Kunstschmied
Der Kunstschmied, dessen Berufsbezeichnung 1989 in Deutschland (zusammen mit der des Kunstschlossers[1]) in Metallbauer Fachbereich Metallgestaltung umbenannt wurde, fertigt Produkte für alle möglichen Bereiche. Er fertigt sowohl Fenstergitter, Tore, Treppengeländer, Vordächer usw. (also Arbeiten im Baugewerbe) als auch Dekorationsartikel, Leuchten, Kerzenständer usw. mit Hilfe der verschiedenen Schmiedetechniken an.
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Schmiedekunst ist ein uraltes Handwerk, bei dem Metalle – zuerst Kupfer, dann Bronze und Eisen sowie verschiedene Edelmetalle – durch Hämmern, Pressen oder Verdrehen geformt werden. Neben der primären Formung von Bedarfsgut kommt im Kultbereich schnell die kunsthandwerkliche Formgebung auf. Folgerichtig schmiedet der griechische Gott der Schmiedekunst Hephaistos den Halsschmuck der Göttin Harmonia, der Gattin von Kadmos, dem Gründer von Theben.
Einen Höhepunkt erreicht die schon in der Bronzezeit verbreitet einsetzende Schmiedekunst in der Eisenzeit. Erhaltene Belege sind jedoch in erster Linie kunsthandwerkliche Utensilien (z. B. Gefäße und Gewandspangen) aus anderen Metallen. Dass die Fibel ausschließlich Zierrat war, kann daraus abgeleitet werden, dass es Knöpfe, die die gleiche Funktion erfüllten, bereits seit der Steinzeit gab. Vor allem der Bügel wurde regional und zeitlich sehr unterschiedlich ausgestaltet. Dadurch sind Fibelformen für Archäologen als eine Art „Leitfossil“ ein wichtiger Anhaltspunkt bei der Datierung von Funden. Die große Menge von Fundstücken mit zeitlich und regional typischem Dekor ermöglichte die Aufstellung einer kompletten Typologie aufeinander folgender Fibelformen.
Die Schmiedekunst der Antike ist hauptsächlich aus Schriftquellen und bildlichen Darstellungen (Vasen) bekannt. Waffenfunde (Schwerter) vervollständigen das Bild. Das geschmiedete Hufeisen kam erst im 9. Jahrhundert in Gebrauch. Aus dem 11. und 12. Jahrhundert stammen Beschläge, Gitter, Kaminböcke und Leuchter. Seit dem 14. Jahrhundert wurden besonders in Florenz Fackelhalter und Laternen gearbeitet. Im 16. Jahrhundert war Deutschland in der Schmiedekunst führend, besonders bei Waffen. Die von ihr ausgehenden Verfahren des Eisenschnitts, der Gravierung, Ätzung, Bläuung und Vergoldung wurden zum Teil auch auf andere Schmiedearbeiten angewandt. Ab dem 14. Jahrhundert bildeten die bis dahin zur Zunft der Schmiede gehörenden „Kleinschmiede“, heute Schlosser, zunehmend eigene Zünfte.
Im Barock und Rokoko entstanden Gittertüren, Chorgitter, Balkon- und Treppengeländer, Brunnenlauben und Wirtshausschilder. Vor allem die prachtvollen Gitter vor den Höfen von Schlössern oder dem Chorbereich von Kirchen aus dieser Zeit sind die prachtvollsten Erzeugnisse des Schlosser- und Schmiedehandwerks überhaupt. Im frühen 19. Jahrhundert wurde die Schmiedekunst vielfach durch den Eisenguss verdrängt.[2] Auch maschinell hergestellte Ornamente aus Schmiedeeisen, die als Einzelteile verkauft und dann lediglich zusammengesetzt wurden, kamen in dieser Zeit auf und trugen zum künstlerischen Niedergang des Handwerks bei. Erst im 20. Jahrhundert brachte die Schmiedekunst wieder hochwertige Leistungen hervor. Dabei handelt es sich sowohl um Neuanfertigungen in historischen Formen als auch zeitgenössisch gestaltete Entwürfe. Ein wichtiger Zweig des Handwerks ist heute auch die Restaurierung alter Schmiedearbeiten.
Die Hauptwerkzeuge des Kunstschmieds sind neben Amboss, Feuer und Wasser die verschiedensten Schmiedehämmer sowie Schmiedezangen. Viele seiner Werkzeuge fertigt der Schmied selber an. So werden Biegevorrichtungen z. B. oft für besonders häufig gebogene Formen gefertigt, um eine schnelle Reproduzierbarkeit zu ermöglichen. Ein großer Fundus solcher selbst angefertigter Werkzeuge stellt ein erhebliches Kapital einer Werkstatt dar.
Den Kunstschmied gibt es als Berufsrichtung nicht. Mittels Freiformschmieden kann ein Schmied Kunstschmiedearbeiten herstellen.
In Österreich gehört der Kunstschmied mittlerweile zum Beruf Metalltechnik-Schmiedetechnik mit dreieinhalb Jahren Lehrzeit.
Metaller, die sich in Gestaltung beruflich weiterqualifizieren wollen, können sich zum „Gestalter im Handwerk“ weiterbilden, wie z. B. in München an der Akademie für Gestaltung. Die Übergänge vom Kunstschmied oder Metallgestalter im Handwerk zum Metallbildhauer sind teils fließend, setzen aber meist eine besondere gestalterische Begabung und/oder eine entsprechende künstlerische Ausbildung voraus.
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Hårvard Bergland: Die Kunst des Schmiedens. Das große Lehrbuch der traditionellen Technik. 4., unveränderte Auflage der deutschen Ausgabe. Wieland Verlag, Bad Aibling 2013, ISBN 978-3-9808709-4-8, S. 267–308: Kapitel 13: Kunstschmieden.
- Max Metzger: Die Kunstschlosserei, Schäferverlag, Hannover (Reprint). ISBN 3-88746-135-5
- Otto Schmirler: Werk und Werkzeug des Kunstschmieds Wasmuth-Verlag, 1981, (deutsch / englisch / französisch). ISBN 3-8030-5040-5
- Fritz Kühn, Achim Kühn, Helgard Kühn: Eisen und Stahl – Werkstattbuch der Schmiedekunst. Augustus-Verlag, Augsburg 1989. ISBN 3-8043-2715-X.
- Julius Schramm: Über das Kunstschmiedehandwerk, (1935), und Mein Leben als Kunstschmied, (1941), Alfred Metzner Verlag, Berlin. (Bibliothekssuche: Woe=129805394)
- Hermann Hundeshagen: Der Schmied am Amboß. Ein praktisches Lehrbuch für alle Schmiede. Verlag Volk und Wissen, Berlin 1957. Nachdruck der 8. Auflage 1989: Manuela Kinzel Verlag, Göppingen, Dessau 2019, ISBN 978-3-95544-120-3
- Peter Elgaß (Text Buchgestaltung), Alfred Habermann (Fotos Interviews): Alfred Habermann: Schmied und Gestalter, 175 S., 1999, Verlag Hephaistos, (deutsch / englisch) ISBN 978-3-931951-08-5 (ein Buch zur traditionellen zeitgenössischen Schmiedekultur bzw. Metallbildhauerei.)
- Wolfgang Pöttinger: Geformtes Schmiedeeisen, Oberösterreichischer Landesverlag, Linz 1977. ISBN 3-85214-183-4
- K.-D. Lietzmann & J. Schlegel: Schmiedeeisen. Geschichte, Kunst, Technik, Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie (1992). ISBN 3-342-00437-1
- Kristina von Wieland: Vom Zauber alten Schmiedeeisens. Bibliothek Rombach, Freiburg im Breisgau 1981, ISBN 3-7930-0729-4.
- Musterbuch für Kunstschlosser und Kunstschmiede: Handwerkskunst der Schlosser vom 14. bis 17. Jahrhundert, reprint Verlag, Leipzig 2008. ISBN 3-8262-1300-9
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Österreichisches Berufsbild Schmiedetechnik: Wirtschaftskammer
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Bundesagentur für Arbeit: Berufsbezeichnungen ( des vom 28. Juni 2012 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. (abgerufen am 7. Mai 2013)
- ↑ Klaus F. Müller: Park und Villa Haas - Historismus, Kunst und Lebensstil. S. 128–137 Schmiedeeisen - Ein Gestaltungsmittel. Verlag Edition Winterwork, 2012, ISBN 978-3-86468-160-8.