Gelegentlich seines Jubiläums gründeten die Organisten Dresdens und ehemalige Capellknaben eine J. Schneider-Stiftung, zum Zwecke, elternlosen Lehrerssöhnen, die sich dem Studium der Orgel widmen wollten, Stipendien zu verleihen. Seine Schüler von nah und fern überreichten ihm ein aus ihren Compositionen zusammengesetztes Jubelalbum. Ein Nervenfieber raffte ihn in wenigen Tagen hinweg. Componirt hat er nur wenig: einige Orgelsachen, zwei Hefte dreistimmiger Wechselgesänge u. dgl.

Joh. Gottlieb Schneider, der jüngste Bruder Friedrich’s, geboren am 12. Juli 1797 in Altgersdorf, † als Organist an der Kreuzkirche zu Hirschberg am 4. August 1856, plötzlich, nach kurzem Krankenlager, war zunächst ebenfalls Schüler seines Vaters, kam aber schon mit 10 Jahren auf das Gymnasium [131] nach Zittau. Auch er hörte in Leipzig ein Jahr lang wissenschaftliche Vorlesungen, lebte dann in Bautzen und versah darauf drei Jahre den Organistendienst in Sorau, von wo er nach Hirschberg berufen wurde. Seine Compositionen blieben Manuscript.