Konklave 1655
Das Konklave von 1655 wurde nach dem Tod von Papst Innozenz X. einberufen und endete mit der Wahl von Fabio Chigi als Alexander VII. Als Giulio Cesare Sacchetti während des ganzen Konklaves 33 Stimmen erhielt, sich aber nie genug für seine eigene Wahl sichern konnte, geriet das Konklave in eine Sackgasse. Chigi wurde schließlich zum Papst gewählt, nachdem Kardinal Jules Mazarin, der regierende Minister in Frankreich, auf Antrag von Sacchetti seiner Wahl zustimmte.
Hintergrund
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Während Innozenz’ Pontifikats beendete der Westfälische Frieden den Dreißigjährigen Krieg – das bedeutendste säkulare Ereignis seiner Regierungszeit. Innozenz stimmte dem Vertrag nicht zu, weil seine Vertreter nicht an den Diskussionen teilgenommen hatten und er weder konsultiert noch um Anerkennung der protestantischen Religion in Deutschland gebeten worden war. Er forderte die weltlichen katholischen Führer auf, auf den Frieden zu verzichten, aber sie folgten ihm nicht.
Innozenz ernannte nur sechs nicht-italienische Kardinäle während seines Pontifikats, fünf davon waren Kronkardinäle, die auf Wunsch eines katholischen Monarchen ernannt wurden. Abgesehen von diesen kamen die übrigen 40 neuen Kardinäle alle aus Italien.
Innozenz X. hatte Camillo Francesco Maria Pamphilj, seinen einzigen Neffen, zum Kardinal erhoben. Camillo gab später seinen Status als Kardinal auf, um zu heiraten. Stattdessen übernahm Innozenz’ Schwägerin (und Camillos Mutter) Olimpia Maidalchini alle Funktionen, die normalerweise einem Kardinalnepoten vorbehalten gewesen wären.
Konklave
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das Kardinalskollegium bestand bei Innozenz’ Tod aus 69 Mitgliedern, das folgende Konklave sah davon 66. 32 von ihnen waren entweder von Urban VIII. oder Innozenz X. ernannt worden. Da Olimpia Maidalchini kein Kardinal war, durfte sie nicht am Konklave teilnehmen, lediglich vor den Kardinälen eine Rede halten. Diese Situation ließ die Gruppe von Innozenz’ Kardinalerhebungen nun ohne einen natürlichen Anführer.
Im Konklave waren 18 Kardinäle loyal gegenüber Spanien. Die Franzosen hatten weniger Unterstützer, allerdings Urbans VIII. Nepoten Francesco Barberini in ihrer Fraktion. Barberinis Loyalität zu Frankreich beruhte auf der Hochzeit einer seiner Nichten mit dem Bruder von Rinaldo d’Este, dem Kardinal, der die französische Fraktion anführte.
Giulio Cesare Sacchetti, der im Konklave von 1644 als der wahrscheinliche neue Papst galt, war jetzt der stärkste Kandidat, aber einige Kardinäle wählten ihn jetzt nicht, weil er im vorherigen Konklave von den Spaniern abgelehnt worden war. Sacchetti war auch der Favorit des Kardinals Mazarin, der zurzeit die französische Regierung anführte. Während der ersten Abstimmung erhielt Sacchetti 33 Stimmen, eine Zahl, die während des gesamten Konklaves konstant blieb.
Die ersten Wahlgänge waren auch deswegen einzigartig, weil eine große Anzahl von Kardinälen ihren Stimmzettel mit „niemand“ abgaben, in der Spitze waren es 27 am 22. Januar. Diese Stimmen kamen hauptsächlich von Kardinälen, die von Innozenz X. ernannt worden waren, und die nicht für einen der Kardinäle Urbans VIII. stimmen wollten. Elf der Stimmen für „niemand“ kamen von der Squadrone Volante, einer Gruppe von Kardinälen, die bereit waren, jeden Kandidaten zu unterstützen, von dem sie dachten, dass dessen Handel vor allem von Nutzen für das Amt des Papstes sein werde.
Die Pattsituation hielt bis Februar, bis jüngere Kardinäle begannen, älteren Mitgliedern des Kollegiums Streiche zu spielen, um sich selbst zu unterhalten. Dies führte angeblich dazu, dass ein älterer Kardinal an einer Lungenentzündung starb, nachdem ein jüngerer Kardinal ihn auf den kalten Boden zu Fall brachte, indem er ihn als Geist verkleidet erschreckte, und ihn dort liegen ließ[1]. Andere Erkrankungen führten dazu, dass Kardinäle das Konklave verließen.
Wahl Alexanders VII.
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Mitte Februar wandte sich Sacchetti, als er erkannte, dass seine eigene Kandidatur sinnlos geworden war, an Mazarin, um die französischen Kardinäle aufzufordern, ihre Unterstützung für ihn auf Fabio Chigi zu übertragen. Chigi war vor dem Tod von Innocent X. als Nachfolgekandidat gehandelt worden. Zeitgenossen berichten, dass er für die Position als am besten geeignet angesehen wurde, sofern persönliche motivierte Überlegungen der Wähler unberücksichtigt blieben. Der Squadrone Volante gelang es, Kardinal Mazarin zur Unterstützung Chigis zu bringen, obwohl er ihn nicht mochte – Mazarins Hass auf Chigi stammte aus der Zeit von Mazarins Exil in Köln während der Fronde, als Chigi als päpstlicher Nuntius in der Stadt diente.
Im April 1655 schrieb Mazarin an Sacchetti und erklärte sich damit einverstanden, den Wahlberechtigten zu erlauben, für Chigi zu stimmen, sollte Sacchettis eigene Wahl unmöglich werden. Sacchetti bat also seine Unterstützer, ihre Stimmen auf Chigi zu übertragen. Bei der ersten Abstimmung am 7. April 1655 wurden 20 Stimmzettel für Chigi abgegeben, bevor die anderen Wähler ihn dann nach einem 80 Tage dauernden Konklave zum Papst wählten. Chigi wählte den Namen Alexander VII.
Wahlberechtigte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Von den 69 lebenden Kardinälen nahmen 66 am Konklave teil:
- Fabio Chigi, Bischof von Imola und Kardinalstaatssekretär
- Carlo de’ Medici, Bischof von Ostia und Velletri, Dekan des Heiligen Kollegiums
- Francesco Barberini, Bischof von Porto, Subdekan des Heiligen Kollegiums
- Bernardino Spada, Bischof von Sabina
- Giulio Cesare Sacchetti, Bischof von Frascati
- Marzio Ginetti, Bischof von Albano
- Luigi Capponi
- Ernst Adalbert von Harrach, Erzbischof von Prag
- Antonio Barberini
- Girolamo Colonna
- Giovanni Battista Maria Pallotta
- Francesco Maria Brancaccio, Bischof von Viterbo und Toscanella
- Alessandro Bichi, Bischof von Carpentras
- Ulderico Carpegna
- Marcantonio Franciotti
- Stefano Durazzo, Erzbischof von Genua
- Ascanio Filomarino, Erzbischof von Neapel
- Marcantonio Bragadin, Bischof von Vicenza
- Pier Donato Cesi
- Vincenzo Maculani OP
- Francesco Peretti di Montalto[2]
- Cesare Facchinetti, Bischof von Senigallia
- Girolamo Grimaldi-Cavalleroni
- Carlo Rossetti, Bischof von Faenza
- Francesco Angelo Rapaccioli, Bischof von Terni
- Francesco Adriano Ceva
- Angelo Giori
- Juan de Lugo y de Quiroga SJ
- Domenico Cecchini
- Niccolò Albergati-Ludovisi, Großpönitentiar
- Pier Luigi Carafa
- Alderano Cibo
- Fabrizio Savelli, Erzbischof von Salerno
- Francesco Cherubini
- Camillo Astalli
- Jean-François Paul de Gondi, Erzbischof von Paris
- Giovanni Girolamo Lomellini, Legat in Bologna
- Luigi Omodei
- Pietro Ottoboni, später Papst Alexander VIII.
- Giacomo Corradi, Bischof von Jesi
- Lorenzo Imperiali
- Giberto Borromeo
- Marcello Santacroce, Bischof von Tivoli
- Baccio Aldobrandini
- Giambattista Spada, Legat in Ferrara
- Prospero Caffarelli
- Francesco Albizzi
- Ottavio Acquaviva d’Aragona, Legat in Romandiola[3]
- Giangiacomo Teodoro Trivulzio
- Giulio Gabrielli, Bischof von Ascoli Piceno
- Virginio Orsini
- Rinaldo d’Este
- Vincenzo Costaguti
- Giovanni Stefano Donghi, Bischof von Ajaccio
- Paolo Emilio Rondinini, Bischof von Assisi
- Gian Carlo de’ Medici
- Federico Sforza, Bischof von Rimini
- Benedetto Odescalchi, Bischof von Novara, später Papst Innozenz XI,
- Cristoforo Widmann
- Lorenzo Raggi
- Francesco Maidalchini
- Friedrich von Hessen-Darmstadt
- Carlo Barberini
- Carlo Pio di Savoia
- Carlo Gualterio, Bischof von Fermo
- Decio Azzolino
Mit Konklavebeginn am 18. Januar 1655 traten 61 Kardinäle in Rom zur Wahl eines neuen Kirchenoberhauptes an. Zu diesem Zeitpunkt fehlten in Rom noch sieben Kardinäle.
Dem Konklave waren ganz ferngeblieben:
- Baltasar de Moscoso y Sandoval, Erzbischof von Toledo
- Alfonso de la Cueva-Benavides y Mendoza-Carrillo, Bischof von Palestrina und Bischof von Málaga
- Jules Mazarin, regierender Minister in Frankreich
Verspätet zum Konklave erschienen:
- 21. Januar 1655: Ascanio Filomarino, Erzbischof von Neapel.
- 25. Januar 1655: Stefano Durazzo, Erzbischof von Genua.
- 27. Januar 1655: Friedrich von Hessen-Darmstadt.
- 7. Februar 1655: Ernst Adalbert von Harrach, Erzbischof von Prag.
Am 15. Februar 1655 starb Kardinal Pier Luigi Carafa.
Die 66 anwesenden Wahlmänner stammten aus folgenden Pontifikaten:
- 2 Kardinäle aus dem Pontifikat von Paul V.
- 32 Kardinäle aus dem Pontifikat von Urban VIII. und
- 32 Kardinäle aus dem Pontifikat von Innozenz X.
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Frederic J. Baumgartner: Behind Locked Doors. Palgrave Macmillan, 2003, ISBN 0-312-29463-8.
- Ludwig von Pastor, Ernst Graf (Hrsg.): The History of the Popes. Band 31, Kegan Paul, Trench, Trubner & Co. Ltd., 1940 [1891]
- H. M. Vernon: Italy from 1494 to 1790. Cambridge University Press, 1909.
Anmerkungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Es kann sich nur um Pier Luigi Carafa handeln, der am 15. Februar im Alter von 73 Jahren starb
- ↑ Entgegen anderslautenden Berichten starb Peretti erst am 4. Mai 1655 und nicht bereits 1653, insofern ist seine Aufnahme in die Liste, die Ludwig von Pastor vornahm, korrekt
- ↑ Provincia Romandiolæ et Exarchatus Ravennæ, eine Verwaltungseinheit des Kirchenstaates