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ADB:Corbinian

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Artikel „Corbinian“ von Max Büdinger in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 4 (1876), S. 472–473, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Corbinian&oldid=- (Version vom 3. Dezember 2024, 06:41 Uhr UTC)
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Corbinian, erster Bischof in Freising, † 8. Sept. 730. C., in Chartrettes südöstlich von Melun nach dem Tode seines Vaters Waldekiso geboren und in der Taufe nach ihm benannt, ward später aus Zärtlichkeit von seiner Mutter Corbiniana mit diesem römischen Namen bezeichnet. Seine Familie scheint wohlhabend und angesehen gewesen zu sein. C. gewann zuerst Verehrung als Büßer in einer Klausnerhütte bei der Germanuskirche seiner Heimath, allmählich großen Zulauf; auch der Hausmeier und Frankenherzog Pippin († 16. Dec. 714) empfahl sich seinem Gebete, verzieh auf seine Fürbitte einem Verurtheilten und beschenkte ihn. Dem Andrange zu entfliehen ging C., wol um eine höhere Weisung für seine Zukunft am Grabe der Apostelfürsten wie so viele Zeitgenossen zu erhalten, nach Rom; dort empfing ihn Papst Gregor II. (19. Mai 715–11. Febr. 731) gütig, ließ ihn neben sich sitzen, verlieh ihm die bischöfliche Würde und das Pallium mit dem Auftrage zu wirken, wo er wolle. Schon auf der Hinreise war er durch Baiern gekommen, wo er Herzog Theodo, der wahrscheinlich 717 starb, noch am Leben und gütig fand, von dessen mitregierenden Söhnen aber dem in Freising residirenden Herzog Grimoald näher trat, der ihn gleich dem Vater vergeblich zu bleiben einlud. Auf Grimoalds Befehl ward er bei der Rückreise zu Mais (bei Meran in Tirol) angehalten, wo er die Verehrung des heil. Valentin begründete oder erneuerte. Mit seinem berittenen Gefolge – denn er liebte stattlichen Aufzug, gestattete auch sich und Anderen guten Wein und etwa einen wohlschmeckenden Fisch in der Fastenzeit – kam er an Grimoalds Hof (wahrscheinlich im J. 718). Noch mußte er damals vollkommen rüstig gewesen sein, wie sich denn sein Körper großen Anstrengungen gewachsen zeigte. Dem Herzoge ließ er nach der Ankunft in Freising „durch einen demselben werthen Kämmerer“ erklären, ihn nicht sehen zu wollen, bis er sich von seiner Gemahlin Pilitrud, als der Wittwe seines Bruders, getrennt habe. Nach wochenlangem Zögern erschien das Fürstenpaar vor ihm, versprach knieend Scheidung, empfing Absolution und die Ehre von Corbinians [473] Erscheinen an der fürstlichen Tafel. Mit Grimoald reiste er nach Mais und beide kauften – C. mit den einst von Pippin empfangenen 900 Goldstücken – nach allen Rechtsformen Besitzungen in der Nähe, welche sie der Freisinger Kirche schenkten. Im Verkehre mit dem Herzoge hielt C. so sehr auf seine Würde, daß er einst die fürstliche Tafel umwarf, weil Grimoald von den durch Corbinians Tischgebet gesegneten Speisen einem Hunde zugeworfen hatte. Das Verhältniß brach zum Theile wol, weil er die Scheidung stets verschob, zunächst aber, weil C. eine Frau blutig schlug, welche des fürstlichen Paares erkranktes Söhnchen durch Zaubersprüche zu heilen versucht hatte. Pilitrud beauftragte einen Hofherrn mit Corbinians Ermordung. Von seinem Bruder Ermbert gewarnt, entkam C. 724 nach Mais, dessen sich inzwischen der Langobardenkönig Liutprand bemächtigt hatte. Im folgenden Jahre 725 ward Grimoald von Karl Martell besiegt, Pilitrude nach dem Frankenreiche abgeführt. Doch erst nach Grimoalds Ermordung (729) konnte C., von dessen Nachfolger H. Hucbert berufen, nach Freising zurückkehren, wo er im folgenden Jahre starb. Noch vor seinem Tode hatte er Ermbert zu seinem Nachfolger in Freising, vielleicht mit bischöflichem Titel bestellt, seine Stiftung von Mais und seine eigene Beisetzung daselbst durch König Liutprand sichern lassen. Würdevoll ging er dem Ende entgegen: er badete, ließ sich Haar und Bart ordnen, in voller Kleidung genoß er das Abendmahl, verlangte dann noch etwas Wein, kostete ihn, machte das Zeichen des Kreuzes und verschied. – Durch die Bemühungen seines dritten Nachfolgers Aribo, der selbst aus Mais stammte, sind seine verehrten Gebeine von dort nach Freising zurückgebracht worden. Seine Bedeutung liegt in der ersten Organisation, vielleicht auch Abgrenzung der Freisinger Diöcese nach der Bekehrung, in der Bekämpfung von Resten des Heidenthums, in dem Ansehn, welches er in dem neubekehrten Lande dem Priesterthum gab. – Sein Biograph, der genannte Aribo, mag Ermberts Berichten die besseren Nachrichten danken. Als Aribo’s eigene Zuthat sind in der obigen Darstellung ausgeschieden worden: das nach dem Muster der Werbungen des biblischen Jakob bestimmte Klausnerleben Corbinians vor seiner Freisinger Thätigkeit durch dreimal sieben Jahre, sowie eine wol nach Bonifacius’ Muster erfundene erste Romreise am Ende der ersten vierzehn Jahre, die ohnehin, als zu Pippins († 714) und doch zu Gregors II. Zeit (715–731) gesetzt, unmöglich ist: eine zweite Romreise ist durch Corbinians Bischofswürde belegt. Einige Wunder an gestohlenen Pferden und gährenden Weinen sind populären Ursprungs.

Rettberg, Kirchengesch. II. 214 ff. Büdinger, Oesterr. Gesch. I. 94 ff. Breysig, Karl Martell 53. Wattenbach, Deutschlands Geschichtsqu. 3. Aufl. I. 96 ff.