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ADB:Meyer, Johann Friedrich von

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Artikel „Meyer, Johann Friedrich von“ von Julius Hamberger in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 21 (1885), S. 597–599, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Meyer,_Johann_Friedrich_von&oldid=- (Version vom 5. Dezember 2024, 07:44 Uhr UTC)
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Band 21 (1885), S. 597–599 (Quelle).
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Meyer: Johann Friedrich v. M., der sogenannte „Bibel-Meyer“, geb. 1772 zu Frankfurt a. M., † ebendaselbst 1849. Er nimmt unter den Männern, welche im Anfang des gegenwärtigen Jahrhunderts für die Rückkehr zur biblischen Wahrheit in ihrem Vollgehalte aus der Verflüchtigung, welche sie durch den sogenannten Rationalismus erfahren hatte, in erfolgreicher Weise thätig waren, eine sehr bedeutende Stelle ein. Wenn ihn schon sein Gemüth auf dieses große Ziel hindrängte, so war ihm auch jene gründliche und umfassende geistige Bildung, ohne welche man sich eben diesem Ziele auf keine Weise auch nur anzunähern vermag, im reichsten Maße zu Theil geworden. Er war der Sohn eines angesehenen Handelsmannes in Frankfurt a. M., doch bestimmte ihn der Vater selbst zu einem wissenschaftlichen Berufe. Er sollte sich der Jurisprudenz widmen und bezog zu diesem Ende bereits im 17. Lebensjahre die Universität Göttingen. Seine eigentliche Neigung galt zwar nicht jener Wissenschaft, doch betrieb er dieselbe aus kindlicher Pietät mit solchem Ernste, daß er 1792 mit einer juridischen Abhandlung den akademischen Preis davontrug. Auch in der juridischen Praxis bewährte er sich als Rechtsanwalt in seiner Vaterstadt und als pfalz-baierischer Appellationsrath in Mannheim dergestalt, daß ihn 1807 der Großherzog von Frankfurt zum Stadtgerichtsrath ernannte. Im J. 1816 trat er hierauf in den Senat, 1821 rückte er auf die Schöffenbank, vier Wochen später wurde er Syndikus, 1837 Gerichtsschultheiß d. i. Präsident des Appellations- und Criminalgerichtes; in dem nämlichen Jahre übernahm er auch als Gesandter die Vertretung der freien Städte beim Bundestag, und dreimal, 1825, 1839 und 1843 hat er das Amt des älteren Bürgermeisters bekleidet. Schon von Jugend an war er indessen mit der innigsten Liebe den alten Classikern zugewendet gewesen, so daß er hierin weit über dasjenige, was ihm die Schule bieten konnte, hinausgegangen war, und er nachmals in Göttingen zu des Philologen Heyne eifrigsten und tüchtigsten Schülern gehörte. Bei alledem waren ihm die schönen Künste nicht fremd geblieben, wie er sich denn von jeher im Zeichnen, Malen und im Harfenspiel übte. Nach Vollendung seiner juridischen und philologischen Studien hatte er sich 1793 noch nach Leipzig begeben, um hier Vorlesungen über Philosophie und Naturwissenschaft zu hören. So war es ihm denn möglich geworden, in den Jahren 1794 und 1795 eine ganze Reihe von Aufsätzen archäologischen, philosophischen und belletristischen Inhalts für Heeren’s „Bibliothek“ und Wieland’s „Merkur“ zu liefern; 1794 hatte er überdies einen zweibändigen Roman „Kallia“` erscheinen lassen und 1803 sogar die Leitung des Frankfurter Theaters übernommen, in der Hoffnung, die sich ihm freilich nicht erfüllte, die dramatische Kunst in seiner Vaterstadt zu der Höhe ihrer Aufgabe zu erheben und ihr zugleich eine sittliche Wirksamkeit zu sichern. Bis zum Anfang des gegenwärtigen Jahrhunderts war M. in der damals vorherrschenden rationalistischen Denkart befangen gewesen und hatten ihm die biblischen Bücher zumeist nur ein ästhetisches und poetisches Interesse eingeflößt. Der Ernst der damaligen politischen Ereignisse, deren Druck er auch persönlich gar vielfach [598] zu empfinden hatte, ließ ihn jedoch fortan in der Bibel auch religiösen Trost suchen, und alsbald wurde sie ihm sein Eins und Alles. Auch hier verleugnete er indessen den wissenschaftlichen Geist nicht, wie er denn, um desto genauer in den Sinn des alten Testamentes einzudringen, in seinem 35. Lebensjahre das Hebräische noch gründlich zu erlernen sich entschloß. In Kurzem erwarb er sich so umfassende exegetische Kenntnisse, daß er schon 1812 seine „Bibeldeutungen“ herausgeben konnte, an welchen die damaligen Ausleger der Schrift nichts weiter auszusetzen wußten, als seine gläubige Hingebung an das in der Bibel enthaltene Glaubenssystem. Den Anfechtungen gegenüber, welche er in dieser Beziehung zu erfahren hatte, kam er vermöge seines versöhnlichen, liebevollen Gemüthes alsbald dahin, „das polemische Schwert, wie er selbst sich ausdrückte, einzuziehen und nur im Frieden ein Neues zu bauen“. Sein nächster Plan war eine würdige Verdeutschung der Bibel, bei welcher er Luther’s Uebersetzung, in der er ein hohes geistliches Kunstwerk erkannte, durchaus zu Grunde legte und sich lediglich darauf beschränkte, die in ihr vorkommenden, von Unkunde der Sprachen herrührenden Fehler zu verbessern. Bereits 1819 erschien dieses sein Bibelwerk, dessen Entstehung er selbst, auf Marheineke’s Wunsch, in den „Berliner Nachrichten“ vom 3. December 1818 erzählte, worauf ihm dann 1821 die theologische Facultät zu Erlangen in Anerkennung seiner Verdienste um die Schrift die theologische Doctorwürde zuerkannte. Eine zweite Auflage des Werkes erfolgte 1823 ohne die erläuternden Anmerkungen, eine dritte, welcher die Anmerkungen wieder beigegeben waren, veranstaltete 1855, also sechs Jahre nach Meyer’s Tode, die Zimmer’sche Buchhandlung in Frankfurt. Bei allem Ernste aber seines geistlichen Strebens entfremdete sich M. keineswegs der sogenannten weltlichen Wissenschaft, wofür wir als redende Zeugnisse die in den Jahren 1806 und 1807 von ihm herausgegebene Uebersetzung der Schriften Cicero’s „Von der Natur der Götter“, „Von der Weissagung“ und „Vom Schicksal“, sowie seine Verdeutschung von Xenophon’s „Cyropädie“ aufführen, welche letztere 1813 in erster, 1823 in zweiter Auflage erschien. Ueberhaupt war er unablässig darauf bedacht, neben seinem immer tieferen Eindringen in die Geheimnisse der Bibel, auch seine Kenntnisse im Reich der Natur und der Geschichte mehr und mehr zu erweitern. Er war eben nicht damit befriedigt, die theologischen Lehren nur an sich selbst ins Auge zu fassen. Das Licht, welches vom göttlichen Wort ausstrahlt, sollte vielmehr allem sonstigen Wissen erst seine wahre Würde verleihen, und wiederum die Bibelwahrheit gerade dadurch, daß sie zu den anderen Erkenntnissen in lebendige Beziehung gesetzt wird, nicht mehr als etwas ganz Besonderes, Fremdes, sondern vielmehr als etwas Naheliegendes und womit man sich gar wohl befreunden könne, erscheinen. Diesem hohen Endziel sollte ganz besonders sein Hauptwerk dienen, „Die Blätter für höhere Wahrheit, aus älteren und neueren Handschriften und seltenen Büchern, mit besonderer Rücksicht auf den Magnetismus“, 11 Sammlungen 1819–1832, an welche sich als 12. Band der „Inbegriff der Glaubenslehre“ noch anreihte. Im gleichen Sinne sind seine „Hesperiden“ vom Jahre 1836 gehalten. Schon 1815 hatte er auch für die erste Ausgabe von Schlosser’s „Weltgeschichte in zusammenhängender Erzählung“ die Geschichte des Volkes Israel verfaßt. Im Interesse der Freimaurerloge „Karl zur aufgehenden Sonne“ in Frankfurt, deren Mitglied er war, gab er 1831 „Das Buch Jezira, die älteste kabbalistische Urkunde der Hebräer“ hebräisch und deutsch mit Anmerkungen heraus; ebendahin gehört auch die Schrift „Zur Aegyptologie“ vom Jahre 1840. Mit besonderer Vorliebe war er der Eschatologie und der Apokalyptik zugewendet, wie die schon 1810 erschienene Schrift über den „Hades“, dann sein „Schlüssel zur Offenbarung Johannis“ 1833 und sein letztes Büchlein „Blicke in den Spiegel des prophetischen Wortes“ 1847 beweisen. Es existiren auch von M. sehr vorzügliche [599] geistliche Lieder und für die „Heidelberger Jahrbücher“ hat er von 1811 bis 1818 eine ganze Reihe höchst schätzbarer Recensionen geliefert. Die Stürme des Jahres 1848 überlebte er nicht lange: am 27. Januar 1849 verschied plötzlich Abends seine Gattin; 13 Stunden später entschlief er selbst. – Der „Neue Nekrolog der Deutschen“ von 1849 enthält nur sehr dürftige Mittheilungen über ihn; bei weitem reichhaltiger ist die „Biographische Einleitung“, welche der 1853 bei J. F. Steinkopf in Stuttgart erschienenen „Auswahl aus den Blättern für höhere Wahrheit“ vorangestellt ist.