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ADB:Hermann IV.

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Artikel „Hermann IV., Erzbischof von Köln“ von Leonhard Ennen in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 12 (1880), S. 131–135, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Hermann_IV.&oldid=- (Version vom 2. Dezember 2024, 06:50 Uhr UTC)
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Hermann IV., Landgraf von Hessen, Erzbischof von Köln, seit 1473 Administrator des Erzstiftes, zum Erzbischof gewählt am 11. August 1480, consecrirt im Frühjahr 1487, gestorben am 27. Septbr. 1508. Er war ein Sohn des Landgrafen Ludwig I.[WS 1], Grafen von Ziegenhain und Nidda und der Anna von Sachsen. Nachdem er seine Studien in Prag beendet hatte, wurde er zum Propst des Marienstiftes in Aachen sowie des Gereonsstiftes in Köln gewählt und erhielt ein Canonicat am Kölner Domstift. Eine schwierige Aufgabe fiel ihm zu, als im J. 1471 das Domcapitel sich entschloß, auf seine rücksichtslose Niedertretung der Rechte der erzstiftischen Stände sich förmlich von ihrem Landesherrn, dem Erzbischof Ruprecht loszusagen und den Landgrafen H. zum Hauptmann, Beschirmer und Verweser des Erzstiftes zu ernennen. Am 24. März 1473 forderte das Domcapitel die Edelleute, Ritter, Städte und Unterthanen des Erzstiftes auf, fortan dem von ihm gewählten Stiftsverweser Gehorsam zu leisten. Den Papst ersuchte es, den Beschluß der Stände zu genehmigen und den Landgrafen H. als Administrator des Stiftes zu bestätigen. Ehe er zum äußersten schritt, wollte H. den letzten Versuch machen, die schwebenden Streitigkeiten auf friedlichem Wege beizulegen. An den Herzog Karl von Burgund, welcher sich der Sache des Erzbischofs angenommen hatte, schickte er eine eigene Gesandtschaft, die sich mit demselben über die Bedingungen des Ausgleichs einigen sollte. Diese Bemühungen waren vergeblich, und die Aussichten in die Zukunft gestalteten sich immer trüber. Beiderseits wurden nun die Rüstungen mit großem Eifer betrieben. Die Stadt Köln gab durch das Schutz- und Trutzbündniß, welches sie am 5. Juni 1473 mit dem Administrator, dem Domcapitel und den übrigen Ständen schloß, klar die Richtung zu erkennen, nach welcher ihre Sympathie neigte. Schon hatte Karl von Burgund sich als den Vogt des Erzstiftes und den Beschützer des Erzbischofs Ruprecht ausrufen lassen, als Kaiser Friedrich III. seine persönliche Vermittlung zur Erreichung einer friedlichen Ausgleichung anbot. Domcapitel und Stände entschlossen sich, dem Kaiser die Erklärung abzugeben, daß sie den Schiedsspruch in dem schwebenden Streite mit vollem Vertrauen in seine Hände legten. Die Bemühungen des Kaisers wurden aufs kräftigste unterstützt durch den päpstlichen Legaten, Hieronymus Bischof von Fossombrone. Es wurde vorgeschlagen, der Erzbischof solle das Kapitel in ungestörtem Besitz der ihm zustehenden Zollantheile lassen und den vom Domcapitel in Besitz genommenen erzbischöflichen Hof in der Trankgasse zu Köln wiedererhalten; der Landgraf H. solle den Titel eines Gubernators des Erzstiftes ablegen; das Absetzungsdecret solle förmlich widerrufen und alle gegenseitigen Feindseligkeiten sollten eingestellt werden. Der Landgraf H., das Domcapitel und die Städte erklärten sich bereit, auf diese Bedingungen einen festen Frieden einzugehen. Die Gegner aber, die im Vertrauen [132] auf die Hülfe des Burgunders eine vollständige Unterwerfung des Capitels und der Stände zu erreichen hofften, brachen plötzlich die Unterhandlungen ab und machten Anstalten, die Entscheidung der ganzen Streitfrage auf die Spitze des Schwertes zu stellen. Der Landgraf H. war dessen nicht unzufrieden: seine Hoffnung, bald als wirklicher Erzbischof an die Spitze des Kurstaates zu treten, stand in naher Erfüllung, im Falle Ruprecht zu den Waffen griff und der Kaiser seiner Verpflichtung als Schützer des gekränkten Rechtes nachkam. Alles drängte zur blutigen Entscheidung. Von beiden Seiten wurden die Rüstungen mit dem höchsten Eifer betrieben, die Burgen und Festungen in Vertheidigungszustand gesetzt, die alten Bündnisse bekräftigt, neue Schutzverträge geschlossen, die Zahl der Soldtruppen bedeutend vermehrt. Das Capitel erhielt die kräftigste Stütze an dem Bruder des Administrators, dem regierenden Landgrafen Heinrich von Hessen, der von Seiten des Kaisers zum „Beschirmer und Hauptmanne des Kölner Erzstiftes“ bestellt wurde. Karl von Burgund setzte sich ungesäumt mit einem starken Heere nach dem Rheine in Bewegung. Der Stiftsverweser H. wollte sich von demselben nicht überraschen lassen. Ehe Karl im Stande war, sich im Erzstift festzusetzen, begann H. die Feindseligkeiten gegen die Anhänger Ruprecht’s und versuchte, in raschen Schlägen sich der von den Feinden noch besetzten Festen und Schlösser zu bemächtigen. Fast allerwärts, wohin er seine Waffen richtete, behielt er die Oberhand und in den meisten Plätzen, die bis dahin noch im Besitze des Erzbischofs gewesen waren, pflanzte er die Fahne des Capitels auf. Ruprecht lebte der Zuversicht, daß die burgundischen Waffen das Vertrauen seiner entmuthigten Schaaren recht bald durch glänzende Siege wieder aufrichten würden. Von Falkenburg aus richtete Karl an die Städte Neuß und Köln die Aufforderung, dem Domcapitel und dem Landgrafen H. jede Unterstützung gegen den Erzbischof zu versagen, er selbst rückte jetzt mit einem starken Heere heran, um Ruprechts Feinde zu strafen und zu züchtigen. Man hatte Grund, vom Herzog Karl zu erwarten, daß er die Verwicklungen im Kölner Kurstaat benutzen werde, um bleibend am Rheine festen Fuß zu fassen und vom Kölnischen Gebiete aus dauernd seine Angriffe gegen Deutschland sowohl wie gegen Frankreich zu richten. Der Kaiser wußte zwar den Kern der schwebenden Frage richtig zu würdigen; er konnte sich aber nicht zu den Mitteln entschließen, die zu einer für Deutschland heilsamen Entscheidung erforderlich waren. Statt mit starker Waffenmacht gegen Karl und dessen Genossen ins Feld zu rücken, wollte er lieber mit Mandaten und Decreten den Kampf versuchen. – Es war im Juli, als die erste Schaar burgundischer Truppen in einer Anzahl von etwa 3000 den erzstiftischen Boden betrat. Der erste Stoß galt nicht, wie man allgemein befürchtet hatte, der Reichsstadt Köln, sondern der im Niederstift gelegenen Festung Neuß. Neuß hatte ebenso wie Köln, Karls Zumuthung, den burgundischen Truppen freiwillig die Thore zu öffnen, mit Entschiedenheit von der Hand gewiesen. Im raschen Ansturme wollte Karl die kleine Stadt für ihren kühnen Widerstand züchtigen und dann mit seiner ganzen Heeresmacht gegen Köln vorrücken. Am 19. Juli lagerten sich die ersten Kolonnen auf dem Sandberge bei dem Dorfe Holzen. Täglich trafen neue Verstärkungen ein. Karl begann erst mit Ernst und Nachdruck die Belagerungsarbeiten, als er sein Heer bis auf 12 000 Mann gebracht hatte. Der Administrator H., der die Vertheidigung persönlich leitete, war entschlossen, den letzten Mann und letzten Blutstropfen an die Vertheidigung der Stadt zu setzen. Die Noth stieg in dem belagerten Neuß bis zum Aeußersten; aber die tapfere Bürgerschaft war entschlossen, unter Führung des heroischen Administrators auszuharren, bis der Tag der Rettung komme. Der Burgunder war der Uebermacht des Kaisers nicht gewachsen. Vor den Thoren von Neuß bereitete sich [133] dieser, den entscheidenden vernichtenden Schlag gegen den Reichsfeind zu führen. Diesen Zeitpunkt hielt der päpstliche Legat für geeignet, beide Parteien zum Versuch eines friedlichen Ausgleichs aufzufordern. Der Kaiser sowol wie der Herzog schenkte der Friedensmahnung geneigtes Gehör, und am 13. Juni 1474 war durch den päpstlichen Legaten dem Administrator verkündet, daß zwischen dem Kaiser und dem Herzog von Burgund eine friedliche Einigung geschlossen und die Einstellung der Feindseligkeiten verabredet sei. In diesem Vertrage wurde bestimmt, daß die Entscheidung zwischen dem Erzbischof Ruprecht und den Ständen dem Kaiser und dem Papste vorbehalten bleibe, und die Stadt Neuß bis zu diesem Schiedspruche unter den besonderen Schutz des Papstes und des Kaisers gestellt werden solle. Durch eine kaiserliche Verordnung vom 8. Sept. 1475 wurde H. „in Ansehung der treuen, redlichen und emsigen Dienste, womit er dem Herzog von Burgund Widerstand geleistet und die Stadt Neuß vertheidigt habe“, auf Anstehen des Domcapitels und der Stände zum Regierer des Kölner Erzstiftes bestellt, und es wurde ihm für die laufende Verwaltung ein kleiner und für wichtigere Angelegenheiten ein großer Rath zur Seite gegeben. Ruprecht erkannte recht wohl, daß der in Aussicht stehende definitive Schiedspruch für ihn nicht günstig ausfallen werde; darum wollte er denselben nicht abwarten, sondern sein Glück neuerdings mit den Waffen versuchen. H. griff nun auch wieder zum Schwerte, und bald erneute sich der wilde Kampf durch das ganze Erzstift. Erst als Ruprecht um Pfingsten 1478 vom Landgrafen Heinrich gefangen genommen und nach dem Schlosse Blankenstein abgeführt worden, konnte man auf baldigen Frieden hoffen. Am 6. Juli kam nun in Köln zwischen H. und dem Domcapitel einerseits und dem durch zwei Bevollmächtigte vertretenen Erzbischof andererseits ein Vertrag zu Stande, wonach letzterer gegen eine Leibrente auf das Erzbisthum und den Titel eines Erzbischofs zu Gunsten des Verwesers H. verzichtete. In Rom konnte man sich nicht entschließen, dieses Abkommen zu bestätigen. Fast zwei Jahre lang hing diese Angelegenheit unentschieden an der römischen Kurie. Endlich wurde man jeder Verlegenheit enthoben, als Ruprecht am 16. Juli 1480 im Gefängnisse starb. Am 11. August fand in Köln die Neuwahl eines Erzbischofs statt. Die ganze Wahlhandlung war lediglich eine Förmlichkeit, und, wie nicht anders zu erwarten stand, wurde der seitherige Gubernator vom Capitel zum Erzbischof erkoren. Die päpstliche Bestätigung und die Ertheilung des Palliums erfolgte unter dem 15. November. Am 6. Februar 1481 wurde letztere dem neuen Erzbischof im Dome unter großer Feierlichkeit überreicht. Im folgenden Jahre, als sich zwischen Rath und Zünften verderbendrohende Streitigkeiten erhoben hatten, bot der neue Erzbischof seine guten Dienste zur Beilegung der bedenklichen Wirren an. Mit seinen Räthen erschien er „persönlich unten in der kleinen Kammer“ des Rathhauses und erbot sich den Bevollmächtigten des Rathes und der Schickung gegenüber „zum Frieden zu sprechen und zu rathen, um deswillen er zu keiner Zeit Mühe und Arbeit sich wolle verdrießen lassen.“ Doch seine Bemühungen waren vergeblich; es mußte erst Blut fließen, ehe die Ruhe wiederkehrte. Der Stadt Köln gegenüber schien H. fest entschlossen zu sein, den fruchtlosen Kampf, in welchem die meisten seiner Vorgänger einen guten Theil ihrer Kräfte ohne Erfolg erschöpft hatten, nicht wieder aufzunehmen, die bestehende städtische Verfassung erkannte er an und die geschlossenen Verträge wollte er in ihrem vollen Umfange heilig halten. Dabei verlangte er aber von Seiten des Rathes gewissenhafte Achtung der Privilegien und Freiheiten des Clerus und genaue Beobachtung der auf Herkommen, Sühnen und Verträgen beruhenden erzbischöflichen Rechte. Bei dem beiderseitigen Bestreben, keinen Anlaß zu einer ernstlichen Friedensstörung zu geben, konnte es gelingen, [134] das Verhältniß zwischen der Stadt und dem Erzbischof eine Reihe von Jahren auf so freundschaftlichem Fuße zu erhalten, wie solches bei der Unklarheit der beiderseitigen Rechte möglich war. Einen besonderen Beweis seiner freundschaftlichen Gesinnung gegen die Stadt Köln gab er, als er im Januar 1486 auf den kaiserlichen Tag nach Frankfurt zog. Dem von ihm bestellten Statthalter befahl er, die Stadt Köln gegen alle etwaige Angriffe auf alle Weise zu schützen. – Bereits fünf Jahre saß H. auf dem erzbischöflichen Stuhle, und noch immer hatte er die kaiserliche Belehnung nicht erhalten. Er hatte die Reise an den Kaiserhof so lange aufgeschoben, weil es ihm an den Mitteln fehlte, die zu einer glanzvollen Auffahrt bei Gelegenheit der Belehnung erforderlich waren. Es war ihm lieb, daß Kaiser Friedrich im December 1485 auf einer Reise nach Aachen sich in der Stadt Köln einige Tage aufhielt. Bei dieser Gelegenheit erhielt H. auf dem Altenmarkt die Belehnung mit den Regalien. Im folgenden Jahre setzte er dem Könige Maximilian in Aachen die Krone auf. Nach seiner Belehnung wartete der Erzbischof noch volle zwei Jahre, ehe er seinen feierlichen Einritt in die Stadt Köln hielt. Es geschah dies am Fastnachtsonntag 1488. Auf dem Domhofe nahm er in üblicher Weise die Huldigung von Seiten des Rathes entgegen. Das friedliche Verhältniß zwischen der Stadt Köln und dem Erzbischof war nicht von langer Dauer. Eine Reihe gegenseitiger Klagen und Beschwerden führte zu Processen, Sühneversuchen und schiedsrichterlichen Sprüchen, welche viele Jahre hindurch die Thätigkeit der städtischen Verwaltung aufs Höchste anspannten und jeden Augenblick zu blutigen Verwicklungen zu führen drohten. Als der Versuch eines Ausgleichs auf dem Reichstag zu Freiburg 1498 gescheitert war, wandte sich H. mit seinen Beschwerden an den apostolischen Stuhl. Von einem römischen Spruch konnte die Stadt nur die bedenklichste Bedrohung ihrer verbrieften Freiheiten und guten Gewohnheiten erwarten. Darum lag ihr alles daran, den König, wenn auch mit schweren Opfern, für ihr Interesse zu gewinnen und durch einen königlichen Spruch das Gewicht der in Aussicht stehenden römischen Mandate und Urtheile abzuschwächen. Guten Theils war es dem Einfluß Maximilians zuzuschreiben, daß H. endlich einlenkte und seine Zustimmung zu einem schiedsrichterlichen Ausgleich durch den Spruch des Propstes Jakob von Croy ertheilte. Am 23. April 1507 kam der Erzbischof nach Köln und ertheilte seine Zustimmung zu der von Croy vermittelten Sühne. – Neben seinen weltlichen Regierungsgeschäften erfüllte H. auch die Obliegenheiten seines erzbischöflichen Amtes mit Eifer und Gewissenhaftigkeit. Sein Hauptaugenmerk richtete er auf das Leben der Ordensgeistlichen: alle Mühe gab er sich, die Klöster zu strengerer Disciplin zurückzuführen. In Kempen gründete er ein neues Frauenkloster. In Brühl, wo viele der aus Köln vertriebenen Juden 1428 Schutz gefunden hatten, ließ er die Synagoge niederreißen und an ihrer Stelle eine Kirche nebst Kloster erbauen. Von Papst Innocenz VIII. erhielt er die Erlaubniß, Franciscaner der strengen Observanz in dieses Kloster zu berufen. In diese seine Lieblingsstiftung zog er sich häufig zu frommen Uebungen zurück. Die Kirche konsekrirte er 1493. Im J. 1483 erhob er die Gebeine des Albertus Magnus und gestattete den Dominicanern, denselben eine würdige Ruhestätte in ihrer Kirche zu bereiten. Die Pfarrkirche der Stadt Kempen ließ er auf seine Kosten in würdiger Weise ausschmücken. Um den Dom, an welchem nur noch mit ganz schwachen Kräften gearbeitet wurde, machte er sich durch Betheiligung an der Stiftung eines der prachtvollen gemalten Fenster im nördlichen Seitenschiff verdient. Am 7. März 1498 wurde er zum Administrator von Paderborn gewählt. Er starb am 27. September 1508 und wurde im Kölner Dome beerdigt.

[135] Wilmius, Colon. archiep. libri tres, 1629, Handschrift. – Crombach, Ann. metrop. eccl. Colon. tom. IV, Handschrift. – Moerkens, Conatus chronologicus. – Ennen, Geschichte der Stadt Köln, Bd. 3. – Handschriftliches im Kölner Stadtarchiv.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Ludwig II.