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ADB:Molther, Menrad

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Artikel „Molther, Menrad“ von Gustav Bossert in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 52 (1906), S. 446–447, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Molther,_Menrad&oldid=- (Version vom 30. November 2024, 07:29 Uhr UTC)
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Molther: Menrad M., Humanist und Reformator, geboren ca. 1505, † 1558. Menrad M. entstammte einer bescheidenen Familie in Augsburg, besuchte aber die von der Aristokratie bevorzugte Schule des trefflichen Pinccianus und erfreute sich der Unterstützung durch den Bürgermeister Ulrich Rehlinger und den Arzt Dr. Ambrosius Jung. Im Frühjahre 1526 bezog er die Universität Heidelberg, wo er sich durch Unterricht und Erziehung junger vornehmer Herren, wie eines Stiftsherrn zu Neuhausen in Worms, Octavian Drach, und eines Joh. Zobel v. Giebelstadt die Mittel zum Studium erwarb. Bald gewann er eine Reihe vornehmer Gönner in den Kreisen der Freunde des Erasmus, darunter auch den kurfürstlich pfälzischen Leibarzt Joh. Lotzer in Heidelberg. Durch sie bekam er Zutritt zu den Schätzen der Klöster und Stiftsbibliotheken in Worms, in Neuhausen und in Eberbach, die es ihm ermöglichten, 1527 die Schrift des Diakonus Agapetus in Constantinopel „De boni principis officiis“ aus dem Griechischen in lateinische Hexameter zu bringen und zu veröffentlichen.

1528 ließ er eine lateinische Uebersetzung von Williram’s Auslegung des Hohenlieds erscheinen, 1529 fand er drei Schriften Alcuin’s im Stift zu Neuhausen, von denen er erst die „Quaestiones in Genesin“, dann die „Disputatio de rhetorica“ herausgab, wie die Auslegung des Hohenlieds von Justus v. Urgel aus einer Wormser Handschrift, 1530 den „Liber historicarum partium orientis sive passagium terrae sanctae“ von Haythonus und die Auslegung des Matthäus von Christian Druthmar, 1532 „Testamentum duodecim patriarcharum“ und „Julii Pomerii Toletani episcopi contra Judaeos libri tres“. M. hat aber auch selbständige Schriften geschrieben. Seit 1525 war handschriftlich von ihm „Romanorum Pontificum a S. Petro ad Clementem VII. usque vita et mores“ in Distichen verbreitet. Als er das Gedicht 1528 in Speier vielfach durch Abschreiber verderbt fand, ließ er es von J. Setzer drucken. 1527 gab er eine Auslegung des 50. (Luther 51.) Psalms und eine Auslegung von Eph. 6, 16, 17, die „Lucta christiana“, heraus.

1529 wurde M. Baccalaureus der Theologie, ohne erst die philosophischen Grade erworben zu haben, die er 1530 im Januar auf einen Tag miteinander erhielt wie auch 1532 die Bestallung zum Regens der Realistenburse. Bald darauf muß M. für kurze Zeit vielleicht nach Hessen, jedenfalls aber 1533 (? oder 1535) nach Heilbronn berufen worden sein, um dem kränkelnden Lachmann zur Seite zu stehen, dessen Nachfolger er 1539 wurde. Er gewann großen Einfluß durch eine Reihe trefflicher Gutachten, die ihn als tüchtigen conservativen Theologen kennzeichnen, der aber keineswegs dem Zwinglianismus günstiger gegenüber stand als Lachmann, wie Frecht hoffte. Mit Brenz im nahen Hall war er befreundet und bearbeitete dessen Haller Kirchenordnung von 1543 für Heilbronn. Aber die Stellung zum Interim entzweite beide. Brenz konnte es nicht verstehen, daß M. angesichts der schweren Bedrängniß der Stadt durch einquartierte Spanier zur Annahme des Interims rieth, das er aber als Prediger schroff bekämpfte. Die freundlichen Beziehungen zu seinem Schüler Johann Zobel und die friedliche Gesinnung des Bischofs Melchior Zobel von Würzburg bewogen ihn, dem Bischof 1545 einige Abhandlungen des Bischofs Alcimus Avitus von Vienne zu widmen. In Heilbronn genoß er großes Ansehen, sodaß man 1551 ihn den Städten als Gesandten zum Concil in Trient vorschlug. Für Seb. Münster’s Kosmographie bearbeitete er im Auftrage des Raths die Beschreibung von Heilbronn und war vielleicht auch an der Sammlung alter kirchlicher Schriftsteller betheiligt, die in Basel 1550 unter dem Titel „Micropresbyticon“ erschien. Ungedruckte Werke von ihm soll noch 1588 der Baseler Buchdrucker Herwagen besessen [447] haben. Weitere Untersuchung bedarf die Nachricht, daß er eine Chronik verfaßt habe. M. starb 1558 am Charfreitag, 8. April.

Veith, Bibliotheca Augustana III. – Bl. für württb. Kirchengeschichte 1887, S. 47 ff. – Jäger, Mittheilungen zur schwäbischen und fränkischen Reformationsgeschichte. – Dürr, Heilbronner Chronik. – Töpke, Heidelberger Matrikel. – Pressel, Anecdota Brentiana. – Acten des Stadtarchivs Heilbronn. – Beschreibung des Oberamts Heilbronn, herausgegeben vom kath. Landesamt I, II, 512[WS 1].


Anmerkungen (Wikisource)

  1. gemeint ist die Oberamtsbeschreibung des statistischen Landesamts 1901/1903