VS Vereinigte Spezialmöbelfabriken
Vereinigte Spezialmöbelfabriken GmbH & Co. KG
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Rechtsform | GmbH & Co. KG |
Gründung | 1898 |
Sitz | Tauberbischofsheim, Deutschland |
Leitung | Philipp Müller |
Mitarbeiterzahl | 1.702 (Geschäftsjahr 2023) |
Umsatz | 336,6 Mio. EUR (Geschäftsjahr 2023, vorläufig) |
Branche | Möbelhersteller |
Website | www.vs-moebel.de |
Die Vereinigten Spezialmöbelfabriken GmbH & Co. KG mit Sitz in Tauberbischofsheim sind ein 1898 gegründetes Unternehmen, das neben der Ausstattung von Bildungsstätten auch Büro- und Objekteinrichtungen betreibt. Das Unternehmen befindet sich in Familienbesitz.
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Albert Ramminger (1851–1898), seit 1876 Gewerbelehrer in Tauberbischofsheim, machte sich im Jahr 1888 als Unternehmer selbständig. Ramminger & Stetter, ein Vorgänger-Unternehmen von VS, fertigte ab 1890 in Tauberbischofsheim die patentierte Columbus-Schulbank – eine robuste Möblierung mit seitlichen Gusseisenteilen und beweglichen Pendelsitzen. Auf der Erfindermesse 1891 in Paris wurde die Columbus-Schulbank mit der Großen Goldmedaille ausgezeichnet.[1]
Das Unternehmen VS entstand als Vereinigte Schulbankfabriken am 15. Mai 1898 durch den Zusammenschluss von vier Schulmöbelherstellern, darunter Ramminger & Stetter, Tauberbischofsheim, und P. Johannes Müller, (Berlin-)Charlottenburg (Hersteller der Rettig-Bank). Produktionsstandort ist Tauberbischofsheim.[1]
Auf Initiative von Paul Johannes Müller wird das Sortiment der VS ab dem Jahr 1901 auf alle Produkte zur Schuleinrichtung erweitert. Im Jahr 1905 erhält die VS einen neuen Firmennamen: Aus Vereinigte Schulbankfabriken wird Vereinigte Schulmöbelfabriken.[1] Das Unternehmen arbeitet ab 1907 mit dem Deutschen Werkbund zusammen, insbesondere mit den Architekten Richard Riemerschmid und Bruno Paul.[1]
Vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs beschäftigt VS in Tauberbischofsheim etwa einhundert Mitarbeiter. Bereits 1927 weist eine Statistik des Verbandes deutscher Schulmöbel und Schultafeln die VS als größte Schulmöbelfabrik Deutschlands aus.
Der vom Architekten und Möbelgestalter Karl Nothhelfer (1900–1980) im Jahre 1950 entworfene Holzkufenstuhl wurde 1952 patentiert. Der Stuhl kam in den 1950er bis 1970er Jahren in zahlreichen bundesdeutschen Schulen zum Einsatz. Es wurden mehr als 6,5 Millionen Exemplare des Holzkufenstuhls verkauft.
Ende der 1970er-Jahre erweiterte VS das Angebotsspektrum und integrierte zusätzliche Produktionszweige, was sich im neuen Namen VS Vereinigte Spezialmöbelfabriken widerspiegelte. Seit 1996 entwickelte das Unternehmen zudem sukzessive ein umfassendes Möbelsortiment für Büroeinrichtung.[1]
Im Jahre 1998 eröffnete VS ein VS-Schulmuseum (Hochhäuser Straße 8) in Tauberbischofsheim mit der ständigen Ausstellung „Das Klassenzimmer. Schulmöbel vom Ende des 19. Jahrhunderts bis heute.“[2]
Im Jahr 2001 wurden alle Verwaltungs-Arbeitsplätze des neuen Deutschen Bundestages in Berlin (Jakob-Kaiser- und Paul-Löbe-Haus) mit Möbeln von VS ausgestattet. Seit 2008 machen interaktive Whiteboards und Touchdisplays interaktiven Unterricht möglich.
Im Jahr 2015 wurde am Standort Tauberbischofsheim ein neugebautes Montagewerk bezogen.[3]
Im Jahr 2019 zog der VS-Werksverkauf in einen ehemaligen Baumarkt nach Werbach.[4]
Ab 2020 wurde das Werk erweitert.[5] Im Januar 2023 wurde Werk 7.1 im Gewerbegebiet Schneekasten in Betrieb genommen.
Produkte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Repertoire
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Zum klassischen Repertoire im Bereich der Schulausstattung zählen Schultische und Sitzmöbel für Schüler und Lehrpersonal, früher auch Pulte und Schulbänke sowie digitale Medien. Hinzu kommen Büromöbel, Möbel für den Wohn- und Loungebereich, Möbel für den Ganztagschulbereich, Korpusmöbel und Kleinteile. Daneben wird für Firmen eine komplette Raumgliederung und Arbeitsplatzgestaltung angeboten.[6]
Produktdesign und Architektur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]VS arbeitet bei der Produktgestaltung mit international bekannten Designern und Architekten zusammen. Dazu gehören unter anderem Jean Nouvel, Martin Ballendat, Verner Panton, Egon Eiermann, Günter Behnisch und Stefan Behnisch, Hubertus Eilers und Peter Brown.[7] In der Zusammenarbeit mit Verner Panton entstanden ab 1993 verschiedene Stuhlfamilien mit unterschiedlichen Sitzschalen und Untergestellen. Möbel der Egon Eiermann Kollektion, die in den 1950er Jahren Maßstäbe setzten, waren unter anderem im Museum of Modern Art in New York zu sehen.[8]
Günter Behnisch entwickelte mit VS einen Schreibtisch mit charakteristischer Freiformfläche. In Zusammenarbeit mit seinem Sohn Stefan Behnisch entstand eine Weiterentwicklung, mit der im Jahr 2001 die Verwaltungs-Arbeitsplätze des neuen Deutschen Bundestages ausgestattet wurden. Behnisch hat auch das 1998 eingeweihte Verwaltungsgebäude in Tauberbischofsheim entworfen. Die charakteristische Sheddach-Konstruktion auf einem Teil des Firmenkomplexes und ein Verwaltungsgebäude wurden 1959 nach Entwürfen von Karl Nothhelfer gebaut.
Im Jahr 2012 hat VS die Rechte an den Möbelentwürfen des International Style-Architekten Richard Neutra erworben und 2013 in einer Kollektion auf den Markt gebracht. Das A D Architecture and Design Museum Los Angeles widmete dieser erstmals von VS aufgelegten Möbelserie im Jahr 2014 eine fünfwöchige Ausstellung.[9] Der Boomerang Chair aus dieser Serie wurde 2015 beim German Design Award mit einer Special Mention ausgezeichnet. Der Stuhl inspirierte den deutschen Bildhauer Rolf Lieberknecht zur Installation Boomerang Tango.[10]
Unternehmensstruktur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Rund zwei Drittel der Belegschaft arbeiten in der Produktion, die sich am Standort Tauberbischofsheim befindet. Hier sind unter anderem die zentralen Fertigungsbereiche der Platten- und Stahlrohrverarbeitung verankert.
In ganz Deutschland bieten rund 75 eigene Fachberater sowie die vier VS-Niederlassungen mit Planungsbüros und Projektabwicklern individuelle Beratung und Planung vor Ort.[11] In Deutschland sind der Vertrieb, der Export, die Fertigung, der Einkauf, Marketing und Werbung angesiedelt. Der deutsche Markt wird in folgende Bereiche unterteilt:[12]
Niederlassungen:
- VS Süd – München
- VS Nord – Dortmund
- VS Ost – Berlin
- VS Mitte – Tauberbischofsheim
Tochterunternehmen:
- VS Service, Tauberbischofsheim
- VS Visuelle Medien GmbH & Co. KG, Tauberbischofsheim
Im Ausland beschäftigt VS in Frankreich, den USA und den Vereinigten Arabischen Emiraten mittlerweile drei Tochterunternehmen und kooperiert weltweit mit Handelspartnern.[11] Für den weltweiten Markt hat die VS Niederlassungen, Standorte, Ansprechpartner und Repräsentanten in Europa, Asien, Australien, Nord-/Südamerika.[12]
Schulmuseum
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das im Jahre 1998 in Tauberbischofsheim eröffnete Schulmuseum dokumentiert in einer ständigen Ausstellung die Entwicklung von Schule und Schulmöbeln. Zu den Ausstellungsstücken zählt eine umfassende Sammlung historischer Schulmöbel und Schuleinrichtungsgegenstände.[2][13]
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Zum 125-jährigen Firmenjubiläum ist eine umfangreiche Chronik im Weisse Zohlen Verlag erschienen: Thomas Müller: Funktionale Möbelgestaltung für Bildung und Büro. Die Geschichte der VS 1898–2023 (ISBN 978-3-9825814-1-5)
- Eine umfangreiche Chronik des Unternehmens findet sich im Buch Das Klassenzimmer – Schulmöbel im 20. Jahrhundert von 1998 (ISBN 3-7913-1890-X) auf den Seiten 189–198.
- Thomas Müller, Romana Schneider: Das Klassenzimmer vom Ende des 19. Jahrhunderts bis heute. The classroom from the late 19th century until the present day. Hrsg.: VS Vereinigte Spezialmöbelfabriken GmbH & Co. KG Tauberbischofsheim. Begleitband zur ständigen Ausstellung: Das Klassenzimmer: Schulmöbel im 20. Jahrhundert in Tauberbischofsheim.[14] In Deutsch und in Englisch. 304 Seiten, Tübingen/Berlin 2010, ISBN 978-3-8030-3348-2[15]
- Thomas Müller, Romana Schneider: Das Klassenzimmer – Schulmöbel im 20. Jahrhundert. München und New York 1998, 206 Seiten, ISBN 3-7913-1890-X[16]
- Josef Heer: Tauberbischofsheim heute. 2. Auflage. Druckerei und Buchbinderei der Justizvollzugsanstalt Heilbronn 1983 (S. 98 f., mit Abbildungen der VS).
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Website des Unternehmens
- Website des Tochterunternehmens VS Visuelle Medien
- Website des Tochterunternehmens VS America
- VS Schulmuseum - Das Klassenzimmer vom Ende des 19. Jahrhunderts bis heute
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ a b c d e VS: VS Chronik. Online auf www.vs.de, abgerufen am 28. April 2022.
- ↑ a b VS: VS Schulmuseum - Das Klassenzimmer vom Ende des 19. Jahrhunderts bis heute. Online auf www.vs.de, abgerufen am 28. April 2022.
- ↑ Fränkische Nachrichten: Eine Montagestätte für alle Tischtypen. Online auf www.fnweb.de, abgerufen am 30. Oktober 2014.
- ↑ VS-Werksverkauf jetzt in Werbach. Abgerufen am 30. September 2024.
- ↑ VS erweitert Produktionsflächen. 20. Oktober 2020, abgerufen am 30. September 2024.
- ↑ VS: VS Gesamtkatalog. Online auf www.vs.de, abgerufen am 28. April 2022.
- ↑ VS: Designpartner. Online auf www.vs.de. Abgerufen am 28. April 2022.
- ↑ The Museum of Modern Arts: „News from Good Design“. Online auf www.moma.org. Abgerufen am 10. September 2015.
- ↑ Architecture and Design Museum Los Angeles: „The Neutra Furniture Collection“. ( vom 22. Dezember 2015 im Internet Archive) Online auf aplusd.org. Abgerufen am 10. September 2015.
- ↑ Stylepark: „Tanz den Boomerang Tango“. Online auf stylepark.com. Abgerufen am 10. September 2015.
- ↑ a b VS: Firmenprofil. Online auf www.vs.de. Abgerufen am 24. April 2019.
- ↑ a b VS: Niederlassungen und Standorte. Online auf www.vs.de. Abgerufen am 28. April 2022.
- ↑ VS: Presse. Rund um uns. VS Schulmuseum. Online auf www.vs.de. Abgerufen am 5. Februar 2017.
- ↑ Vereinigte Spezialmöbelfabriken: VS Schulmuseum. Online auf www.vs.de. Abgerufen am 2. Januar 2017.
- ↑ Katalog der Deutschen Nationalbibliothek: Das Klassenzimmer vom Ende des 19. Jahrhunderts bis heute. Online auf portal.dnb.de. Abgerufen am 2. Januar 2017.
- ↑ Katalog der Deutschen Nationalbibliothek: Das Klassenzimmer: Schulmöbel im 20. Jahrhundert / hrsg. von Thomas Müller und Romana Schneider. Online auf portal.dnb.de. Abgerufen am 2. Januar 2017.
Koordinaten: 49° 37′ 42″ N, 9° 39′ 22,5″ O