Großer Preis von Frankreich 1922

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Rennsieger Felice Nazzaro nach dem Rennen
Nazzaro mit Beifahrer Evasio Lampiano im Fiat 804
Pierre de Vizcaya im Bugatti T30 vor Giulio Foresti im 2-Liter-Ballot

Der XVI. Große Preis von Frankreich (XVI Grand Prix de l’Automobile Club de France)[1] fand am 16. Juli 1922 auf dem Circuit de Strasbourg um Duppigheim bei Straßburg in Frankreich statt. Das Rennen wurde gemäß der neu erlassenen Grand-Prix-Formel (2 Liter Hubraum, 650 kg Mindestgewicht, Renndistanz mindestens 800 km) über 60 Runden à 13,38 km ausgetragen, was einer Gesamtdistanz von 802,88 km entsprach. Dabei wurde erstmals in der Grand-Prix-Geschichte ein Massenstart durchgeführt, wenn auch zunächst noch in Form eines fliegenden Starts, bei dem die Wagen – angeführt von einem Motorradfahrer – in einer vorher ausgelosten Formation langsam dahinrollten, bis das Rennen freigegeben wurde.

Bereits im Training hatte sich die erdrückende Überlegenheit von Fiat abgezeichnet, als die drei Fahrer des Teams, Pietro Bordino, Altmeister Felice Nazzaro und dessen junger Neffe Biagio (als Grand-Prix-Neuling) mit dem neuen Sechszylinder-Modell vom Typ 804-404 regelmäßig Rundenzeiten um 30 Sekunden schneller als die übrigen 15 Teilnehmer auf fünf verschiedenen Fabrikaten erzielen konnten. Im Rennen entwickelte sich dies zu einer regelrechten Machtdemonstration, zumal einige Hersteller darauf mit einer Verkürzung der Antriebsübersetzung reagiert hatten, was nun zu zahlreichen Motorschäden unter den Konkurrenten führte. So waren zur Halbzeit schon elf der 18 gestarteten Teilnehmer aus dem Rennen, darunter die kompletten Teams von Rolland-Pilain, Sunbeam und Aston Martin – wo Bau und Einsatz der nur mit einem 1,5-Liter-Vierzylinder ausgestatteten Wagen durch den Millionär und Herrenfahrer Louis Zborowski finanziert worden war. An der Spitze lagen die drei Fiat-Fahrer dagegen bereits mit deutlichem Abstand in Front. Allein der elsässische Bugatti-Fahrer Ernest Friederich war aufgrund seiner guten Streckenkenntnis anfänglich noch in der Lage gewesen, Anschluss an die Fiat zu halten, bis auch er in der 16. Runde mit Motorschaden aufgeben musste. Nach drei Vierteln der Renndistanz musste schließlich auch der letzte noch verbliebene Ballot von Giulio Foresti die Segel streichen, so dass neben den drei führenden Fiat nur noch die Bugattis von Pierre de Vizcaya, Pierre Marco und Jacques Mones-Maury – wenn auch mit erheblichem Rückstand – im Rennen noch vertreten waren.

Dennoch geriet der Fiat-Sieg durch die dramatischen Ereignisse am Ende des Rennens noch einmal ernsthaft in Gefahr, als an allen drei Rennwagen des Teams aufgrund eines Konstruktionsfehlers Brüche an der Hinterachse auftraten. Nachdem Biagio Nazzaro hierdurch bei hoher Geschwindigkeit ein Rad verloren hatte und beim nachfolgenden Überschlag seines Wagens zu Tode gekommen war, überstand Bordino zwei Runden vor Rennende seinen von einem gleichartigen Defekt verursachten Unfall zumindest ohne größere gesundheitliche Folgen. Felice Nazzaro, der auch nach dem Tod seines Neffens weitergefahren war, konnte nach einer Gesamtzeit von über sechs Stunden und mit einem Durchschnitt von 127,67 km/h seinen ebenfalls angeschlagenen Wagen dagegen trotz seines Zeitvorsprungs von beinahe einer Stunde auf den zweitplatzierten Bugatti-Fahrer de Vizcaya gerade noch so für den letzten bedeutenden Sieg seiner Karriere ins Ziel retten. Mit Pierre Marco auf Bugatti kam schließlich nur noch ein weiterer Fahrer mit ca. 90 Minuten Zeitrückstand in die Wertung.

Team Nr. Fahrer Info Chassis Motor Reifen
Dritte Französische Republik Société Lyonnaise de l’Industrie Mécanique et Autos Pilain 01 Dritte Französische Republik François Lecot DNA Slim-Pilain M
Dritte Französische Republik Automobiles Delage 02 Dritte Französische Republik René Thomas DNA Delage
10 Fahrer nicht benannt DNA
Dritte Französische Republik SA Mathis 03 Dritte Französische Republik Lams DNA Mathis M
Italien 1861 Fiat 04 Italien 1861 Felice Nazzaro Fiat 804 Fiat Type 404 2.0L I6 P
11 Italien 1861 Pietro Bordino
17 Italien 1861 Biagio Nazzaro
Dritte Französische Republik Usines Bugatti 05 Dritte Französische Republik Ernest Friederich Bugatti T29/30 Bugatti 2.0L I8
12 Spanien 1875 Pierre de Vizcaya
18 Dritte Französische Republik Jacques Mones-Maury
22 Dritte Französische Republik Pierre Marco
Dritte Französische Republik SA des Établissements Rolland-Pilain 06 Dritte Französische Republik Albert Guyot Rolland-Pilain A22 Rolland-Pilain 2.0L I8
13 Dritte Französische Republik Victor Hémery
19 Dritte Französische Republik Louis Wagner
Dritte Französische Republik Établissements Ballot 07 Dritte Französische Republik Jules Goux Ballot 2-Litre S Ballot 2.0L I4
14 Italien 1861 Giulio Foresti
20 Italien 1861 Giulio Masetti
Vereinigtes Konigreich Aston Martin Cars 08 Vereinigtes Konigreich Clive Gallop Aston Martin GP Aston Martin 1.5L I4
15 Vereinigtes Konigreich Louis Zborowski
Vereinigtes Konigreich Sunbeam-Talbot-Darracq Motors 09 Dritte Französische Republik Jean Chassagne Sunbeam GP Sunbeam 2.0L I4
16 Vereinigtes Konigreich Kenelm Lee Guinness
22 Vereinigtes Konigreich Henry Segrave

Die Startpositionen wurden in der Reihenfolge der Startnummern besetzt. Der Start erfolgte fliegend.

- Italien 1861 F. Nazzaro
Dritte Französische Republik Friderich Dritte Französische Republik Guyot
Dritte Französische Republik Goux Vereinigtes Konigreich Gallop
Dritte Französische Republik Chassagne Italien 1861 Bordino
Spanien 1875 de Vizcaya Dritte Französische Republik Hémery
Italien 1861 Foresti Vereinigtes Konigreich Zborowski
Vereinigtes Konigreich Lee Guinness Dritte Französische Republik Nazarro
Dritte Französische Republik Mones-Maury Dritte Französische Republik Wagner
Italien 1861 Masetti Vereinigtes Konigreich Segrave
Dritte Französische Republik Marco
Pos. Fahrer Konstrukteur Runden Stopps Zeit Start Schnellste Runde Ausfallgrund
01 Italien 1861 Felice Nazzaro Italien 1861 Fiat 60 6:17:17,000 1 5:43,000
02 Spanien 1875 Pierre de Vizcaya Dritte Französische Republik Bugatti 60 57:42,800 8
03 Dritte Französische Republik Pierre Marco Dritte Französische Republik Bugatti 60 1:30:47,200 18
Italien 1861 Pietro Bordino Italien 1861 Fiat 58 DNF 7 Unfall nach Bruch der Hinterachse
Dritte Französische Republik Jacques Mones-Maury Dritte Französische Republik Bugatti 57 NC 14
Italien 1861 Biagio Nazzaro Italien 1861 Fiat 51 DNF 13 tödlicher Unfall nach Bruch der Hinterachse
Italien 1861 Giulio Foresti Dritte Französische Republik Ballot 44 DNF 10 Motorschaden
Dritte Französische Republik Jules Goux Dritte Französische Republik Ballot 31 DNF 4 Unfall
Vereinigtes Konigreich Clive Gallop Vereinigtes Konigreich Aston Martin 30 DNF 5 Motorschaden
Vereinigtes Konigreich Henry Segrave Vereinigtes Konigreich Sunbeam 29 DNF 17 Motorschaden
Vereinigtes Konigreich Louis Zborowski Vereinigtes Konigreich Aston Martin 19 DNF 11 Motorschaden
Italien 1861 Giulio Masetti Dritte Französische Republik Ballot 15 DNF 16 Motorschaden
Dritte Französische Republik Ernest Friederich Dritte Französische Republik Bugatti 14 DNF 2 Motorschaden
Dritte Französische Republik Victor Hémery Dritte Französische Republik Rolland-Pilain 12 DNF 9 Zylinder überhitzt
Vereinigtes Konigreich Kenelm Lee Guinness Vereinigtes Konigreich Sunbeam 5 DNF 12 Motorschaden
Dritte Französische Republik Jean Chassagne Vereinigtes Konigreich Sunbeam 5 DNF 6 Motorschaden
Dritte Französische Republik Albert Guyot Dritte Französische Republik Rolland-Pilain 2 DNF 3 Motorschaden
Dritte Französische Republik Louis Wagner Dritte Französische Republik Rolland-Pilain 2 DNF 15 Motorschaden
Commons: Großer Preis von Frankreich 1922 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  1. Das erste als Grand Prix de l’ACF organisierte Rennen fand 1906 statt. In den 1920er Jahren wurden jedoch rückwirkend auch den "großen" Stadt-zu-Stadt-Rennen der Anfangsjahre zwischen 1895 und 1903 dieser Titel verliehen, obwohl das Gründungsdatum des ACF sogar erst nach dem Rennen Paris-Bordeaux-Paris 1895 liegt. Durch diese Zählweise wurde die Veranstaltung von 1906 nachträglich zum offiziell neunten Grand Prix de l’A.C.F ernannt. Diese Nummerierung wurde auch nach der 1968er Umbenennung des Grand Prix de l'ACF zum Grand Prix de France durchgängig weiter fortgeführt.