Postbahnhof Leipzig
Der Postbahnhof Leipzig war von 1912 bis 1994 ein wichtiger Knotenpunkt des mitteldeutschen Bahnpostverkehrs, der in der Nähe des bei Leipzig gelegenen Dorfes Schönefeld errichtet wurde. Heute befindet das Gelände mit seinen historischen Gebäuden im Leipziger Stadtteil Schönefeld und wird als Mariannen-Campus bezeichnet.
Zur Geschichte des sächsischen Bahnpostwesens
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Bereits seit 1841 wurde ein Teil des zwischen Leipzig und Dresden bestehenden Postverkehrs auf der zwei Jahre zuvor eröffneten Strecke der Leipzig-Dresdner Eisenbahn abgewickelt. Die Sächsische Oberpostdirektion eröffnete eigens zu diesem Zweck ein Bahnpostamt gegenüber dem damaligen Dresdner Bahnhof.
In den Anfangsjahren des sächsischen Bahnpostverkehrs wurden die bereits abgefertigten Postsendungen in gewöhnlichen Eisenbahnwagen transportiert und von einem Postbeamten begleitet. Überlegungen, Postkutschen auf Eisenbahn-Plattformwagen zu verladen und damit einen schnelleren Transport zu gewährleisten, erwiesen sich als nicht realisierbar. Erst um 1850 reifte die Idee, an fahrplanmäßige Züge eigens für den Zweck des Posttransports gestaltete Wagen anzuhängen, in denen der Postdienst während der Fahrt verrichtet werden sollte. 1851 kamen die ersten Bahnpostwagen auf der Strecke Leipzig–Hof zum Einsatz. Bis 1867 ließ die Königlich Sächsische Post 25 Bahnpostwagen anfertigen, die einen besonders ruhigen Lauf, gute Lüftung, Federung und Beleuchtung auch im Standbetrieb besaßen.
Erfordernis eines Neubaus und Bauplanung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Zu Beginn des 20. Jahrhunderts zeigte sich, dass die alten Leipziger Bahnpostanlagen dem stetig steigenden Postverkehr immer weniger gewachsen waren. Deshalb wurde die Errichtung eines neuen, zentralen Postbahnhofs und Bahnpostamts beschlossen. Als Standort wurde ein Gebiet nördlich der Leipzig-Dresdner Bahnstrecke auf der südlichen Schönefelder Flur ausgewählt, auf dem sich Felder und Wiesen sowie das bis 1906 in Schmalbruchs Teich betriebene „Bad Rohrteich“ befanden.
Der Teich wurde verfüllt, die Felder und Wiesen auf insgesamt 58.000 m² überformt. Die Baukosten beliefen sich einschließlich des Grundstückserwerbs auf 5 Millionen Mark.
Von 1912 bis heute
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Am 1. Februar 1912, fast drei Jahre vor Gesamtinbetriebnahme des Leipziger Hauptbahnhofs, konnte der Leipziger Postbahnhof in Betrieb genommen werden. Das Hauptgebäude ist 200 m lang; die überdachte Fläche der ganzen Anlage umfasst 16.000 m². Die achtschiffige Halle des als Kopfbahnhof ausgestalteten Objekts überspannte 29 Gleise mit 16 Bahnsteigen. In ihr fanden bis zu 90 Bahnpostwagen Platz, was sie zur größten Bahnpostanlage ihrer Zeit machte. Für die Anlegung des kammförmig aufgefächerten Gleisnetzes mussten umfangreiche Geländeaufschüttungen erfolgen. Für den Postbahnhof wurden zwei Stellwerke gebaut, die nach dem Zweiten Weltkrieg die Bezeichnungen R18 und W19 erhielten. Beide wurden von der zuständigen Eisenbahnverwaltung unterhalten. Das Stellwerk 19 wurde durch Postmitarbeiter besetzt, obwohl es an Zugfahrten durch die Verkehrstunnel beteiligt war. Der Postbahnhof hatte eine eigene Wasser- und Stromversorgung, für die ein mit zwei 120 PS und einem 250 PS Dieselmotor ausgestattetes Motorenkraftwerk errichtet wurde.
Im Jahre 1913 wurden im Postbahnhof Leipzig 10,4 Millionen abgehende und 4,8 Millionen ankommende Pakete umgeschlagen. Hinzu kamen noch 36 Millionen Stück im Durchgangsverkehr. Die Überführung der Bahnpostwagen erfolgte durch die Rangierlokomotiven des Hauptbahnhofs, teilweise auch durch die Zuglokomotiven. Um auch Wagen von und zur preußischen Westseite des Hauptbahnhofes bringen zu können, ohne nahezu alle Hauptgleise kreuzen zu müssen, veranlasste die Postverwaltung den Bau der Verkehrstunnel I und II. 1929 verkehrten Bahnpostwagen planmäßig auf den Strecken Leipzig – Bad Lausick – Geithain – Chemnitz, Leipzig – Bebra – Kassel, Leipzig – Erfurt – Eisenach – Frankfurt am Main, Leipzig – Döbeln – Dresden, Leipzig – Eilenburg, Leipzig – Wurzen – Riesa – Dresden, Leipzig – Gera – Saalfeld – Bamberg und Leipzig – Hof – Marktredwitz.
Im Laufe der Zeit wurde der Postbahnhof ständig baulich erweitert und technisch verbessert. So wurde 1936 an der Rohrteichstraße ein großer Erweiterungsbau fertiggestellt, der den betrieblichen Anforderungen bis zur Schließung 1994 genügen konnte. Die Dienststelle trug bei der Deutschen Post die Bezeichnung »Postamt 18«. Mit der Umwandlung der Deutschen Bundespost in die Deutsche Post AG stellte diese die Bahnpost im gesamten Bundesgebiet ein und verlagerte die Posttransporte auf die Straße und in die Luft. Teile der dem Bahnpostamt Leipzig übertragenen Aufgaben werden seither vom Güterverkehrszentrum Radefeld übernommen.
Die unter Denkmalschutz stehenden Anlagen des Leipziger Postbahnhofs stehen seitdem leer. Er befand sich ab 2014 im Eigentum der CG Gruppe.[1] Die Pläne sahen vor, dass ein Fußballstadion für 3000 Besucher für Inter Leipzig entstehen soll und die bisherigen Trainingsanlagen instand gesetzt werden. Außerdem sollten Hallen für Produktion und Lagerung entstehen.[2][3] 2024 gehört ein Teil des nun Mariannen-Campus genannten Postbahnhofgeländes der CG Mariannen-Campus Nord GmbH & Co. KG mit Sitz in Leipzig. Dieses Unternehmen gehört zur Unternehmensgruppe des Immobilienunternehmers Christoph Gröner und stellte Anfang November 2024 einen Insolvenzantrag.[4]
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Wolfram Sturm: Eisenbahnzentrum Leipzig. Geschichte von den Anfängen bis zur Gegenwart. Pro Leipzig, Leipzig 2003, ISBN 3-9807201-9-5.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Nach 20 Jahren Leerstand: Investor kauft den Postbahnhof in Leipzig-Schönefeld. Abgerufen am 16. März 2019.
- ↑ Neues Leben am alten Leipziger Postbahnhof - Mariannenpark ( vom 19. September 2020 im Internet Archive), auf cg-gruppe.de, abgerufen am 14. Oktober 2019
- ↑ PROJEKTE SACHSEN Mariannen-Campus süd, auf groener-group.com, abgerufen am 7. Januar 2021
- ↑ Jens Rometsch: Leipzig: Weitere Firma des Bauunternehmers Christoph Gröner in Insolvenz. In: LVZ. 6. November 2024, abgerufen am 6. November 2024.
Koordinaten: 51° 21′ 7,4″ N, 12° 23′ 52,1″ O