Infektiologie
Die Infektiologie (abgeleitet von „Infektion“) oder Infektologie (von lateinisch inficere), auch Infektionslehre oder Infektionsmedizin, ist die Lehre vom Gesamtgebiet der Infektionen und der Infektions- und Infestationskrankheiten.[1] Sie ist eine interdisziplinäre Wissenschaft in den Bereichen Biologie und Medizin, die sich mit der Erforschung, Verhütung und Behandlung viraler, bakterieller, mykotischer und protozoaler Infektionen beim Menschen beschäftigt. Auf staatlicher Ebene ist in Deutschland das Robert Koch-Institut in Berlin, im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit, bei der Gesundheitsüberwachung und Hygiene führend.
Infektiologische Grundlagenforschung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Grundlagenforschung erfolgt in der Infektionsbiologie (Bakteriologie, Virologie, Parasitologie und Immunologie), in der klinischen Infektiologie und in der Epidemiologie. In Deutschland sind daran u. a. Institute von Universitäten, der Max-Planck-Gesellschaft und der Helmholtz-Gemeinschaft beteiligt.
Medizinische Infektiologie
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die ambulante und klinische Versorgung von Patienten mit Infektionskrankheiten erfolgt in der medizinischen Infektiologie. Bei Infektionen mit hochansteckenden Erregern werden die Patienten in speziellen Isolierstationen behandelt.
Klinisch bedeutsame Infektionserkrankungen (Auswahl)
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Lungenentzündung
- HIV/AIDS
- Durchfallerkrankungen
- Tuberkulose
- Hirnhautentzündung
- Hepatitis
- Malaria
- Virales hämorrhagisches Fieber
- Lyme-Borreliose
Infektiologische Kliniken
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Medizinische Klinik mit Schwerpunkt Infektiologie und Pneumologie der Charité in Berlin: Die Klinik wurde 1891 von Robert Koch gegründet. Hier ist der einzige deutsche Lehrstuhl für klinische Infektiologie und die größte deutsche Sonderisolierstation für hochansteckende Krankheiten angesiedelt.
- Bernhard-Nocht-Institut und Klinik in Hamburg: Die Klinik wurde 1900 speziell zur Behandlung von Tropenkrankheiten gegründet.
- Zentrum für Infektionsmedizin und Krankenhaushygiene am Universitätsklinikum Jena: Das Zentrum betreut im Rahmen eines klinikumsweiten Konsiliardienstes und einer Spezialambulanz Patienten mit verschiedenen Infektionskrankheiten nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft. Der Forschungsschwerpunkt sind neue Strategien gegen Infektionen durch multiresistente Erreger.
Ärztliche Qualifikation
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Facharztbezeichnung Infektiologe
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Nach der Muster-Weiterbildungsordnung 2018 umfasst die Weiterbildung in Innerer Medizin und Infektiologie die Vorbeugung, (Früh-)Erkennung, konservative und interventionelle Behandlung sowie Rehabilitation und Nachsorge der Gesundheitsstörungen einschließlich geriatrischer Krankheiten und Erkrankungen der Atmungsorgane, des Herzens und Kreislaufs, der Verdauungsorgane, der Nieren und ableitenden Harnwege, des Blutes und der blutbildenden Organe, des Gefäßsystems, des Stoffwechsels und der inneren Sekretion, des Immunsystems, des Stütz- und Bindegewebes, der Infektionskrankheiten und Vergiftungen sowie der soliden Tumore und der hämatologischen Neoplasien. Das Gebiet umfasst auch die Gesundheitsförderung und die Betreuung unter Berücksichtigung der somatischen, psychischen und sozialen Wechselwirkungen und die interdisziplinäre Koordination der an der gesundheitlichen Betreuung beteiligten Personen und Institutionen.
Als Mindestanforderungen zum Erlangen der Gebiets-/Facharzt-Bezeichnung werden genannt:
72 Monate im Gebiet Innere Medizin an anerkannten Weiterbildungsstätten, davon müssen abgeleistet werden:[2]
- 36 Monate in Innerer Medizin und Infektiologie, davon
- können zum Kompetenzerwerb bis zu 6 Monate Weiterbildung in Hygiene und Umweltmedizin, Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemiologie und/oder in Öffentlichem Gesundheitswesen angerechnet werden,
- müssen 24 Monate in der stationären Patientenversorgung abgeleistet werden,
- 24 Monate in mindestens zwei anderen Facharztkompetenzen des Gebiets,
- 6 Monate in der Notfallaufnahme,
- 6 Monate in der Intensivmedizin.
Inhalte der Facharzt-Weiterbildungen im Gebiet Innere Medizin / Facharzt/Fachärztin für Innere Medizin und Infektiologie (Infektiologe/Infektiologin) sind in der Muster-Weiterbildungsordnung festgeschrieben.
Zusatzweiterbildung Infektiologie
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Zusatzweiterbildung Infektiologie ist eine in der Musterweiterbildungsordnung aufgeführte Zusatz-Weiterbildung im Fach Infektiologie für Fachärzte in einem Gebiet der unmittelbaren Patientenversorgung oder in Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemiologie oder in Hygiene und Umweltmedizin.
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Adolf Bauernfeind, Pramod M. Shah: Lexikon der Mikrobiologie und der Infektiologie. Schattauer, Stuttgart 1990, ISBN 3-7945-1247-2.
- Walter Bruchhausen: Von der Bakteriologie zur modernen Virologie und Prionenforschung: Die Entwicklung der Infektionslehre. In: Dominik Groß, Hans Joachim Winckelmann (Hrsg.): Medizin im 20. Jahrhundert. Fortschritte und Grenzen der Heilkunde seit 1900. München 2008 (= Ärztliche Praxis: Edition.), S. 7–25.
- Friedrich Hofmann, Friedrich-Wilhelm Tiller: Praktische Infektiologie. Erreger, Diagnose, Therapie, Prävention. ecomed, Landsberg 2001, ISBN 3-609-63333-6.
- Alexander Krämer, R. Reintjes (Hrsg.): Infektionsepidemiologie. Methoden, moderne Surveillance, mathematische Modelle, Global Public Health. Springer, Berlin 2003, ISBN 3-540-42764-3.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Werner Köhler: Infektiologie. In: Werner E. Gerabek, Bernhard D. Haage, Gundolf Keil, Wolfgang Wegner (Hrsg.): Enzyklopädie Medizingeschichte. De Gruyter, Berlin/New York 2005, ISBN 3-11-015714-4, S. 667.
- ↑ Gebiet Innere Medizin Facharzt/Fachärztin für Innere Medizin und Infektiologie (Infektiologe/Infektiologin). In: (Muster-)Weiterbildungsordnung MWBO 2018, Seite 152. Bundesärztekammer, abgerufen am 21. Oktober 2024.