Glagolitische Allee
Die Glagolitische Allee (kroatisch Aleja glagoljaša) im Nordwesten Kroatiens (Istrien) führt über sechs Kilometer von Roč nach Hum. Entlang der Strecke erinnern Denkmäler an elf wichtige Stationen in der historischen Entwicklung der ältesten slawischen Schrift Glagoliza.
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das Projekt wurde 1976 auf Initiative der istrischen Kulturveranstaltung Čakavski sabor nach dem Konzept der Schriftsteller Zvane Črnja (1920–1991) und Josip Bratulić (* 1939) realisiert. Die Steinskulpturen der Stationen wurden zwischen den Jahren 1977 und 1983 vom Bildhauer Želimir Janeš (1916–1996) geschaffen.
Stationen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Säule der Čakavischen Volksversammlung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Säule der Čakavischen Volksversammlung (Stup Čakavskog sabora) ist eine zwei Meter hohe Steinsäule in Form des glagolitischen Buchstabens „S“. Dieser wird altslawisch „Slovo“ genannt und steht für Vernunft und Verstand. Auf ihr finden sich die Namen der Städte "ROC" und "HUM" und die Worte ALEIA GLAGOL AŠA. Auf der davor aufgestellten Metalltafel findet sich der folgende Text:
STUP ČAKAVSKOG SABORA
OBLIKOVAN KAO GLAGOLIJSKO ›S‹
‚SLOVO‘-ŠTO ZNAČI
RAZUM, UM, RAZLOG, POČELO.
Tisch des Kyrill und Method
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der Tisch des Kyrill und Method (Stol Ćirila i Metoda) ist ein runder dreibeiniger Tisch, in den in lateinischer, kyrillischer, und glagolitischer Schrift die Worte STOL KIRILA I METODIJA eingemeißelt ist. Neben dem Tisch wurden zwei Zypressen eingepflanzt, die die zwei Heiligen Brüder Kyrill und Method von Saloniki symbolisieren. Seit dem Jahr 2006 steht nur noch einer dieser Bäume. Auf der davor aufgestellten Metalltafel findet sich der Text
STOL ĆIRILA I METODIJA
BAŠTINA ĆIRILA I METODIJA
PISMO, JEZIK, KNJIŽEVNOST
BILI SU DUHOVNA
HRANA SVIH SLAVENA.
Sitz des Kliment von Ohrid
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Als Sitz des Kliment von Ohrid (Katedra klimenta ohridskog) wurde ein Katheder mit acht als Sitzen fungierenden Steinblöcken, im Kreis angeordnet, symbolisieren die erste slawische Schule. Sie wurde von Kliment, Schüler der Heiligen Brüder, in Ohrid gründet. Die Skulptur steht unter einer Eiche, die etwa 2013 durch eine Neupflanzung ersetzt wurde. Auf der Stirn der Sitzfläche findet sich eine Inschrift mit glagolitischen Buchstaben. Auf einem erklärenden Stein steht der Text
SIJELO KLIMENTA OHRIDSKOGA
SIJELO, KATEDRA.
KAO SREDIŠTE PRVOGA
SLAVENSKOG SVEUČILIŠTA.
Glagolitisches Lapidarium
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Im Dorf Brnobići wurde neben der Kirche das sogenannte Glagolitische Lapidarium (Glagoljski Lapidarij) eingerichtet. An der Mauer, die den Platz umgibt, wurden Kopien bedeutender glagolitischer Denkmäler angebracht: eine Rekonstruktion der Tafel von Baška, die Tafel von Plomin, die Tafel von Valun, die Inschrift von Krk und weitere.
Schlucht der kroatischen Luzidar
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In der Schlucht der kroatischen Luzidar (Klanac hrvatskog Lucidara) am Fuße des Dorfs Brnobići steht eine Mauer in Form eines Bergs. Sie symbolisiert den Berg Učka. Auf dem Gipfel des Bergs stellt ein geformter Stein eine Wolke über seinem Gipfel dar. Dieses Denkmal ist der kroatischen Luzidar gewidmet, einer mittelalterlichen Enzyklopädie, die die glagolitischen Priester verwendet haben. In der steinernen Wolke steht geschrieben: ZOVET SE ISTRIJA – OLINFOS – JE UČKA – IDE POD OBLAKI (übersetzt „Hier gibt es ein Land mit dem Namen Istrien. Und in diesem Land gibt es ein Gebirge, im Lateinischen heißt es Olinfos, und hier heißt es Učka. Und seine Spitze berührt die Wolken.“) Ein am Denkmal beiliegender Stein enthält die Inschrift
KLANAC HRVATSKOG LUCIDARA
LUCIDAR JE
SREDNJOV JEKOVNA
ENCIKLOPEDIJA
HRVATSKI LUCIDAR
PRIREDEN JE U ISTRI
Aussichtspunkt des Gregor von Nin
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Am Aussichtspunkt des Gregor von Nin (Vidikovac Grgura Ninskog) ist in einen Steinblock in Form eines Buches, dass Alphabet in lateinischer, kyrillischer und glagolitischer Schrift eingemeißelt. Er erinnert an den kroatischen Bischof Gregor von Nin, der während der kroatischen nationalen Dynastie im 10. Jahrhundert für das Recht seiner nationalen Kirche kämpfte. Im 19. Jahrhundert wurde Gregor zum Symbol des Widerstandes gegen die Einmischung aus Wien und Rom. Auf einer davor eingelassenen Metallplatte findet sich die Aufschrift
VIDIKOVAC GRGURA NINSKOGA
PISMA GLAGOLJICA CIRILICA I LATINICA
OTKRIVALA SU I ŠIRILA OBZORE
KULTURE I CIVILIZACIJE
Aufstieg des Istrischen Gesetzbuches
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Aufstieg des Istrischen Gesetzbuches (Uspon istarskog razvoda) wird durch ein Steintor in Form des glagolitischen Buchstabens „L“ dargestellt, mit dem ein leicht ansteigender Pfad beginnt. Ihm entlang bilden Steinskulpturen das Wort ISTARSKI RAZVOD, das Istrische Gesetzbuch aus dem Jahr 1275 Die Buchstaben sind bodenständigen Gegenständen nachempfunden, wie z. B. einem Korb, einem Backofen oder einer kleinen Kirche. Der Weg endet bei einem runden Tisch, auf dem ein Mühle-Spielfeld eingemeißelt ist.
Mauer der kroatischen Protestanten und Häretiker
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Mauer der kroatischen Protestanten und Häretiker (Zid hrvatskih protestanata i heretika) ist eine landestypische Trockenmauer. Als Vertiefung ist der glagolitische Buchstabe „S“ in Form einer Sanduhr eingelassen, auf der die Namen kroatischer Protestanten und Häretiker eingemeißelt sind. Auf Platten an der Mauer stehen Auszüge protestantischer Bücher.
Rast des Žakan Juri
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Bei dem Denkmal Rast des Žakan Juri (Odmorište Žakna Jurja) steht in der Mitte ein großer Steinblock, der ein Buch symbolisiert. Darauf steht eingemeißelt:
„Vita, vita. Štampa naša gori gre. Tako ja oču da naša gori gre, 1482. miseca ijuna 26. dni to be pisano v grade Izule. To pisa Juri Žakan iz Roča. Bog mu pomagai i vsem ki mu dobro ote“
Dies ist eine Anmerkung des Žakan Juri aus Roč, in der er das Erscheinen des ersten gedruckten kroatischen Buches ankündigt. Es war ein Messbuch aus dem Jahr 1483. Um den Steinblock herum bilden sieben Steinbuchstaben den Namen Žakan Juri.
Denkmal für Widerstand und Freiheit
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Vor dem Eingang der Stadt Hum steht das Denkmal für Widerstand und Freiheit (Spomenik otporu i slobodi), eine Skulptur aus drei aufeinandergesetzten Steinwürfeln, die die drei historischen Epochen Altertum, Mittelalter und Neuzeit symbolisieren. Jeder Würfel ist in der für ihn passenden Schrift versehen: Lateinisch für das Altertum, Glagolitisch für das Mittelalter, die Neuzeit wird durch ein Lied der istrischen nationalen Wiedergeburt symbolisiert. Alle drei Würfel zusammen stehen für den jahrhundertealten Widerstand gegen Gewalt und Zerstörung, und den Wunsch nach Frieden und Freiheit.
Stadttor von Hum
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das Stadttor von Hum (Humska vrata) ist ein zweiflügeliges mit Kupfer beschlagenes Tor. Es ist mit zwölf Medaillons geschmückt, die jeweils einen Monat im Leben in Haus und Hof darstellen. An den zwei Türklopfern sind glagolitische Inschriften angebracht, die Besucher in der Stadt willkommen heißen, aber auch jedem drohen, der mit schlechten Absichten eintreten will. Die Türgriffe bilden zwei Ochsenhörner, die Symbol des Alltags der Bauern der Region sind.
Weitere glagolitische Projekte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Auf der kroatischen Insel Krk gibt es in Baška mit dem Glagolitischen Pfad ein vergleichbares Projekt. Der Pfad besteht aus Steindenkmälern, die an verschiedenen Stellen von Baška und Umgebung anzutreffen sind.
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Josip Bratulić: Aleja glagoljaša : Roč–Hum. Znamen, Zagreb 1994, ISBN 978-953-6008-03-2.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Stanko Cecelja: Die glagolitische Allee – Ein besonderes kulturelles Kleinod und begehbares Denkmal in Kroatien. Abgerufen am 3. Dezember 2017.
- Internetpräsenz der Gemeinde Hum: Aleja glagoljaša. Abgerufen am 3. Dezember 2017 (kroatisch).
Koordinaten: 45° 23′ 30″ N, 14° 2′ 41″ O