Scheidejunge

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Der Scheidesteiger erklärt dem Scheidejungen die verschiedenen Erze

Als Scheidejunge[1] oder Klaubejunge,[2] im Oberharz auch Pochjunge, bezeichnete man früher im Erzbergbau die Anlernlinge, die in der Aufbereitung des Bergwerks tätig waren.[1] Die Scheidejungen waren in der Scheidestube tätig.[3]

Die Arbeit des Scheidejungen bestand darin, das Erz vom tauben Gestein zu trennen.[4] Diese Tätigkeit wurde als Reinscheiden bezeichnet.[5] Unter Anleitung alter Bergleute oder von Berginvaliden,[2] die als Gnadenlöhner auf der Scheidebank arbeiteten,[1] lernten die Scheidejungen zunächst, das wertvolle Erz vom tauben Gestein zu unterscheiden. Beaufsichtigt wurden sie vom Scheidehutmann, vom Scheidemeister oder vom Scheidesteiger.[6] Nachdem die Ausschläger auf der Halde die großen Brocken (Wände) zerschlagen und grob in Erz, Pochgänge und taubes Gestein getrennt hatten,[7] kam das Erz auf die Scheidebank, wo die Scheidejungen mit dem Scheidehammer die Erzstücke weiter zerkleinerten und nach Erzsorten getrennt in sogenannte Bergkörbe füllten.[8] Diese Arbeiten wurden im Stehen verrichtet. Pochgänge[7] waren Gesteine, in denen das Erz fein verteilt vorlag. Diese wurden im Pochwerk weiterverarbeitet. Besaß das Bergwerk kein Pochwerk, wurde das für den späteren Verhüttungsprozess wichtige Pochen von den älteren, kräftigeren Scheidejungen getätigt. Diese Jungen wurden dann als Pochjungen bezeichnet.[5]

Arbeitsbedingungen

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Die Arbeitsbedingungen waren gesundheitlich belastend.[9] An den Arbeitsplätzen war es staubig und laut[10] und die Jungen mussten ihre Arbeit häufig auf dem Boden der Scheidestube sitzend verrichten. Diese Arbeitshaltung war beschwerlich und wirkte ermüdend, was mit der Zeit zu Nachlässigkeiten bei der Arbeit führte.[9] Das Scheidefäustel, das die Scheidejungen bei ihrer Arbeit verwendeten, war relativ schwer und hatte ein Gewicht von über drei Pfund.[6] Hinzu kam, dass in einigen Bergwerken das Scheiden auch im Gedinge (also nach Leistung) verrichtet wurde.[3] Bei der Arbeit atmeten sie notgedrungen den in der Luft befindlichen Erzstaub sowie weitere Stäube und ggf. schwefelhaltige Dämpfe vom Rösten ein, was dazu führte, dass Scheidejungen meist bereits mit Erreichen der Grubentauglichkeit gesundheitlich angeschlagen waren[ANM 1][10].

Der Scheidejunge stand an unterster Stelle der Bergwerkshierarchie.[11] Bereits im Alter von 6 bis 7 Jahren arbeitete er als Klaubejunge.[2] Diese Arbeit war die leichteste bergmännische Tätigkeit und konnte von den kleineren Jungen, die noch nicht so viel Kraft hatten, verrichtet werden.[5] Nachdem er die Schule absolviert hatte, wurde er als ordentlicher Scheidejunge angelegt.[11] Je nach körperlicher Kraft und Eignung wurde er entweder als Ausschlagejunge zum Zerkleinern der Pochgänge, oder an der Scheidebank zur Reinscheidung eingeteilt.[5] Wenn er kräftig genug war, wurde er mit etwa 15 Jahren,[11] in einigen Bergrevieren bereits schon mit 14 Jahren,[12] für die eigentliche Bergarbeit als Grubenjunge eingestellt.[11] Je nach Geschick und Eignung wurde er danach Vorhauer und nach einer gewissen Zeit dann Hauer. Danach war auch ein Aufstieg zum Steiger oder sogar zum Obersteiger möglich.[13] Johann Eduard Heuchler nennt die Reihenfolge: Scheidejunge (bis zum 14. Lebensjahr), Ausschläger (bis zum 17. Lebensjahr), Grubenjunge usw.[7]

Arbeitszeiten und Lohn

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Damit die erforderliche Konzentration bei der Arbeit nicht zu stark abnahm, sollte die Schichtzeit der Scheidejungen acht Stunden nicht überschreiten.[3] Die tatsächliche Schichtzeit sah, je nach Bergrevier, aber anders aus.[5] Während die sieben- bis achtjährigen Scheidejungen etwa fünf Stunden täglich arbeiteten, waren die ordentlichen Scheidejungen bis zu zwölf Stunden – das entsprach 1,5 Schichten – auf der Scheidebank tätig.[11] Der Schichtbeginn war, je nach Bergrevier, zwischen 4 und 6 Uhr morgens.[5] Von 11 Uhr bis 12 Uhr war Aufsetzstunde, anschließend mussten die Scheidejungen noch bis 16 Uhr arbeiten.[14] Auch der Lohn war in den jeweiligen Bergrevieren unterschiedlich.[5] Für ihre Arbeit erhielten die Scheidejungen je nach Geschicklichkeit und Leistung[14] einen Wochenlohn von fünf bis zwölf Groschen, in Spitzenzeiten wurde mehr gezahlt.[15] Allerdings war dieser Lohn nur ein kleiner Zuverdienst für eine Bergarbeiterfamilie.[2] Mitte des 17. Jahrhunderts konnte man für den Monatslohn eines Scheidejungen gerade ein Kilogramm Butter oder Speck kaufen.[16] Nach Heuchler dauerte die Schicht im königlich-sächsischen Erzbergbau des 19. Jahrhunderts acht Stunden für die älteren und weniger für die noch schulpflichtigen Scheidejungen, der Verdienst betrug 3 bis 4 Neugroschen pro Schicht.[7]

Soziale Aspekte

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Da der Lohn eines Hauers oftmals nicht ausreichte, um die Familie zu ernähren, mussten viele Knaben schon mit acht Jahren ihre Arbeit auf der Scheidebank verrichten.[10] Bei jeder Witterung mussten sie morgens dünn bekleidet und meist barfuß zum Bergwerk gehen. Die Nahrung während der Pausenzeit bestand aus Brot und klarem Wasser, das sie sich aus einem Bach schöpften. Oftmals wurden sie auf der Arbeit, aber auch zu Hause von ihren Eltern, mit einer Peitsche geschlagen.[17] Wenn sie bei der Arbeit einen Fehler gemacht hatten, wurden sie vom Scheidesteiger mit dem Halseisen oder dem Vogelbolzen[ANM 2] bestraft.[18] Viele Kinder schwänzten nach getaner Arbeit die am Nachmittag stattfindende Schule, um ein wenig Freizeit zu haben.[19]

Wie die Scheidejungen über die verschiedenen Erzsorten dachten, verdeutlicht folgender Vers:

„Arbeit macht das Leben süß,
Heute schaad mr Kupperkies.
Arbeit macht das Leben sauer,
Morgen schaad mr Puchgängknauer“

zitiert nach Siegfried Sieber[20]
  • Caspar M. B. Schroll: Beyträge zur Kunst und Wirtschaft der Aufbereitung der Erze. Mayr’sche Buchhandlung, Salzburg 1812

Einzelnachweise

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  1. a b c Carl von Scheuchenstuel: IDIOTICON der österreichischen Berg- und Hüttensprache. k. k. Hofbuchhändler Wilhelm Braumüller, Wien 1856.
  2. a b c d Carl Bogel: Germania, Vaterländisches Lesebuch für die reifere Jugend. Verlag von Johann Ambrosius Barth, Leipzig 1847, S. 209.
  3. a b c P. Ritter von Rittinger: Lehrbuch der Aufbereitungskunde. Verlag von Ernst & Korn, Berlin 1867, S. 13
  4. Erinnerungen an Freiberg's Bergbau. bei J. G. Engelhardt, Freiberg 1839, S. 49.
  5. a b c d e f g Carl Langheld: Die Verhältnisse der Bergarbeiter bei dem sächsischen Regalbergbau. Verlag von J. G. Engelhardt, Freiberg 1855, S. 25–38.
  6. a b Moritz Ferdinand Gaetzschmann: Die Aufbereitung. Erster Band, Verlag von Arthur Felix, Leipzig 1864, S. 87.
  7. a b c d Eduard Heuchler, Hanns Freydank (Hrsg.): Des Bergmanns Lebenslauf. 2. durchgesehene Auflage mit einem Nachwort von Hanns Freydank, Verlag Glückauf, Essen 1940, S. 16 ff.
  8. J. G. Krünitz: Oeconomischen Encyclopädie (1773–1858) Online (zuletzt abgerufen am 26. Januar 2015).
  9. a b Christian Ernst Stifft: Versuch einer Anleitung zu der Aufbereitung der Erze. bey Johann Christian Krieger, Marburg und Cassel 1818, S. 57.
  10. a b c Johan Christian Knoetzschker: Von der Verdammung der Missethäter zur Bergarbeit. Gottfried Martini, Leipzig 1795, S. 63–69.
  11. a b c d e Berthold Sigismund: Lebensbilder vom Sächsischen Erzgebirge. Verlagsbuchhandlung von Carl B. Lork, Leipzig 1859, S. 58.
  12. Heinrich Veith: Deutsches Bergwörterbuch mit Belegen. Verlag von Wilhelm Gottlieb Korn, Breslau 1871, S. 282.
  13. Bergmann oder Bergknappe, auch Bergleute, Bergarbeiter und Bergvolk. In: Brockhaus Konversations-Lexikon. 14. Auflage. Band 2: Astrachan – Bilk. Brockhaus, Leipzig 1894, S. 775 (retrobibliothek.de)..
  14. a b Johann Christoph Stößel (Hrsg.): Bergmännisches Wörterbuch. Chemnitz 1778.
  15. Carl Hartmann: Vademecum für den praktischen Berg- und Hüttenmann. Erster Band Bergwerksbetrieb, Verlag von Richard Neumeister, Leipzig 1859, S. 314–316.
  16. Chronik von Wildemann, Kap. V: Wildemann unter Herzog Heinrichs Nachfolgern (Memento vom 8. Juni 2015 im Internet Archive) (abgerufen am 16. Januar 2016).
  17. Zeitzeugen (zuletzt abgerufen am 26. Januar 2015)
  18. Johann Georg Krünitz: Ökonomisch technologische Enzyklopädie, oder allgemeines System der Staats-, Stadt-, Haus- und Landwirthschaft, in alphabetischer Ordnung. Ein und dreyßigster Theil, bey Joachim Pauli, Berlin 1784.
  19. Alltag in der frühmodernen Montanregion Harz (Memento vom 11. Juni 2007 im Internet Archive) (PDF).
  20. Siegfried Sieber: Zur Geschichte des erzgebirgischen Bergbaues. Wilhelm Knapp, Halle (Saale) 1954, S. 113.
  1. Aufgrund der starken Staubbelastung bekamen die jungen Bergleute sehr bald einen starken Husten, der als schwindsüchtiger Keuchhusten bezeichnet wurde. Dies führte zwangsläufig dazu, dass sie im Alter von etwa 40 Jahren verstarben. (Quelle: Johan Christian Knoetzschker: Von der Verdammung der Missethäter zur Bergarbeit.)
  2. Der Vogelbolzen war eine Peitsche die zur Züchtigung der Scheidejungen diente. Die Peitsche bestand aus mehreren Riemen, in jeden einzelnen Riemen waren Knoten geknüpft. (Quelle: Der belehrende Bergmann. Verlag von Robert Friese, Leipzig 1850.)