Schießhauer

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Ein Schießhauer ist ein Bergmann, der unter Tage auf Anweisung Schießarbeiten durchführen darf.[1] Er muss neben der erfolgreich abgeschlossenen allgemeinen Hauerausbildung auch eine sprengtechnische Ausbildung erfolgreich abgeschlossen haben.[2] Er gehört zum Personenkreis der Schießberechtigten eines Bergwerks.[3][4] Im Gegensatz zum Schießmeister dürfen Schießhauer am Gedinge ihrer Kameraden beteiligt werden.[1]

Grundlagen und Geschichte

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Die erste offizielle Sprengung im Bergbau wurde im Jahr 1632 im Bergrevier Clausthal durchgeführt.[5] Das Schießen, wie das Herauslösen des Gesteins unter Zuhilfenahme von Pulver genannt wurde,[6] durfte aufgrund seiner Gefährlichkeit zunächst nur von Aufsichtspersonen durchgeführt werden. Später übertrug man diese Tätigkeit auch besonders vertrauensvollen Bergleuten, die auch eine bessere Bezahlung erhielten.[7] Diese mit der Schießarbeit betrauten Bergleute wurden als Schießer bezeichnet.[6] Sie unterstanden unmittelbar dem Schießsteiger.[8] Bis Anfang des 20. Jahrhunderts kam es auf mehreren Bergwerken immer wieder zu schweren Unfällen durch unsachgemäße Durchführung der Schießarbeit.[9] Beispielhaft sei hier das Grubenunglück auf der Zeche Osterfeld im Jahre 1912 zu nennen, bei dem es aufgrund einer fehlerhaft durchgeführten Schießarbeit zu einer Schlagwetterexplosion mit 16 Toten kam.[10] In den 1930er Jahren kam es zu einer Neuregelung der Bergpolizeiverordnung, die besonders auch die Regelung der Schießarbeit im Bergbau unter Tage betraf.[11] Insbesondere wurde in der Bergpolizeiverordnung geregelt, welcher Personenkreis mit Schießarbeiten betraut werden darf und welche Voraussetzungen diese Personen erfüllen müssen.[3]

Fachliche und persönliche Eignung

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Bergleute, die als Schießhauer tätig werden sollen, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllen.[4] Sie müssen sowohl persönlich als auch fachlich für diese Aufgabe geeignet sein.[1] Für die persönliche Eignung schreibt das Sprengstoffgesetz ein Mindestalter des Bewerbers von 21 Jahren vor. Zudem darf der Bewerber weder eine vorsätzliche Straftat begangen haben noch rechtskräftig wegen eines Verbrechens oder einer Straftat verurteilt worden sein.[12] Der Nachweis hierüber wird durch ein polizeiliches Führungszeugnis erbracht, das der Bewerber vor Beginn der sprengtechnischen Ausbildung vorlegen muss.[1] Erste fachliche Voraussetzung ist, dass die Anwärter für den Schießhauerschein einen Hauerschein erworben haben[4] und je nach Bergrevier zwischen vier Monaten[1] und einem Jahr als Hauer tätig gewesen sind.[4] Die weitere fachliche Eignung wird in einer speziellen Schießhauerausbildung[ANM 1] erworben.[2] In dieser Ausbildung, die mit einer Prüfung abschließt, erlernt der Anwärter den sicheren Umgang mit Sprengstoff, das richtige Setzen der Bohrlöcher, die Ausführung der elektrischen Zündanlage und das richtige Ausfüllen des Schießbuches. Zudem erlernt er noch die bei der Schießarbeit erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen kennen. Die Prüfung besteht aus einem theoretischen und einem praktischen Teil.[ANM 2] Nach bestandener Prüfung erhält der Hauer die Bescheinigung für die Sprengberechtigung.[1] Abschließend muss der Hauer noch vom Bergamt eine Genehmigung für die Schießarbeit erhalten, erst danach darf er Schießarbeiten durchführen.[3]

Im Steinkohlenbergbau wurden Ortsälteste[ANM 3] von Gesteinsbetrieben oder einzelnen abgelegenen Flözbetrieben als Schießhauer eingesetzt.[1] Sie führten in dieser Eigenschaft,[3] neben ihrer normalen Hauertätigkeit,[1] die gleichen Tätigkeiten wie die bestellten Schießmeister durch.[3] Auf Magerkohlenzechen durften die Ortsältesten auch an anderen Betriebspunkten als Schießhauer Schießarbeiten durchführen.[1] Im Erzbergbau werden die Schießarbeiten in der Regel von den, zum Schießhauer ausgebildeten, Ortsältesten durchgeführt.[2] Es gibt auch Bergwerke, auf denen die Schießarbeit von einem einzelnen Schießhauer ausgeführt wird, der mit einem speziellen Schießfahrzeug zu den jeweiligen Betriebspunkten fährt und dort die Sprengung soweit vorbereitet,[ANM 4] dass am Schichtende, nachdem die Belegschaft ausgefahren ist, von einer zentralen Stelle gezündet wird.[13] Bergleute, die sich in der Ausbildung zum Schießhauer befinden, dürfen Schießarbeiten unter Aufsicht durchführen.[3]

Einzelnachweise

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  1. a b c d e f g h i Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (Hrsg.): Die Berufsausbildung im Steinkohlenbergbau der Länder der Gemeinschaft. Luxemburg 1956, S. 98–104.
  2. a b c Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (Hrsg.): Die Berufsausbildung im Eisenerzbergbau der Länder der Gemeinschaft. Luxemburg 1959, S. 39, 132.
  3. a b c d e f Bergpolizeiverordnung für die Steinkohlenbergwerke im Verwaltungsbezirke des Preussischen Oberbergamtes in Breslau vom 1. Mai 1934. Verlag Kattowitz, Druck Gauverlag NS Schlesien, 1934, S. 132, 134, 136, 138, 140.
  4. a b c d G. Lathan: Bohr- und Schießarbeiten im Bergbau. Band II Schießarbeiten, Fachbuchverlag Leipzig, Leipzig 1958, S. 58–62.
  5. Albert Serlo: Leitfaden der Bergbaukunde. Erster Band, Vierte verbesserte und bis auf die neueste Zeit ergänzte Auflage, Verlag von Julius Springer, Berlin 1884, S. 218.
  6. a b Carl Friedrich Richter: Neuestes Berg-und Hütten-Lexikon. Zweiter Band, M-Z, Kleefeldsche Buchhandlung, Leipzig 1805.
  7. Heinz Walter Wild: Erfindung und Ausbreitung der Sprengarbeit im Bergbau. In: Verein der Freunde des Bergbaues in Graubünden (Hrsg.), Bergknappe, Nr. 30, 8. Jahrgang, November 1984, S. 14–21.
  8. Heinrich Veith: Deutsches Bergwörterbuch mit Belegen. Verlag von Wilhelm Gottlieb Korn, Breslau 1871.
  9. Festschrift zum 40jährigen Bestehen des Vereins Technischer Bergbeamten Oberschlesiens. Phönix-Verlag Carl Siwinna, Berlin und Beuthen 1930, S. 105–108, 322.
  10. Fritz Pamp: Schlagwetterexplosion auf der Zeche Osterfeld. In: Osterfelder Bürgerring. (Hrsg.): Der Kickenberg, Osterfelder Heimatblatt. Nr. 3, Walter Perspektiven GmbH, Oberhausen September 2007, ISSN 1864-7294, S. 4–5.
  11. K. Hatzfeld: Die Neuregelung der bergpolizeilichen Vorschriften für den Steinkohlenbergbau. In: Glückauf, Berg- und Hüttenmännische Zeitschrift. Verein für die bergbaulichen Interessen im Oberbergamtsbezirk Dortmund (Hrsg.), Nr. 33, 71. Jahrgang, 17. August 1935, S. 773–778.
  12. Gesetz über explosionsgefährliche Stoffe (Sprengstoffgesetz-SprengG). In der Fassung vom 10. September 2002 zuletzt geändert am 7. August 2013, BGBl I S. 3518, 3154, §§ 7 8.
  13. Förderverein Rammelsberger Bergbaumuseum Goslar e.V. (Hrsg.): Erzabbau im Rammelsberg. Eigenverlag des Fördervereins, Druck Papierflieger Clausthal-Zellerfeld, Goslar 2009, S. 104–106.
  1. Die Ausbildung umfasst achtzehn Ausbildungsstunden, die auf drei Wochen verteilt werden sollen, sodass pro Unterrichtstag nicht mehr als zwei Ausbildungsstunden erteilt werden. Es werden sowohl theoretische Kenntnisse als auch praktische Fertigkeiten vermittelt. Als praktische Fertigkeiten wird im Wesentlichen das Schießen an verschiedenen Betriebspunkten geübt. (Quelle: Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (Hrsg.): Die Berufsausbildung im Steinkohlenbergbau der Länder der Gemeinschaft.)
  2. Nach der bestandenen theoretischen Prüfung werden die Anwärter noch weiter praktisch ausgebildet. An drei Tagen werden die Anwärter einzeln von einem Lehrschießmeister unter Kontrolle durch den Schießsteiger in der praktischen Schießarbeit ausgebildet. Anschließend erfolgt die praktische Prüfung durch einen Schießsachverständigen. (Quelle: Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (Hrsg.): Die Berufsausbildung im Steinkohlenbergbau der Länder der Gemeinschaft.)
  3. Der Ortsälteste ist ein von der Arbeitergruppe eines Betriebspunktes gewählter Sprecher, der die Mannschaft in Lohn und Gedingefragen und in Fragen der Arbeitsausführung vertritt. (Quelle: Walter Bischoff, Heinz Bramann, Westfälische Berggewerkschaftskasse Bochum: Das kleine Bergbaulexikon.)
  4. Zu den vorbereitenden Tätigkeiten gehören das Laden der Bohrlöcher, das Einbringen des Besatzes und das Zusammenkoppeln der Zünderdrähte. (Quelle: Förderverein Rammelsberger Bergbaumuseum Goslar e.V. (Hrsg.): Erzabbau im Rammelsberg.)