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ADB:Brunner, Sebastian

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Artikel „Brunner, Sebastian“ von Friedrich Lauchert in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 47 (1903), S. 299–306, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Brunner,_Sebastian&oldid=- (Version vom 12. Dezember 2024, 10:27 Uhr UTC)
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Brunner: Sebastian B., katholischer Theolog und vielseitiger Schriftsteller, geboren am 10. December 1814 zu Wien, † daselbst am 27. November 1893. Als Sohn eines wohlhabenden Seidenzeugfabrikanten, aus einer ursprünglich aus Franken stammenden, früher adeligen Familie, in der Wiener [300] Vorstadt Schottenfeld geboren, erhielt er seine Schulbildung in seiner Vaterstadt, wo er 1826–1832 das mit dem Benedictinerstift zu den Schotten verbundene Schottengymnasium besuchte. Die zweijährigen philosophischen Studien absolvirte er am Lyceum zu Krems, von Herbst 1832–1834, wo er im ersten Jahre in dem von den Piaristen, die auch das Lehramt an der Lehranstalt versahen, geleiteten Convicte wohnte. Sodann studirte er in den Jahren 1834 bis 1838 Theologie an der Universität Wien, wo er seit dem 27. September 1834 als Alumnus im Seminar wohnte. Eine höchst anziehende Schilderung seines äußeren und inneren Lebens in diesen Jugend- und Studienjahren, mit interessanten Beiträgen zur Geschichte des damaligen Schulwesens von der Volksschule bis zur Universität, gibt B. selbst in seiner Selbstbiographie „Woher? wohin?“ In der Darstellung der Universitätsjahre gedenkt er mit besonderer Dankbarkeit des damaligen Spirituals im Seminar, Leopold Horni. Nach Vollendung der Studien empfing er im Juli 1838 die höheren Weihen, die Priesterweihe am 25. Juli, worauf er am 5. August an dem Wallfahrtsorte Maria-Zell in Steiermark seine Primiz feierte. Seine erste Anstellung in der Seelsorge erhielt er darauf als Cooperator in Neudorf im Viertel unter Mannhartsberg, an der Grenze von Mähren, wohin er am 15. September abreiste. Von diesem entlegenen Dorfe, wo er von allen litterarischen Hülfsmitteln abgeschnitten war, wurde er im August 1839 zu seiner Freude als Cooperator nach Petersdorf (Perchtoldsdorf) bei Wien versetzt. Nachdem er sich im April 1842 der Pfarrconcursprüfung unterzogen hatte, wurde er im Herbst dieses Jahres als Pfarrprovisor nach Wienerherberg, einem Dorf in der Nähe der ungarischen Grenze, gesandt; schon im Januar 1843 wurde aber sein Wunsch erfüllt, eine Anstellung in Wien zu erhalten, nämlich als Kaplan in der Vorstadtpfarre Altlerchenfeld, welche Stelle er zehn Jahre lang, bis 1853, bekleidete. Diese Jahre bezeichnet er selbst als eine der glücklichsten Perioden seines Lebens. Ein nach höheren Aemtern strebender Ehrgeiz war ihm fremd; dagegen bot ihm der Aufenthalt in der Reichshauptstadt, neben der ihn hier nicht sehr in Anspruch nehmenden Berufsthätigkeit, Alles was er sich wünschen mochte: alle Mittel zur Förderung seiner einen immer größeren Umfang annehmenden litterarischen Thätigkeit, und einen angenehmen Verkehr mit den bedeutendsten Persönlichkeiten im damaligen Wien. Unter den Wiener Gelehrten schloß er sich besonders an den berühmten Prediger Joh. Emanuel Veith näher an, mit dem er schon seit seinen Studienjahren in persönliche Beziehungen getreten war. Bei Gelegenheit größerer Reisen, welche seine Verhältnisse ihm zu machen erlaubten, machte er die persönliche Bekanntschaft vieler bedeutender Gelehrten; so trat er in München in nähere Berührung besonders mit Görres und Haneberg (dem ersteren, den er schon als Student auf einer Ferienreise kennen lernte, setzte er nach seinem Tode ein Denkmal in der Broschüre: „Einige Stunden bei Görres“, Regensburg 1848; dem letzteren, bei dem er späterhin, als derselbe Abt von St. Bonifaz in München geworden war, öfter Wochen lang als Gast des Stiftes weilte, später in den „Denkpfennigen“, S. 235–243), in Freiburg mit Staudenmaier, Stolz u. A. Durch den Hofrath Baron Clemens Hügel, der ihn aus seinen bis dahin erschienenen Schriften schätzte und an sich zog, kam er seit 1843 auch in Berührung mit der diplomatischen Welt, besonders auch in Beziehungen zu dem Staatskanzler Fürsten Metternich, der seinen politischen Scharfsinn schätzen lernte und sich während dieser Jahre vor 1848 von ihm aus den einlaufenden Gesandtschaftsberichten regelmäßig Referate über die Bewegungen in Deutschland zusammenstellen ließ. Die Absicht des Fürsten, ihn als Gesandtschaftsattaché in den diplomatischen Dienst zu ziehen, wurde durch den Ausbruch der [301] Revolution vereitelt. Als B. im J. 1846 eine längere Reise durch Deutschland und Frankreich machte, gab ihm Metternich Empfehlungsschreiben mit und trug ihm auf, seine Beobachtungen über die politische und sociale Bewegung niederzuschreiben. Das Resultat seiner in Deutschland gemachten Erfahrungen mit den Aussichten für die Zukunft legte er auch der Oeffentlichkeit vor in der 1847 erschienenen satirischen Novelle „Die Prinzenschule zu Möpselglück“. Als dann in der Revolutionszeit die Maschinerie des josephinischen Staatskirchenthums vollständig versagte, nahm B., ohne Rücksicht auf die persönliche Gefahr, der er sich aussetzte, unter dem kirchen- und kaisertreuen Clerus in erster Reihe den Kampf gegen den revolutionären Geist auf. Er gründete in dieser Zeit die „Wiener Kirchenzeitung“, deren erste Nummer am 15. April 1848 erschien und die er bis 1865 redigirte. Während er in diesem Blatte mit großer Entschiedenheit auch fernerhin für das Recht und die Freiheit der Kirche eintrat, insbesondere gegenüber der kirchen- und christenfeindlichen Presse, die jetzt in Oesterreich ihr Wesen zu treiben begann, kam es ihm nicht darauf an, sich auch bei kirchlichen Bureaukraten josephinischen Systems, deren es immer noch gab, und denen er schon früher die satirische Dichtung: „Schreiberknechte. Eine Serenade für das papierene Kirchenregiment“ (1848) gewidmet hatte, mißliebig zu machen. – 1845 wurde B. Doctor der Philosophie, 1847 als solcher in das Doctorencollegium der philosophischen Facultät der Wiener Universität aufgenommen; dieses Collegium wählte ihn für das Jahr 1852/53 und nach Ablauf des Jahres auch wieder für das folgende Jahr zu seinem Decan. Die theologische Doctorwürde ertheilte ihm 1848 die theologische Facultät von Freiburg i./B.; 1863 beschloß die theologische Facultät von Salzburg seine „Nostrification“, konnte dieselbe aber, nachdem das Ministerium gegen alles Herkommen anfänglich die Bestätigung hatte verweigern wollen, erst am 12. März 1866 vollziehen (vgl. Denkpfennige, S. 203–225). Am 12. Januar 1853 wurde ihm das Beneficium eines Feiertagspredigers an der Universitätskirche zu Wien verliehen; er versah dieses Amt bis Ende 1856, als die Universitätskirche wieder den Jesuiten, denen sie vor 1773 gehört hatte, zurückgegeben wurde. Von dieser Zeit an lebte er ohne ein Amt zu bekleiden in Wien, in unermüdlicher litterarischer Thätigkeit; er wohnte seit 1857 lange Jahre im Dominicanerkloster daselbst; den Sommer pflegte er theilweise auf Reisen zuzubringen, theils in der Heimath, theils im Auslande, wie er sich besonders wiederholt längere Zeit in Italien aufhielt (vgl. seine unten in der Uebersicht der schriftstellerischen Thätigkeit zu erwähnenden Reisewerke). Im J. 1865 ernannte ihn Papst Pius IX. zum apostolischen Protonotar und infulirten Prälaten. Zuletzt nahm er seine Wohnung im Greisenasyl im Vorort Währing, wo er am 27. November 1893 starb. Er wurde auf dem Friedhofe zu Maria-Enzersdorf bei Wien begraben, an der Seite seiner Mutter.

Die schriftstellerische Thätigkeit Brunner’s, die er während mehr als eines halben Jahrhunderts entfaltete, und die im Folgenden in einer nicht erschöpfenden, aber doch nichts Wesentliches übergehenden Uebersicht vorgeführt werden soll, ist eben so umfangreich als vielseitig. Sie beginnt in den Kaplans-Jahren zu Petersdorf, und zwar mit der Abfassung von zwei Gebetbüchern: „Jesus mein Leben“ (Wien 1842; 5. Aufl. 1878) und „Das Heil aus Sion“ (Wien 1842; 2. Aufl. 1844). Hier verfaßte er auch seine ersten historischen Versuche: „Wiener-Neustadt in Bezug auf Geschichte, Topographie, Kunst und Alterthum dargestellt“ (Wien 1842) und „Geschichte des landesfürstlichen Marktes Perchtoldsdorf“ (Wien 1842), ferner die durch das Studium der vaterländischen Geschichte und den wiederholten Besuch der historisch denkwürdigen [302] Orte, in deren Nähe er lebte, angeregte patriotische Dichtung: „Der Babenberger Ehrenpreis“ (Wien 1843; 2. Aufl., Regensburg 1846; 3. Aufl. ebd. 1873), und seinen ersten humoristischen Roman: „Des Genies Malheur und Glück“ (2 Bde., Leipzig 1843; 2. Aufl. Regensburg 1848; 3. Aufl. ebd. 1864). Das zweite erzählende Werk dieser Art schrieb B. zu Wienerherberg: „Fremde und Heimath“ (2 Bde., Leipzig 1845; 3. Aufl. Regensburg 1864), sodann in Wien das dritte: „Diogenes von Azzelbrunn“ (2 Bde., Wien 1846; 2. Aufl. Regensburg 1864). Die drei Erzählungen (die vierte, die „Prinzenschule“, ist unten in anderem Zusammenhang zu erwähnen) dürfen wohl zum Besten gerechnet werden, was wir in deutscher Sprache auf dem Gebiete humoristischer Erzählungslitteratur besitzen. Brunner’s reiche Begabung für dieses Feld poetischer Darstellung entfaltet sich hier in glücklichster und liebenswürdigster Weise. Die erste Erzählung behandelt das Leben eines Malers, die zweite das eines Dichters, die dritte das eines Musikers. In der Erfindung der Handlung liegt nicht Brunner’s Stärke; die Entwicklung der Haupthandlung jeder Erzählung verläuft ziemlich einfach und ohne spannende Verwicklungen; es ist mehr die Darstellung einzelner Situationen, die Charakteristik der Nebenfiguren in ihren Reden und Handlungen, der Reichthum an Gedanken und Betrachtungen ernster und heiterer Art, die bald im Namen des Verfassers eingestreut, bald den verschiedenen Personen in den Mund gelegt werden, der unerschöpfliche Witz, der gern in der Weise des P. Abraham a S. Clara mit Worten spielt, dabei aber nicht an der Oberfläche haftet, sondern in die Tiefe der Sache dringt, was den Reiz und Werth dieser Werke ausmacht. In dem eigentlich humoristischen Element erinnert B. oft an Jean Paul, obwohl er durchaus originell ist; die Gestalten des Wanzenberger in „Des Genies Malheur und Glück“, des Raspelmayer und Kramer im „Diogenes“ dürfen sich neben den gelungensten humoristischen Charakteren Jean Paul’s sehen lassen; zu Grunde liegen übrigens den gelungensten Gestalten speciell im „Diogenes“, wie B. selbst wiederholt hervorhebt (vgl. „Woher? Wohin?“ 2. Bd., 3. Aufl., S. 375 f.), wirkliche Wiener Originale, die er in seiner Jugend gekannt hatte. Prachtstücke in ihrer Art sind die Tagebuchaufzeichnungen, in denen B. diese seine Lieblingsfiguren ihre Gedankenwelt darstellen läßt; ein späterer Zusatz dieser Art ist die der 2. Auflage des „Diogenes“ angehängte Beilage: „Herrn Kramer’s Maria-Zeller Wallfahrt“, in Form eines von Kramer geführten Tagebuches; zuerst in dem von B. herausgegebenen Stern-Kalender 1855–1858 erschienen. Uebrigens bricht bei Brunner’s humoristischen Lieblingsgestalten auch immer der positiv christliche Grundton des Charakters durch; auf dem innersten Grunde einer kernhaften Religiosität baut sich ein durchaus gesunder Humor auf, ohne alle schwächliche Sentimentalität. – In Brunner’s erste Wiener Jahre, von 1843 bis 1848, fallen seine meisten Schriften in poetischer Form. Den Anfang macht, nach dem schon erwähnten, schon vorher entstandenen Werke: „Der Babenberger Ehrenpreis“, die ernste philosophische Dichtung: „Die Welt ein Epos“ (zuerst Wien 1844; 2. Aufl. Regensburg 1846; 3. Aufl. 1847; wieder als 16. Bd. der Gesammelten Schriften 1873), eine poetische Darstellung der Schöpfungsgeschichte, zur Vertheidigung der christlichen Weltanschauung gegen den Pantheismus. Daran schloß sich zunächst die freie Uebersetzung des französischen Gedichtes „Jerusalem“ von Jacques Mislin (Regensburg 1844). Es folgt eine Reihe von satirischen Dichtungen, genial angelegt und mit übersprudelndem Witz ausgeführt, aber mit sehr ernstem Hintergrund. Den revolutionären Geist, wie er, von der Hegel’schen Linken ausgehend, in der Litteratur des „Jungen Deutschland“ sich ausprägte und [303] von da ins Volk drang, behandeln „Der Nebeljungen Lied“ (Regensburg 1845; 2. Aufl. 1847; 3. Aufl. 1852; 4. Aufl. 1891) und „Der deutsche Hiob“ (1. u. 2. Aufl. Regensburg 1846; 3. Aufl. 1873). Die Erfahrungen, die B. „damals im halbofficiellen Verkehr mit in- und ausländischen Diplomaten einerseits und in seiner ganz officiellen Stellung mitten unter dem armen arbeitenden Volk gesammelt“ (Vorwort zur 4. Aufl. des Neb.-Liedes), regten ihn zu diesen Arbeiten an. Den veralteten Zuständen im Staat und in dem nach josephinischem System eingerichteten Staatskirchenregiment sind die 1847 entstandenen, 1848 in Regensburg erschienenen poetischen Satiren gewidmet: „Blöde Ritter; poetische Gallerie deutscher Staatspfiffe“ und „Schreiberknechte; eine Serenade für das papierene Kirchenregiment“. Nach dem Revolutionsjahr erschien die politische Satire: „Das deutsche Reichsvieh“ (Wien 1849); einige Jahre später die „Keilschriften“ (Regensburg 1856), die nochmals auf die Gedanken des „Nebeljungenliedes“ zurückgreifen. In diesen Zusammenhang gehört nun auch das vierte Werk Brunner’s in Romanform, „Die Prinzenschule zu Möpselglück“ (2 Bde., Regensburg 1848; 2. Aufl. 1865), worin er seine auf der Reise in Deutschland im J. 1846 gemachten Erfahrungen in Bezug auf das Umsichgreifen der communistischen Ideen in dieser poetischen Einkleidung darstellte und am Vorabend der Revolution (das Buch erschien im November 1847) ein derartiges Ereigniß als Resultat aus der seitherigen Verbreitung der entsprechenden Theorien in sichere Aussicht stellte; das letzte Capitel bezeichnete die nächste Zukunft Deutschlands, dessen Zustände im Kleinen in den Hof-, Universitäts- und Preßverhältnissen des nach Jean Paul’schem Muster erfundenen Herzogthums Möpselglück sich abspiegeln, symbolisch durch einen großen schwarzen Fleck. Hierher gehört endlich noch die kleine, aus Aphorismen in Prosa bestehende Schrift: „Mane, thekel, phares! (Gezählt, gewogen, getheilt.) Daniel 5, 25. Ein letztes Wort an die armen Reichen“ (Regensburg 1851; 5. Aufl. 1891), und die „Kirchen- und Staatsgedanken“ (1851; 3. Aufl. 1889). Brunner’s im J. 1848 gegründete Kirchenzeitung ist schon oben erwähnt worden.

Mit den confessionellen Verhältnissen beschäftigen sich die Schriften: „Hurter vor dem Tribunal der Wahrheitsfreunde. Supplement zu Hurter’s Geburt und Wiedergeburt“ (Regensburg 1846), eine Vertheidigung Hurter’s gegen die nach seiner Conversion von Schenkel und Gutzkow gegen ihn gerichteten Schmähschriften; „Rom und Babylon. Eine Beleuchtung confessioneller Zustände der Gegenwart“ (Regensburg 1852), zur Conversion der Gräfin Ida Hahn-Hahn, gegen anonyme Beschimpfungen derselben; sodann die interessante Biographie: „Clemens Maria Hoffbauer und seine Zeit. Miniaturen zur Kirchengeschichte von 1780 bis 1820“ (Wien 1858). Als Ergebniß seiner Wirksamkeit auf der Kanzel veröffentlichte B. zunächst zwei Bände Predigten unter dem Titel: „Homilienbuch für die Sonn- und Feiertage des Kirchenjahres“ (Regensburg 1851). Schon vorher hatte er einen theoretischen Beitrag zur Homiletik geliefert in der Veith gewidmeten Schrift: „Einleitung zur Homiletik der Neuzeit“ (Regensburg 1849), in der er sich besonders über die dem Prediger nothwendige wissenschaftliche Bildung ausspricht. Aus seiner Thätigkeit als Feiertagsprediger an der Universitätskirche ging zunächst das Werk hervor: „Die katholischen Festtage. Feiertagspredigten“ (Regensburg 1854; auch als 3. Band des „Homilienbuches“). Weiter folgten die beiden Werke: „Das Hohenpriestergebet Jesu Christi (Joh. XVII) in sieben Homilien“ (Regensburg 1856), und das schöne, aus einer Reihe ebenfalls in der Universitätskirche gehaltener homiletischer Vorträge bestehende Buch: „Paulus in Athen. Ein Spiegelbild unserer Zeit“ (Regensburg 1856; 2. Aufl. 1867); [304] eine 3., sehr erweiterte Auflage, in welcher die ursprüngliche Form und Entstehung des Buches aus Kanzelreden nicht mehr hervortritt, erschien 1876 in Wien unter dem Titel: „Paulus in Athen. Grundwahrheiten der Religion mit Rücksicht auf das classische und moderne Heidenthum für Gebildete verständlich dargestellt“. 1864 veröffentlichte er in Regensburg die treffliche Schrift: „Der Atheist Renan und sein Evangelium“ (3. Aufl. 1868).

1855 erschien in Wien die erste Auflage seiner Selbstbiographie: „Woher? Wohin? Geschichten, Gedanken, Bilder und Leute aus meinem Leben“, in 2 Bänden, bis zum Jahre 1849 gehend; reizend, mit dem liebenswürdigsten Humor ausgeführt, ist die Schilderung der Kinderjahre, sehr interessant die Mittheilungen über die damaligen Schul- und Universitätsverhältnisse in Oesterreich, über seine ersten Jahre in der Seelsorge auf dem Lande, sodann über die Ereignisse des Revolutionsjahres in Wien. 1865 erschien eine zweite Auflage in fünf Bänden (die beiden Bände der ersten Auflage sind hier auf drei Bände ausgedehnt; daran schließen sich in den zwei folgenden Bänden Mittheilungen über litterarische Streitigkeiten, Reisebilder und andere Einzelheiten; 3. Aufl., 5 Bde., Regensburg 1890 u. 1891). Manche Nachträge bietet das später erschienene Buch: „Denk-Pfennige zur Erinnerung an Personen, Zustände und Erlebnisse vor, in und nach dem Explosionsjahre 1848“ (Würzburg u. Wien 1886). Im Anschluß daran sind Brunner’s durch feine Beobachtung von Land und Leuten und durch die frische, in ernsten und humoristischen Partien immer anziehende Darstellung ausgezeichnete Reisewerke zu erwähnen: „Kennst Du das Land? Heitere Fahrten durch Italien“ (Wien 1857); „Ein eigenes Volk. Aus dem Venediger- und Longobardenland“ (Wien 1859); „Aus dem Venediger- und Longobardenland. Für Hinreiser und Heimbleiber“ (2. Aufl., Wien 1860); „Heitere Studien und Kritiken in und über Italien“ (2 Bde., Wien 1866); „Kreuz- und Querfahrten in Italien. Eine Lectüre für Jene, die nach Italien reisen, als auch für Jene, die zu Hause bleiben wollen“ (Würzburg u. Wien 1888); „Unter Lebendigen und Todten. Spaziergänge in Deutschland, Frankreich, England und der Schweiz“ (Wien 1862; 2. Aufl. 1863; die einen Bestandtheil dieses Werkes bildende ausführliche Darstellung des Passionsspieles von Oberammergau erschien für sich in 3. Aufl. Wien 1870).

In wissenschaftlicher Hinsicht beschäftigte sich B. seit den sechziger Jahren mit Vorliebe mit historischen Forschungen. Auch eine Frucht seiner italienischen Reisen ist das Werk: „Die Kunstgenossen der Klosterzelle. Das Wirken des Clerus in den Gebieten der Malerei, Sculptur und Baukunst“. (Wien 1863; französische Uebersetzungen Paris 1882 u. Tours 1889.) es folgt das Werk: „Der Predigerorden in Wien und Oesterreich. Regesten, Collectaneen, Nekrologien, Epitaphien, Universitätsangelegenheiten, Profeß- und Bruderschaftsbücher, biographische und historische Skizzen. Aus archivalischen bisher unedirten Handschriften mitgetheilt und erläutert“ (Wien 1867). Eine Reihe von umfangreichen Werken sind sodann der Geschichte des josephinischen Zeitalters gewidmet: „Die theologische Dienerschaft am Hofe Joseph II. Geheime Correspondenzen und Enthüllungen zum Verständniß der Kirchen- und Profangeschichte in Oesterreich von 1770–1800, aus bisher unedirten Quellen der k. k. Haus-, Hof-, Staats- und Ministerialarchive“ (Wien 1868). „Die Mysterien der Aufklärung in Oesterreich 1770–1800. Aus archivalischen und andern bisher unbeachteten Quellen“ (Mainz 1869); „Correspondances intimes de l’empereur Joseph II. avec son ami le comte de Cobenzl et son premier ministre le prince de Kaunitz. Puisées dans les sources des archives impériales jusqu'à présent inédites“ (Mayence 1871), „Der [305] Humor in der Diplomatie und Regierungskunde des 18. Jahrhunderts. Hof-, Adels- und diplomatische Kreise Deutschlands geschildert aus geheimen Gesandtschaftsberichten und anderen ebenfalls durchweg archivalischen bisher unedirten Quellen“ (2 Bde., Wien 1872); endlich die für weitere Kreise bestimmte zusammenfassende biographische Darstellung: „Joseph II. Charakteristik seines Lebens, seiner Regierung und seiner Kirchenreform. Mit Benutzung archivalischer Quellen“ (Freiburg i. B. 1874; bildet einen Bestandtheil der Herder’schen Sammlung historischer Bildnisse, 2. Serie, Bd. VIII; 2. Aufl. 1885); einzelne Seiten behandeln später nochmals die Broschüren: „Joseph II. als absoluter Beherrscher seiner Länder“ und: „Joseph II. als Kirchenreformator“ (Frankfurt a. M. 1898). Unter Mitwirkung zahlreicher Mitarbeiter aus den betreffenden Orden gab B. die drei ordensgeschichtlichen Werke heraus: „Ein Benedictinerbuch. Geschichte und Beschreibung der bestehenden und Anführung der aufgehobenen Benedictinerstifte in Oesterreich-Ungarn, Deutschland und der Schweiz“ (Würzburg 1880); „Ein Cistercienserbuch. Geschichte und Beschreibung u. s. w.“ (Würzburg 1881); „Ein Chorherrenbuch. Geschichte und Beschreibung u. s. w.“ (Augustiner u. Prämonstratenser; Würzburg u. Wien 1883). Dem historischen Gebiet gehören auch noch eine Anzahl von kleineren Schriften an: „Die ‚höchst vergnüglichste Raiß‘ des Kurfürsten Carl Albrecht von Baiern nach Mölk 1739“ (Wien 1871); „Der Prädicant Caspar Tinktor“ (Wien 1871); „Das Leben des Noriker-Apostels St. Severin von seinem Schüler Eugippius; aus dem Lateinischen mit Einleitung, Erklärungen“ u. s. w. (Wien 1879); „Fra Giovanni Angelico Fiesole“ (Frankfurt 1887); „Joseph Ritter von Führich“ (Frankfurt 1888); „Jacopone da Todi“ (Würzburg 1889); ferner in Zeitschriften: „Das Nekrologium von Wilten (Prämonstratenser-Chorherrenstift bei Innsbruck in Tirol) von 1142–1698“ (Archiv für österreich. Geschichte, Bd. 42, 1870, S. 233–250); „Regesten aus der Geschichte des Cistercienserstiftes Sittich in Krain“ (Studien und Mittheilungen aus dem Benedictiner-Orden, II. Jahrg. 1881, Bd. II, S. 66–89); „Correspondenzen und Actenstücke zum Leben und Wirken des Bischofs Friedrich Nausea in Wien, a. 1530–1552“ (Studien u. Mittheilungen a. d. Ben.Orden, IV. Jahrg. 1883, Bd. II, S. 152–168); „Correspondenzen des Königs und Kaisers Ferdinand I. in kirchlichen Angelegenheiten aus der Zeit von 1546–1559“ (Studien u. Mittheilungen, V. Jahrg. 1884, Bd. I, S. 199–208, 473–476; Bd. II, S. 457–463; VI. Jahrg. 1885, Bd. II, 173–178, 387–393). - Dem letzten Jahrzehnt von Brunner’s Leben gehören endlich noch eine Reihe von litterarhistorischen Schriften an, in welchen er wesentlich den Zweck verfolgt, die Werthschätzung der litterarischen Größen des ausgehenden 18. und beginnenden 19. Jahrhunderts auf ihr richtiges Maaß zurückzuführen, ohne das wirklich Große von bleibendem Werthe zu verkennen, und wo er den Ausartungen des modernen Geniecultus, insofern dieser „die positive Religion und die christliche Sittenlehre ersetzen“ will, vom Standpunkte der christlichen Weltanschauung mit scharfer, theilweise humoristisch gefärbter Kritik entgegentritt: „Hau- und Bausteine zu einer Litteraturgeschichte der Deutschen. Wahrheit und keine Dichtung“ (6 Hefte, Wien 1885); „Don Quixote und Sancho Pansa auf dem liberalen Parnasse“ (Anastasius Grün u. Bauernfeld; Würzburg u. Wien 1886): „Friedrich Schiller. Curiose Freunde, trübselige Tage, Mißachtung bis ins Grab hinein, kein Ehrenbuch für Weimars Größen“ (Wien 1837); „Die vier Großmeister der Aufklärungstheologie (Herder, Paulus, Schleiermacher, Strauß)“ (Paderborn 1888); „Allerhand Tugendbolde aus der Aufklärungsgilde“ (Paderborn 1888); „Die [306] Hofschranzen des Dichterfürsten. Der Goethecult und dessen Tempeldiener“ (Würzburg u. Wien 1889; 2. Aufl. 1891). „Kniffologie und Pfiffologie des Weltweisen Schopenhauer“ (Paderborn 1889); „Lessingiasis und Nathanologie. Eine Religionsstörung im Lessing- und Nathan-Cultus“ (Paderborn 1890); „Zwei Buschmänner (Börne und Heine). Actenmäßig geschildert“ (Paderborn 1891). – Die „Gesammelten Erzählungen und poetischen Schriften“ (18 Bde., Regensburg 1864 ff.) umfassen neben den vier erzählenden Werken die Selbstbiographie „Woher? Wohin?“, die Schrift gegen Renan und die vier größeren Schriften in poetischer Form: „Der Babenberger Ehrenpreis“, „Die Welt ein Epos“, „Der Nebeljungen Lied“, „Der deutsche Hiob“.

Selbstbiographie: Woher? Wohin? (s. oben). – Jos. Scheicher, Seb. Brunner, Würzburg u. Wien 1888; 2. Aufl. unter dem Titel: Ein Capitel aus Oesterreichs neuester Zeit- u. Kirchengeschichte, 1890. (Mit Porträt.) – Deutscher Hausschatz, 20. Jahrg. 1893/94, S. 260–262. – Die kath. Bewegung in unseren Tagen. Neue Folge. I. Jahrg. 1888, S. 380–384 (mit Portr.); N. F., VII. Jahrg. 1894, S. 57–61.