Marc Héridier

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Marc Héridier (* 6. November 1840 in Chêne-Thônex (heute Gemeinde Chêne-Bougeries); † 19. März 1919 in Chêne-Bourg; heimatberechtigt in Chêne-Bourg) war ein Schweizer Jurist, Unternehmer und Politiker. Er gehörte zum radikalen Flügel der Freisinnig-Demokratischen Partei.

Marc Héridier war der Sohn von Jean Héridier, Tuch- und Lebensmittelhändler und dessen Ehefrau Andréanne (geb. Baud).

Mütterlicherseits war er ein Neffe des Berner katholischen Geistlichen Antoine Baud.[1]

Er war mit der Modistin Françoise, der Tochter des Grundbesitzers Jean-Pierre Auvergne, verheiratet.

Nach einem Studium der Rechtswissenschaften hielt sich Marc Héridier einige Zeit in Deutschland auf und war dann als Notar und Bankangestellter in Belgien tätig.

1861 übernahm er die väterliche Handelsfirma und war von 1864 bis 1875 Steuereinnehmer. Dazu betrieb er ein Notariat in Chêne-Bourg.

Politisches und gesellschaftliches Wirken

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Marc Héridier brachte Ende der 1860er Jahre eine Petition ein, in der gefordert wurde, die Gemeinden Bourg und Thônex zu trennen. Am 17. Februar 1869 wurde per Gesetz die Trennung vollzogen und zwei eigenständige Gemeinden geschaffen. In Thônex wurde daraufhin sein Vater Jean Héridier erster Bürgermeister der Gemeinde.[2]

Er war im Gemeinderat von Chêne-Bourg vertreten und setzte er sich dafür ein, dass die Eisenbahnlinie der Bahnstrecke Genève–Annemasse durch die Ortschaft geführt wurde, dazu forderte er vom Bund den Erwerb des Bahnnetzes.[3] 1885 war er beauftragt worden, Landverkäufe, die im Zuge des Baus der Bahnlinie Annemasse-Vollandes in den Gemeinden Chêne-Bourg und Thônex stattfanden, notariell zu beglaubigen. Hierbei erwarb er von einem Ehepaar ein Grundstück und trat als neuer Eigentümer gegenüber den staatlichen Schatzungsbeamten auf. Als neuer Eigentümer forderte er einen hohen Preis für sein Grundstück, dass der Schatzungsbeamte nicht zahlen wollte, weil er die Eigentumsverhältnisse nicht anerkannte. Hierauf klagte Marc Héridier, der zwar als neuer Eigentümer anerkannt wurde, jedoch mit dem Hinweis, dass er keine erhöhten Entschädigungsansprüche stellen könne.[4][5][6]

1871 war er einer der Vorkämpfer der altkatholischen Bewegung von Genf und von 1881 bis 1887 Mitglied des Synodalrats der Schweizerischen Christkatholischen Kirche.

Er vertrat von 1870 bis 1878, von 1880 bis 1884, von 1892 bis 1894 sowie von 1910 bis 1913 die Radikalen im Genfer Grossrat; 1881 erfolgte seine Wahl zum Stadtpräsidenten.[7]

Von 1875 bis 1879 und von 1880 bis 1883[8] (1881[9] Präsident und 1882[10] Vizepräsident) war er im Staatsrat und vom 26. November 1883 bis zum 1. September 1884 sowie vom 5. Dezember 1892 bis zum 1. Oktober 1893 im Ständerat.

Im Staatsrat leitete er, als Nachfolger des abgewählten Amédée Girod, das Polizei- und Justizdepartement.[11]

Er setzte sich 1871 für die Abschaffung der Todesstrafe ein[12][13][14] und war 1872 an einem Gesetz zur Verbesserung des Schulwesens sowie 1873 an der Gründung der Universität Genf und der Neuorganisation der Polizei beteiligt.

Bereits 1871 forderte er einen obligatorischen und unentgeltlichen Sekundarunterricht für arme Kinder sowie deren Möglichkeiten ein Stipendium zu erhalten.[15]

1872 gehörte er einer Kommission im Grossrat an, die sich mit religiösen Fragen beschäftigte.[16]

Er wurde 1873 Mitglied des Zentralkomitees der freisinnigen Katholiken in Zürich.[17] 1874 war er Präsident des Pfarrrates in Chêne.[18]

1888 wurde er Präsident des Komitees, das sich für den Bau eines Denkmals für den Erbauer des Gotthardtunnels, Louis Favre, in Chêne-Bourg einsetzte.[19][20] Die feierliche Einweihung des Denkmals, das der Bildhauer Émile-Placide Lambert (1828–1897) unentgeltlich schuf und in Paris in der Giesserei von Henri Léon Thiébaut (1855–1899) gefertigt wurde, fand am 30. Juli 1893 statt.[21][22]

Im Kulturkampf erwies er sich als Gegner Roms.

Mitgliedschaften

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Marc Héridier war von 1868 bis 1869 Mitglied in verschiedenen sozialistischen Organisationen.

Einzelnachweise

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  1. Genf. In: Die Ostschweiz 18. Mai 1878. Abgerufen am 11. April 2024.
  2. Formation des Trois-Chêne. Abgerufen am 11. April 2024 (französisch).
  3. Ständerath. In: Zürcherische Freitagszeitung 30. Juni 1893. Abgerufen am 11. April 2024.
  4. Genf. In: Neue Zürcher Zeitung 8. September 1885. Abgerufen am 11. April 2024.
  5. Genf. In: Neue Zürcher Zeitung 26. Oktober 1885 Ausgabe 02. Abgerufen am 11. April 2024.
  6. Telegramme: Lausanne. In: Neue Zürcher Zeitung 7. Dezember 1895. Abgerufen am 11. April 2024.
  7. Genf. In: Neue Zürcher Zeitung 27. November 1881. Abgerufen am 11. April 2024.
  8. Genf. In: Geschäftsblatt für den obern Teil des Kantons Bern 14. November 1883. Abgerufen am 11. April 2024.
  9. Genf. In: Zürcherische Freitagszeitung 2. Dezember 1881. Abgerufen am 11. April 2024.
  10. Genf. In: Neue Zürcher Zeitung 30. November 1882 Ausgabe 02. Abgerufen am 11. April 2024.
  11. Genf. In: Der Bund 27. November 1875. Abgerufen am 11. April 2024.
  12. Genf. In: Intelligenzblatt für die Stadt Bern 13. Januar 1871. Abgerufen am 11. April 2024.
  13. Genf. In: Tagblatt der Stadt Biel 17. Mai 1879. Abgerufen am 11. April 2024.
  14. Naúm Reichesberg: Handwörterbuch der schweizerischen Volkswirtschaft, Sozialpolitik und Verwaltung: Bd. 1. Hälfte. Markenschutz-Schulgesundheitspflege. 2. Hä;fte, 1. T. Schützenwesen-Verwhältniswahl. 2. T. Verhl̈tniswahl-Zunftwesen. 3. T. Zunftwesen (Schluss) Nachträge. Sachregister. Autorenregister. Verlag Encyklopädie, 1903 (google.de [abgerufen am 11. April 2024]).
  15. Genf. In: Der Bund 2. Juli 1871. Abgerufen am 11. April 2024.
  16. Genf. In: Der Bund 18. Juni 1872. Abgerufen am 11. April 2024.
  17. Freisinnige Katholiken. In: Der Bund 15. März 1873. Abgerufen am 11. April 2024.
  18. Genf. In: Der Bund 11. Januar 1874. Abgerufen am 11. April 2024.
  19. Genf. In: Neue Zürcher Zeitung 23. Februar 1888 Ausgabe 02. Abgerufen am 11. April 2024.
  20. Genf. In: Der Bund 23. Februar 1888. Abgerufen am 11. April 2024.
  21. Die Einweihung des Favre-Denkmals. In: Neue Zürcher Zeitung 31. Juli 1893. Abgerufen am 11. April 2024.
  22. Monuments Favre. In: La tribune de Genève 26. Februar 1893 Ausgabe 04. Abgerufen am 11. April 2024.